Märkisch-Oderland
In Hoppegarten bei Berlin könnte bald ein neues Rechenzentrum entstehen. Neben Steuereinnahmen könnte die Gemeinde auch von der Abwärme der Rechner profitieren – der Investor plant, diese in das Fernwärmenetz einzuspeisen.
Ein Investor will auf einem 10.000 Quadratmeter großen Gelände in Hoppegarten (Märkisch-Oderland) ein neues Rechenzentrum bauen. Das bestätigte de Gemeindeverwaltung am Donnerstag gegenüber dem rbb. Das Rechenzentrum könnte in drei bis vier Jahren fertig sein, heißt es aus der Gemeindeverwaltung.
Aktuell werden deutschlandweit viele Rechenzentren geplant oder gebaut, da mehr Rechenleistung gebraucht wird. Die meisten entstehen im Rhein-Main-Gebiet, doch immer mehr auch in Berlin und im Berliner Speckgürtel. So plant beispielsweise Google ein eigenes Rechenzentrum am Flughafen BER. Im vergangenen Jahr wurde ein Rechenzentrum in Cottbus fertiggestellt.
Für den Bau des Rechenzentrums auf dem ehemaligen LPG-Gelände in Hoppegarten müssten eine Kfz-Werkstatt und andere Kleinunternehmen weichen. Der Investor wolle die alten Hallen abreißen und ein Rechenzentrum dort bauen. Die Gemeinde sei schon dabei, die rechtlichen Bedingungen zu schaffen. Laut Hoppegartens Bürgermeister Sven Siebert (parteilos) wird die Fläche auch nachhaltig verwendet: "Zielsetzung dieser Inbetriebnahme ist auch, dass 50 Prozent der Gesamtfläche dort renaturiert werden", sagte Siebert dem rbb.
Das Rechenzentrum selbst soll auf eine andere Weise nachhaltiger werden: Gemeinde und Investor planen die im Rechenzentrum entstehende Wärme etwa für Fernwärme-Heizungen wiederzuverwenden. "Technisch läuft das so, dass die Rechenzentren sowieso diese Wärme sammeln und aus dem Rechenzentrum abführen müssen. Das machen sie halt mit Klimaanlagen in den Rechenzentren", erklärt Ralph Hintemann vom Borderstep Institut für Innovation und Nachhaltigkeit. Diese Abwärme könne theoretisch an ein Fernwärmenetz übergeben werden, so Hintemann.
Fernwärme aus Industrie-Abwärme soll ein wichtiger Teil der Heizungswende in Deutschland werden, so Hintemman. Allerdings funktioniere das Ganze bisher oft nur mit Zuschüssen. Bei einem Rechenzentrum sei etwa das Problem, dass dessen Abwärme Wasser nur auf 30 Grad erwärmen kann. Fernwärmenetze bräuchten aber 90 Grad. Deswegen müsse eine Wärmepumpe das Wasser zusätzlich erhitzen. Bessere technische Lösungen, etwa bei den Netzen, sollen das Ganze in Zukunft wirtschaftlicher machen.
Noch sei nicht entschieden, ob die Abwärme im Gemeindeteil Waldesruh, wo das Gelände liegt, oder im angrenzenden Gewerbegebiet in Dahlwitz für dort ansässige Unternehmen nutzbar gemacht werden könnte, sagte Bürgermeister Siebert, der sich auch auf mehr Steuereinnahmen nach Fertigstellung des Projekts freut.
Aktuell stellt Hoppegarten einen neuen Bebauungsplan für das Gelände auf. Dabei muss es sich noch mit dem regionalen Wasserverband (WSE) einigen. Der will nämlich wegen angeblich fehlenden Wassers keinen neuen Bebauungsplänen mehr zustimmen. Deswegen gebe es noch "kein Go des WSE" für das geplante Rechenzentrum, sagt Hoppegartens Bürgermeister.
Und nicht alle sind glücklich über die Pläne: "Mein Chef sucht schon nach Ausweichmöglichkeiten, aber bisher gab es nur Gelände, die nicht bezahlbar sind", sagt Alexander Nguyen, der in der Kfz-Werkstatt auf dem Gelände arbeitet. "Wir ziehen irgendwo raus in Richtung Polen. Aber hier in näherer Umgebung ist nicht mehr möglich", so Nguyen. Immerhin müssten er und seine Kollegen nicht sofort umziehen – zunächst müsste der WSE den Plänen zustimmen.
Sendung: Antenne Brandenburg, 25.05.2023, 16:40 Uhr
Mit Material von Philip Barnstorf
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