Gedenk- und Dokumentationsstätte "Opfer politischer Gewaltherrschaft" Frankfurt
Wer etwas Schlimmes erlebt – sei es Krieg, Flucht, Gewalt – wird durch diese Erfahrungen für immer geprägt. Die Forschung zeigt aber mittlerweile: Traumata können auch auf die nächste Generation vererbt werden.
In der Gedenk- und Dokumentationsstätte "Opfer politischer Gewaltherrschaft" in Frankfurt (Oder) wird derzeit eine Ausstellung über das Thema "Kriegs-Enkel" gezeigt. Die Künstlerin Erika Möwius ist Rumänien-Deutsche und verarbeitet in den Werken die Geschichte ihrer Großeltern.
Dunkle Gestalten sind in Acryl auf eine Leinwand gemalt. Sie verschwimmen fast wie Schatten mit dem Hintergrund. Menschenmassen, eine Pferdekutsche! Das Thema Flucht findet man in den Bildern von Erika Möwius immer wieder. "Das andere ist dieses Erstarrt-Sein in der Familienkommunikation, also wie Familien sich begegnen - diese tiefe Erstarrung. Die hoffe ich, dass sie sich zeigt", erklärte Möwius.
Was macht es mit Familien? Was macht es mit den nachfolgenden Generationen, wenn Eltern und Großeltern Traumata erlebt haben? Gewalt, über die sie nicht sprechen wollen? Diese Fragen treiben Erika Möwius seit vielen Jahren um.
Drei Großeltern der Künstlerin wurden nach dem Zweiten Weltkrieg aus Rumänien in die damalige Sowjetunion verschleppt. Als "Kriegspfand", wie es damals hieß. Diese mussten in Lagern Zwangsarbeit verrichten. "Zwei sind dort im Lager gestorben", berichtete sie. Eine Großmutter kam später per Krankentransport nach Frankfurt (Oder). Sie litt an Asthma und war entkräftet.
Frankfurt ist der historische Ort für die Heimkehr von mehr als einer Million Deutschen, die aus sowjetischen Lagern kamen – darunter viele Rumänien-Deutsche. Sie fanden zunächst im Heimkehrer-Lager in Gronenfelde nahe Frankfurt (Oder) Zuflucht. Hier wurde Ende Juli 1946 die zentrale Ankunftsstelle für deutsche Kriegsgefangene, die von der UdSSR freigelassen worden, eingerichtet.
Auch aus diesem Grund sind Möwius' Werke aktuell in der Frankfurter Gedenk- und Dokumentationsstätte "Opfer politischer Gewaltherrschaft" ausgestellt. "Ich habe immer wieder auch von Rumänien-Deutschen gehört, wie wichtig für diese Menschen Frankfurt ist, und dass man hier auch mal ein Denkmal errichten sollte für die Leute, die hier angekommen sind", sagte deren Leiter Konrad Tschäpe.
In ihren Bildern reflektiert Möwius, wie die Erlebnisse ihrer Großmutter - die der Gewalt und des Grauens - ihr eigenes Leben prägten. "Ihre Schatten, meine Geister", heißt die Ausstellung im Konkreten. Ihre Kunst soll dazu anregen, Gefühle und Emotionen zuzulassen, die in Familien, die Gewalt erfahren haben, häufig unterdrückt werden, erklärte sie. Damit "Kriegsenkel" ihre Ohnmacht überwinden und nachfolgende Generationen die Traumata nicht noch mal erleben müssten.
Die Ausstellung ist noch bis Ende Januar 2024 zu sehen. Die Gedenk- und Dokumentationsstätte in Frankfurt ist Dienstag und Donnerstag zwischen 10 und 17 Uhr geöffnet, der Eintritt ist frei.
Sendung: Antenne Brandenburg, 26.09.2023, 14:40 Uhr
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