Interview | Viadrina-Klimaökonom zur Klimakonferenz
"Globale Probleme wie den Klimawandel können nur globale Institutionen der UN lösen"
Nach der Weltklimakonferenz zeigen sich viele Klimaschützer von den Ergebnissen ernüchtert. Eine weniger pessimistische Haltung vertritt Reimund Schwarze von der Viadrina. Er verweist auf die Erfolge, sieht aber weiterhin große Aufgaben für die Weltgemeinschaft.
Vor wenigen Tagen ist in Ägypten die Klimakonferenz der UN zu Ende gegangen. Die rund 200 Staaten haben sich in ihrer Abschlusserklärung unter anderem auf einen Fond zum Ausgleich von Klimaschäden in ärmeren Ländern und weniger Verbrennen von Kohle geeinigt. Ein Abschied von Öl und Gas wird nicht erwähnt. Als Beobachter mit vor Ort war Reimund Schwarze, Klimaökonom vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung und Professor an der Europauniversität Viadrina in Frankfurt (Oder). rbb|24 hat mit ihm über den Konferenz gesprochen.
rbb|24:Herr Schwarze, die Ergebnisse der Weltklimakonferenz wurden von der Bundesregierung, der EU und den Vereinten Nationen als enttäuschend und teilweise als nicht ausreichend bewertet. Wie beurteilen Sie die Ergebnisse?
Reimund Schwarze: Aus deutscher und europäischer Sicht gab es sicher große Enttäuschungen. In vielen Entwicklungsländern - besonders die von Klimaschäden und Verlusten betroffenen Länder wie Pakistan oder Bangladesch - wird das Ergebnis allerdings gefeiert. Insoweit ist es ein ausgewogenes Ergebnis für die Welt.
Die UN-Klimakonferenz brachte keine konkreten Ergebnisse zur Eindämmung der Klimakrise, aber doch eine Absichtserklärung für Entschädigungszahlungen. Was hat das alles mit Berlin und Brandenburg zu tun? Eine ganze Menge, sagt Torsten Mandalka.
Dennoch wird kritisiert, dass in vielen Bereichen keine Einigung unter den Akteuren erzielt werden konnte. Ist das Format der Weltklimakonferenz noch zeitgemäß oder müssten klimapolitische Entscheidung in kleineren Konstellationen getroffen werden?
Globale Probleme wie den Klimawandel können nur globale Institutionen der UN lösen. Dazu gibt es keine Alternative. Sie geben uns eine Orientierung. Das Paris-Abkommen hat im hohen Umfang auch die Proteste der Fridays for Future oder auch anderer motiviert, so zu handeln wie sie heute handeln.
Gehen Sie davon aus, dass diese Gruppen mit den Ergebnissen aus Ägypten zufrieden sind?
Ich glaube, dass Fridays for Future - die eigentlich eine globale und keine europäische oder deutsche Bewegung sind - in der gleichen Ausgewogenheit wie jetzt die Weltgemeinschaft entscheiden wird, dass die Ergebnisse jedenfalls in einem wichtigen Teil einen großen Fortschritt für die Klimapolitik der Welt darstellen. Nämlich in der Frage, wie man gerecht mit dem Strukturwandel und den leider unvermeidlich gewordenen Klimaschäden und Verlusten umgeht. Ich möchte sagen, in gewisser Weise war dieses eine historische Zäsur, eine Weggabelung für das, was in Zukunft kommen wird.
Kleine Wälder als Klimaanlage in Städten - das ist die Idee von Tiny Forests. Ein Verein aus Eberswalde verwandelt innerstädtische Brachen damit in kleine Oasen. Dazu reichen oft auch kleinere Flächen. Von Andreas Jacob
Beschlossen wurde ein Fonds für klimabedingte Schäden, der vor allem ärmere Länder unterstützen soll. Ist dieser ausreichend, um die Kosten des Klimawandels gerecht zu verteilen?
Was passieren muss, ist sich sorgfältig mit der Materie auseinanderzusetzen und auf die Wissenschaft zu hören. Und es gibt eine Wissenschaft für Verluste und Schäden - zu sehen zum Beispiel in den Weltklimarats-Berichten der letzten Jahre. Ansonsten geht es natürlich um Geld - letzten Endes Geld geben. Wir wissen aber auch, dass in der allgemeinen Klimafinanzierung - also für Klimaschutz und Klimaanpassung - immer das Problem besteht, dass es zu wenig Geld gibt. Dafür gibt es keine einfachen Lösungen, und die Wissenschaft kann da auch nicht helfen. Aber ich befürchte, wir kriegen einen Fond, der zunächst nicht das erfüllt, was viele in den Entwicklungsländer sich davon versprechen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um eine gekürzte und redigierte Fassung. Das Interview führte Martin Krauß für Antenne Brandenburg.