Gutachten soll schlichten
Für den Solarpark Hohensaaten sollen hunderte Hektar Wald gerodet werden. Laut Investor ist der minderwertig, Anwohner und eine Bürgerinitiative wollen den Bestand schützen. Jetzt sollen mehrere Gutachten über das Vorhaben entscheiden.
Über den Ausbau erneuerbarer Energien möchte Deutschland seine Klimaziele erreichen. Doch muss zum Beispiel grüner Strom irgendwo produziert werden. Dafür braucht es Platz. In Hohensaaten bei Bad Freienwalde (Märkisch-Oderland) streiten schon seit rund einem Jahr Anwohner und ein Investor - die Firma Lindhorst aus Niedersachen - um einen Wald. Für den bislang größten Solarpark in Deutschland und ein Industriegebiet sollen rund 370 Hektar Wald gefällt werden. Das entspricht in etwa der Fläche von Tesla in Grünheide (Oder-Spree). Doch der Protest um das Projekt nimmt nicht ab.
Bereits im Mai dieses Jahres, als die Pläne bekannt wurden, bildete sich eine Bürgerinitiative, die den Wald schützen möchte. Einen Wald für einen Solarpark zu opfern, ist für die Protestler unverantwortlich. Deshalb wettern sie auch aktuell etwa mit Bannern an Gartenzäunen gegen das Projekt. Martin Gemeinholzer von "Pro Wald Hohensaaten" sagte dem rbb am Dienstag: "Vor zwei Wochen ist der Waldzustandsbericht für 2022 rausgekommen, wo auch Umwelt- und Waldminister Axel Vogel ganz klar gesagt hat, dass das so nicht weitergeht. Wir müssen den Wald besser schützen und am besten auch noch mehr Waldflächen in Brandenburg haben." Laut Bericht sind nur noch acht Prozent der Flächen im brandenburgischen Wald gesund. "Und hier sind diese gesunden Bäume", so Gemeinholzer weiter.
Der Investor sieht das anders. Für ihn sei der Wald eine Kiefern-Monokultur. Außerdem wurde auf der Fläche im zweiten Weltkrieg Sprengstoff hergestellt und diente später als Tanklager. Auf eine rbb-Anfrage zur aktuellen Situation hat Lindhorst bisher nicht reagiert. Doch noch im Juni sagte er dazu: "Es sind belastete Flächen, die es zu renaturieren gilt und das wollen wir mit dem Geld machen, welches wir auf lange Zeit mit den Photovoltaik-Projekten verdienen. Aber dann machen wir diese Umwelt so sauber und so ordentlich, wie sich das für uns auch gehört."
Schon seit Jahren ist der Wald umzäunt. Dadurch wurde er zum Lebensraum für seltene Tiere, so die Bürgerinitiative. Ob der Wald an sich erhaltenswert ist, darüber sind sich auch Experten nicht einig. "Es gibt Teile, wo sich das anbietet", sagt Thomas Pietschmannn von Oberförsterei Strausberg. "Dort, wo ohnehin eine starke Versieglung stattgefunden hat, wo Gebäudeflächen sind, die zurückgebaut werden könnten. Und auf den Flächen könnte ich mir Solaranlagen natürlich vorstellen." Aber 250 Hektar für einen Solarpark findet auch der Oberförster zu viel.
Um die Anwohner von seinem Projekt zu überzeugen, hat Investor Jürgen Lindhorst einige Annährungsversuche gestartet. Im Sommer stellte er sein Projekt vor und bot später Führungen über das Gelände an. Daran hat auch die Bürgerinitiative teilgenommen, sagt Bijan Fatemi von Pro Wald Hohensaaten. "Es war halt die Absicht zu zeigen, wie schlecht doch der Zustand ist. Hier Ruinen und da irgendwelche Metallreste." Darum, die Qualität des Waldes zu zeigen, sei es aber nicht gegangen.
Um den Zustand des Waldes zu beurteilen, lässt Investor Lindhorst aktuell mehrere Gutachten erstellen. Auf dessen Grundlage könnte es sein, dass der Solarpark verschoben und verkleinert werden muss. Egal wie die Anlage am Ende aussehen wird, sei Lindhorst sich sicher, dass das Projekt von Vorteil für die Region sein wird. "Wer will denn bitte 30 Cent oder 35 Cent für den Strom bezahlen?", fragte er noch im Sommer. "Wollen die Leute von Pro Wald denn weiterhin Atomkraftwerke? Ok, dann müssen sie das sagen."
Der Entwurf für den Bebauungsplan soll im Mai 2023 vorliegen. Dann dürfen auch die Anwohner ihre Einwände vorbringen, bevor die Stadtverordneten von Bad Freienwalde endgültig entscheiden, ob der Solarpark gebaut werden soll.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 21.12.2022, 19:30 Uhr
Mit Material von Philipp Gerstner
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