Beeskow (Oder-Spree)
Der "Beeskower Weg" in Sachen Niedrigpreis-Politik bei Bauland hat in der Kreisstadt viel Staub aufgewirbelt. Am Ende kann an der Subventionspraxis der Stadt noch nicht einmal die Staatswaltschaft etwas beanstanden.
Die Wohnungsmieten in Brandenburg bewegen sich auf Rekordniveau, und auch die Preise für Grundstücke und Immobilien sind erneut durch die Decke gegangen. In Beeskow, der Kreisstadt von Oder-Spree, soll es hingegen noch Schnäppchen beim Grundstückskauf geben - vorausgesetzt, Interessierte kommen an die begehrten Bauflächen. Diese werden von der Stadt selbst vermarktet und verkauft. Allerdings sorgt die Niedrigpreis-Politik des Rathauses auch für Unmut.
Am Bahrensdorfer See, direkt am Naturschutzgebiet, sind in den vergangenen Jahren große Häuser und Villen neu gebaut worden. Auch die Größe der Grundstücke mutet mit zum Teil über 1.000 Quadratmeter opulent an. Diese fallen wohl auch deshalb so üppig aus, weil das Bauland besonders billig war. Denn die Stadt verlangte pro Quadratmeter lediglich 37 Euro - der Preis des damaligen Bodenrichtwerts. Zum Vergleich: Unbebautes Bauland hat im vergangenen Jahr in Brandenburg durchschnittlich 113 Euro gekostet. In Berlin waren es 1.260 Euro je Quadratmeter.
Der Betrag für Bauland in Beeskow sei also ein Fantasie-Preis, klagt der Stadtverordnete Christian Wernicke von der BVB/Freie Wähler-nahen Fraktion "BoB". Ihm zufolge lagen allein schon die Erschließungskosten bei über 60 Euro. "Im Sinne des Steuerzahlers ist das sicherlich nicht okay, so löblich auch die Idee dahinter ist, junge Leute nach Beeskow zu ziehen", so Wernicke. "Aber mindestens zu Anschaffungs- und Herstellungskosten sollten sie veräußert werden, so wie es auch die Kommunalverfassung vorsieht."
Ein Beschluss der Stadtverordnetenversammlung von 2008 hat den Beeskower Weg möglich gemacht. Man wolle mit dem Verkauf nach Bodenrichtwert dämpfend auf die Grundstückpreise einwirken und so Bauwillige nach Beeskow locken, heißt es dazu aus dem Rathaus. Dass der Kauf im Baugebiet Bahrensdorfer See pro Quadratmeter mit knapp 20 Euro subventioniert wurde, findet Bürgermeister Frank Steffen (SPD) auch im Nachhinein nicht anstößig. "Wir haben hohe Kosten gehabt, dadurch, dass wir eine Altlast, einen städtebaulichen Missstand beseitigen mussten: die Gebäude des ehemaligen Instituts für Zivilverteidigung." So habe es auf dem Gelände Wohnblöcke, eine Schule, Bunkeranlagen und Bodenverunreinigungen gegeben. "Da waren wir der Auffassung, dass man diese Kosten nicht komplett auf die neuen Eigentümer umlegen kann", sagt Steffen weiter.
Der Landtagsabgeordnete Péter Vida (BVB/Freie Wähler) hatte im Rechtsausschuss des Landtags die Verkaufspraxis scharf kritisiert. Ein Gutachten des Landkreises, welches dem rbb vorliegt, sieht im Vorgehen der Stadt aber keine Rechtsverstöße. Die Prüfung ergab zwar, dass der Verkauf in wirtschaftlicher Hinsicht viel zu niedrig war und ein Defizit von fast 750.000 Euro entstanden ist. Eine volle Kostendeckung hätte jedoch zu einem deutlichen Preisauftrieb auf dem Grundstücksmarkt geführt. Auch die zuständige Staatsanwaltschaft, die in der Sache gegen den Bürgermeister ermittelte, sieht keine Rechtsverstöße.
Der Immobilienverband Deutschland bezweifelt allerdings, dass der Preisdeckel der Kommune wirklich dämpfenden Charakter hat. Vizepräsident Dirk Wohltorf teilte auf Anfrage schriftlich mit, dass solche subventionierten Verkäufe beim Festlegen des Bodenrichtwertes gar nicht berücksichtigt werden. Das zeigt sich auch am Bahrensdorfer See. Denn dort ist der Bodenrichtwert in den vergangenen Jahren von 40 auf aktuell 70 Euro gestiegen. Weitere Sprünge Richtung Innenstadtpreise sind nicht ausgeschlossen. Damit erweisen sich die verkauften Grundstücke für die Besitzer als gute Wertanlage - finanziert vom Beeskower Steuerzahler.
Die Beeskower Stadtverordneten hatten am Dienstag erneut ein Wohngebiet zum Thema. So sollen künftig im Westen der Stadt, am Kiefernweg, neue Ein- und Mehrfamilienhäuser gebaut werden. Auch dort könnte künftig wieder billig verkauft werden.
Sendung: Antenne Brandenburg, 14.12.2022, 16:10 Uhr
Mit Material von Michael Lietz
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