Uckermark
Seit vergangenem Jahr gibt es keine Apotheke mehr im brandenburgischen Boitzenburg - mindestens eine halbe Stunde müssen die Bewohner fahren, um an ihre Medikamente zu gelangen. Ein neues Projekt mit Studenten aus der Region soll dagegen helfen.
Studenten aus Eberswalde (Barnim) und Potsdam sind am Freitag in Boitzenburg (Uckermark) eingeladen, um mit Menschen vor Ort in einem Planspiel die Apotheke der Zukunft zu entwickeln. Über zwei Tage entwerfen sie zusammen mit Wissenschafltern aus Cottbus Konzepte, um die Daseinsvorsorge in der Gemeinde Boitzenburger Land sicherzustellen.
Es gehe vor allem darum, zu überlegen, wie die Medikamentenversorgung in einer dünn besiedelten Region sichergestellt werden kann. "Wir hoffen auf die jungen Leute und ganz neue Ideen. Ideen, auf die bisher noch niemand gekommen ist", sagte die stellvertretende Bürgermeisterin, Miriam Priegnitz, dem rbb.
Denn die Gemeinde Boitzenburger Land fühlt sich abgehängt - 25 Kilometer sind es vom Ort Boitzenburg zu den nächsten Apotheken in Templin und Prenzlau. Seit August vergangenen Jahres gibt es in der Gemeinde keine Apotheken-Filiale mehr.
Als Alternative gibt es derzeit eine Rezept-Einwurf-Box, wodurch Kunden ihre Medikamente am Folgetag ausgeliefert bekommen. Das Boitzenburger Land gehört zu den hundert flächengrößten Gemeinden Deutschlands und hat derzeit etwa 3.110 Einwohner.
"Man hat so ein bisschen das Gefühl, dass man auf der Resterampe ist. Der Letzte macht das Licht aus. Und wenn hier alles dichtmacht, dann bekomme ich auch keine jungen Leute mehr her“, sagte Priegnitz. Gerade deshalb setze die Gemeinde nun auf neue Ideen.
Um den 20 Studierenden einen Eindruck der Gemeinde zu geben, habe Priegnitz sie durch die Stadt geführt. Vom offenen Supermarkt ging es weiter zur Sparkasse, die im Oktober schliessen soll und anschließend zur Apotheke, die schon geschlossen ist.
Die Potsdamer Studentin Hannah Müller sei im Anschluss des Rundgangs positiv von Boitzenburg überrascht gewesen. Es sei viel von dem Engagement der Gemeinde erzählt worden. Zudem sei Boitzenburg "sehr hübsch, aber man sieht ja auch an jeder Ecke, dass es Investitionsbedarf gibt“, sagte Müller, die Politik und Verwaltung studiert.
Welche Herausforderungen Apotheken im ländlichen Raum haben, sollen die Studierenden von Apothekenbetreiber Michael Kranz erfahren. Kranz betreibt in Prenzlau eine Apotheke - in Boitzenburg hat er die Rezept-Einwurf-Box installiert.
"Es geht darum, dass man ungefähr vier bis fünftausend Kunden braucht, damit sich eine Apotheke rechnet“, so der Apotheker. Regionen wie Boitzenburg mit dreitausend Einwohnern hätten es deshalb schwer.
Eine von mehreren Ideen sei eine Genossenschaftsapotheke, erklärte Student Levin Heimer. "Der Gedankengang dahinter ist, dass Apotheker:innen aus der Umgebung sich zusammen tun mit kommunaler Unterstützung, damit der Service vor Ort da bleibt, aber nicht ein Apotheker oder Apothekerin alles alleine tragen muss“, so Heimer.
Diese und andere Ideen werden nun weiter ausgearbeitet, um zu schauen, was tatsächlich umsetzbar ist. Anfang Juni wollen die Studenten ihre Ideen in Angermünde (Uckermark) vorstellen.
Sendung: Antenne Brandenburg, 26.05.23, 16:42
Mit Material von Robert Schwaß
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