Das Ehrenamt im Wandel
Vielen Einrichtungen fehlt - trotz hoher Bereitschaft - ehrenamtliche Unterstüzung. Insbesondere in Tier- und Seniorenheimen sind junge Engagierten Mangelware. Der Blick in die Zukunft sei für viele ungewiss. Von Franziska Eberlein.
Etwa ein Drittel aller über 14-jährigen Brandenburger:innen - und damit mehr als 800.000 Menschen - engagieren sich derzeit ehrenamtlich. Diese Zahlen gehen auf Angaben des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg zurück. Demnach ist die Gruppe der Engagierten seit 1999 um 35 Prozent gestiegen. Dennoch werben zahlreiche Einrichtungen immer wieder um mehr Helfer:innen.
Auch das Tierheim in Eisenhüttenstadt (Oder-Spree) würde sich mehr Freiwillige wünschen. "Jede helfende Hand wird dringend gebraucht", sagte Tierheim-Leiterin Jana Feister dem rbb. Die Leiterin sei von dem Rückzug der jungen Menschen besorgt, die sich noch engagieren.
"Ich denke, das ist einfach ein Wandel der Zeit", sagt Feister. "Früher war es ja auch so, dass jeder in einem Verein war. Heutzutage ist man halt viel am Computer." Das "Herzblut" der Rentner, die über Jahre viel für den Tierschutz getan hätten, würde vielen Jugendlichen fehlen, sagte Feister weiter.
Auch im Albert-Hirsch-Seniorenheim in Frankfurt (Oder) gebe es derzeit wenig junge Helfer:innen, sagte Leiterin Anja Ewald. In der Einrichtung sind 35 Personen ehrenamtlich engagiert - nur drei davon sind nicht in Rente.
"Natürlich haben wir Sorge", sagt Ewald. Viele der Ehrenamtlichen seien zum Teil schon seit über 15 Jahren in der Einrichtung tätig. "Wir wissen nicht, ob wir dieses Engagement wieder finden", so die Leiterin weiter.
Anja Ewald glaubt die Gründe sind unter anderem das zunehmend herausfordernde Berufsleben der jungen Generation sowie der fehlende Bezug für Jugendliche im Umgang mit Senioren. Es sei eine "Hemmschwelle" für viele, die den Kontakt mit der älteren Generation nicht von zu Hause kennen. Auch die vielfältigen Freizeitangebote und Interesse seien Faktoren.
Ewald fehle oftmals die Solidarität und fände es "wünschenswert, dass der Sozialgedanke wieder mehr in den Vordergrund gerückt wird".
Bei der Freiwilligen Feuerwehr in Frankfurt (Oder) habe man hingegen keine Sorge vor einem Mitgliederschwund, sagte der Vorsitzende des Stadtfeuerwehrverbandes, Wolfang Welenga. Derzeit seien zwei Drittel der Freiwilligen Feuerwehrmänner und -frauen im jüngeren Alter.
Gerade auch in den kleineren Ortsteilen würde das Engagement von jungen Menschen gut funktionieren, so Welenga weiter. Das sei insbesondere von Familienverhältnissen geprägt. Viele Jüngere, die in die Feuerwehr eintreten, hätten auch Eltern und Großeltern gehabt, die Mitglieder in der Feuerwehr waren. Die Nachkommen würden sich aufgrund dessen oftmals dafür interessieren und zudem eine Art Pflicht verspüren, erklärte Welenga. "In den kleinen Orten ist das Gemeinschaftsgefühl mehr da", sagte der Feuerwehrmann weiter. Doch in der Stadt sei das anders. Zwar gebe es auch dort viele Jugendliche in der Wehr, "aber da bleiben eben wenig von, weil sie dann andere Interessen haben."
Ein Desinteresse sei auch bei zugezogenen Bürger:innen spürenbar, sagte der Vorsitzende: "Die ranzukriegen, an so eine Arbeit bei der Feuerwehr, ist nicht einfach." Doch mit moderner Technik, einer guten Ausrüstung und vernünftigen Feuerwehrhäusern könne man weiterhin begeistern.
Deshalb wünsche sich Welenga auch noch mehr Unterstützung des Landes. Denn viele der Jugendlichen würden spätestens mit dem Einstieg ins Berufsleben oder der Familienplanung die Feuerwehr wieder verlassen.
Die langfristige Bindung an ein ehrenamtlichs Engagement soll für viele das Problem sein, berichtete auch Leiterin des Freiwilligenzentrums Frankfurt (Oder), Solveig Kauczynski. "Wir haben viele Menschen, die sich engagieren wollen, und auch viele, die sich wirklich stark engagieren", sagt sie. Doch die Anzahl derjenigen, die ihr Engagement auf einen Zeitraum begrenzen und sich nicht langfristig binden wollen, würde zunehmen. "Das ist ein Wandel", so die Leiterin weiter.
In vielen Bereichen wäre eine Unregelmäßigkeit im Ehrenamt konterproduktiv, sagte Kauczynski und fügte hinzu: "Da kann nicht jeden Tag ein anderer kommen." Deshalb sehe auch sie die Zukunft der Freiwilligenarbeit ungewiss.
Aber auch wenn es gerade im Bereich des sozialen Ehrenamts wenig Nachwuchs gibt, sei Kauczynski optimistisch, dass junge Menschen im Land tätig werden wollen. "Die engagieren sich dann vielleicht eher für Fridays for Future, was auch eine positive Entwicklung ist", so die Leiterin.
Auch in diesem Jahr hofft das Land Brandenburg mit dem Wettbewerb "Zukunft Ehrenamt" innovative Ideen und Projekte auszuzeichnen, die das freiwillige Engagement von Menschen sowie das Vereinsleben nachhaltig sichern, verbessern und ausweiten. Bis zum 21. April können Projektvorschläge online eingereicht werden.
Sendung: Antenne Brandenburg, 03.03.23, 15:40 Uhr
Beitrag von Von Franziska Eberlein
Artikel im mobilen Angebot lesen