Ein Jahr Wohnprojekt mit psychisch erkrankten Menschen in Reitwein
Seit einem Jahr gibt es im Oderbruch ein Pilotprojekt für Menschen mit psychischen Erkrankungen. Dort leben mittlerweile 18 Bewohner. Anfänglichen Sorgen der Nachbarn um ihre Sicherheit sind im gemeinsamen Alltag nach und nach verschwunden.
Es ist ein in Brandenburg einmaliges Projekt, welches vor einem Jahr in der kleinen Oderbruchgemeinde Reitwein (Märkisch-Oderland) gestartet wurde. Zum ersten Mal wurde eine Wohneinrichtung für Menschen mit psychischen Erkrankungen im ländlichen Bereich geschaffen. In der Gemeinschaft üben sie Tagesstrukturen und haben ständige Betreuung. Doch nicht alle Reitweiner waren am Anfang von dem Projekt überzeugt. Seit der Grundsteinlegung hat sich jedoch einiges getan.
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Routine mit Gartenarbeit und Tierbetreuung
Das helle, L-förmige Gebäude mit einem großen Garten fügt sich gut in den Hathenower Weg ein. Im Außenbereich schneiden einige Bewohner Äste und auch im Inneren herrscht reges Treiben. Es wird gekocht und im geschlossenen Bereich Karten gespielt. Insgesamt 18 Menschen mit psychischen Erkrankungen leben derzeit in der Einrichtung. Damit sind fast alle Plätze in dem zweistöckigen Bau besetzt.
Wer das Haus betritt, wird meist von Bordercolli Raja begrüßt. Der ausgebildete Therapiehund gehört Teamleiterin Annika Hoffmannn und ist fast jeden Tag dabei. "Der Hund beschäftigt sie, indem er mit ihnen spielt und Klienten mit ihm spazieren gehen." Auch habe Raja dem ein oder anderen Bewohner schon bei Krisen geholfen, so Hoffmann weiter. "Es gab wirklich schon Situationen, dass Klienten den Hund umarmt haben und gesagt haben: Danke, dass du da bist!" Neben Raja werden aktuell im Wohnprojekt auch Hühner gehalten. Im August sollen dann noch Schafe in den Garten ziehen.
"Im Großen und Ganzen hat sich dieses Wohnprojekt gut eingelebt"
Die Einrichtung, die von der Wichern Diakonie betrieben wird, ist nach einem Jahr den Kinderschuhen entwachsen und hat sich gut im Ort etabliert, sagt Reitweins Bürgermeister Detlef Schieberle. Er war von Anfang an von dem Projekt überzeugt. "Wir haben die ersten richtigen Erfolge zu verzeichnen. Wir haben den ersten Bewohner dieses Projekts, der jetzt als Gemeindearbeiter in Reitwein mitarbeitet und eine ganz tolle Arbeit leistet."
Zudem gebe es inzwischen viele weitere Projekt in Kooperation zwischen der Einrichtung und der Gemeinde. Dazu zählen etwa Baumpflanzungen und gemeinsame Veranstaltungen, so Schieberle. "Also im Großen und Ganzen hat sich dieses Wohnprojekt gut eingelebt."
Aus Skepsis wird zunehmend Nachbarschaft
Doch einige der rund 500 Reitweiner waren dem Wohnprojekt im Ort von Anfang an skeptisch gegenüber eingestellt. Sorgen bereitete vor allem die Sicherheit, weil psychisch kranke Menschen untergebracht werden. Als die ersten Bewohner im vergangenen Juni eingezogen waren, gab es auch mal Konflikte, sagt der Bürgermeister. "Es ist wie überall: es sind Bewohner, die hier nicht eingesperrt sind. Sie können sich im Ort bewegen. Und dass es dort auch mal mit jemanden ein Problem gibt, ist ganz normal. Man darf eben nicht vergessen, dass es eben ein Pilotprojekt ist. Vieles musste erst einmal ausprobiert werden." Die meisten Probleme seien mittlerweile aber ausgeräumt.
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Wichtig sei es, miteinander ins Gespräch zu kommen, sagt Hausleiterin Ines Löbel. Sie freut sich über jeden Besucher, der persönlich nachfragt. "Wir hatten einen Nachbarn, der mal kurz vorbeikam. Er hatte das und das gehört", sagt Löbel. "Und dann können wir natürlich im direkten Kontakt ganz viel klarstellen und erklären, welche Menschen hier wohnen und was sie machen." In einigen Fällen sei so aus der anfänglichen Vorsicht sogar Nachbarschaft entstanden. Mitarbeiter und Bewohner berichten, dass inzwischen Gespräche am Gartenzaun und gemeinsame Spaziergänge durch Reitwein mit zum Alltag gehören.