Weltflüchtlingstag
Sie fliehen vor Krieg, Verfolgung oder den Auswirkungen des Klimawandels. Weltweit wird ihre Zahl der Geflüchteten auf 110 Millionen Menschen geschätzt. 2022 kamen allein zwei Millionen Menschen nach Europa. Frankfurt setzt auf Willkommenskultur.
Weltweit ist die Zahl der Vertriebenen und Flüchtlinge auf einen Rekord gestiegen. Aktuell sind rund 110 Millionen Menschen auf der Flucht, Zweidrittel davon in ihren Heimatländern, wie das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR zuletzt in Genf berichtete. Die Organisation verlangt mehr Anstrengungen, um Fluchtursachen zu bekämpfen und Flüchtenden beizustehen. Im Juni 2022 waren rund 100 Millionen Menschen auf der Flucht gewesen.
Allerdings deuten die Zeichen in Europa am 20. Juni, dem Weltflüchtlingstag, auf einen Wechsel in der Art und Weise, wie Geflüchtete hier aufgenommen werden. Nach einem kürzlichen EU-Beschluss ist unter anderem ein härterer Umgang mit Migranten ohne Bleibeperspektive vorgesehen. So sollen Menschen aus als sicher geltenden Ländern künftig nach dem Grenzübertritt unter haftähnlichen Bedingungen in streng kontrollierte Einrichtungen kommen - auch Familien mit kleinen Kindern. Dort soll dann innerhalb von zwölf Wochen geprüft werden, ob die Antragsteller Chancen auf Asyl haben. Wenn nicht, sollen sie umgehend zurückgeschickt werden.
Trotz vieler Fragen, wie man die vielen Menschen unterbringen oder sie integrieren kann, setzt die Stadt Frankfurt (Oder) langfristig auf eine integrative Willkommenskultur. "Wir sehen bundesweit und vor allen Dingen in Ostdeutschland derzeit Spannungssituationen im Umgang mit zugezogenen Menschen, die uns Sorgen machen sollten. Unser Rat aus Frankfurt (Oder) ist, ganz klar: Einander kennenlernen, miteinander umgehen. Das ist die beste Möglichkeit, Ängsten und Sorgen zu begegnen", sagte Stadtsprecher Uwe Meier dem rbb.
Eine fremde Sprache, deutsche Bürokratie: Geflüchtete Menschen stehen vor vielen Herausforderungen. Das hat auch Mahmud Ali Chat, der 2015 aus Syrien nach Deutschland gekommen ist, so erlebt. "Ehrlich gesagt war es zu Beginn nicht einfach. Die Sprache zu lernen, war der erste Schritt", berichtete er.
Wie viele Menschen in die Oderstadt kommen, hängt unter anderem von dem bundesweiten Verteilschlüssel (Königsteiner Schlüssel) ab. Frankfurt nimmt laut Angaben der Stadt circa 2,2 Prozent der Asylsuchenden in Brandenburg auf. "Offiziell haben wir für dieses Jahr ein Aufnahme-Soll von 313 Personen. Zurzeit ist es so, dass uns circa 26 Personen im Monat von der Zentralen Ausländerbehörde zugewiesen bekommen", berichtete Emanuela Falenczyk. Sie ist die Integrationsbeauftragte der Stadt.
Das Kommunale Integrationszentrum ist für geflüchtete Menschen eine wichtige Anlaufstelle und begleitet sie in ein eigenständiges Leben. Sozialarbeiter klären aufenthaltsrechtliche Fragen und beraten zu Themen wie Wohnen, Gesundheit, Schule oder Kita. Leiterin Izabela Bliss sieht die Vorteile in der gebündelten Beratung zu vielen Themen an einem Ort. "Insgesamt hat das kommunale Integrationszentrum seit der Eröffnung im April 2019 über 13.000 Beratungsgespräche durchgeführt. Von 2019 bis Ende 2022 haben wir ein Arbeitsmarkt-Integrationsprojekt unter einem anderen Namen umgesetzt. Da haben wir 500 Leute zum Thema Arbeit und Ausbildung beraten", so Bliss.
So sind von 2018 bis 2022 nach Angaben der Stadt 57 Geflüchtete in Arbeit gebracht worden. Das Arbeitsmarkt-Integrationsprojekt ist für alle Zugewanderten unabhängig von Herkunftsland und Status geöffnet.
Trotz Willkommenskultur sehe Frankfurts Oberbürgermeister René Wilke (Linke) nach dem Flüchtlingsgipfel noch große Herausforderungen angesichts des Zuzugs von Geflüchteten. "Wenn man sehr, sehr schnell sehr, sehr viele Menschen in so einen Stadtraum hineinbringt, dann erfordert das ja Strukturen, die in der Lage sind, damit umzugehen", sagte der Linke-Politiker vor Kurzem. "Das haut ja nicht hin."
Er sehe Herausforderungen bei Kita- und Schulplätzen, der Wohnraumversorgung und der Integration. Die Systeme dürften nicht überfordert werden. Wilke wertete es aber positiv, dass es für Orte mit einer Erstaufnahme-Einrichtung wie Frankfurt eine Anrechnung bei der Zuweisung von Flüchtlingen gebe.
So will die Landesregierung die Kommunen angesichts der steigenden Zahl von Geflüchteten noch stärker entlasten - das kündigte sie nach dem Gipfel am Mittwoch an. 450 Geflüchtete pro Monat weniger sollen in die Kommunen kommen, indem sie länger in der Erstaufnahme bleiben. Ab 1. Juli sollen nur Menschen mit Bleibeperspektive dorthin verteilt werden.
Sendung: Antenne Brandenburg, 20.06.2023, 15:40 Uhr
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