rbb24
  1. rbb|24
Audio: Antenne Brandenburg | 06.12.2022 | Friedericke Fuchs | Quelle: Ben Laser/Initiative

Zugausfälle, Verspätungen, Störungen

Initiative fordert per Flashmob schnell Verbesserungen auf der RB26-Linie

Seit Monaten herrscht Chaos auf der Regionalbahnlinie RB26 zwischen Kostrzyn und Berlin. Die "Initiative für zuverlässigen Nahverkehr" hat am Nikolaustag mit einem Flashmob auf die Probleme aufmerksam gemacht. Von F. Montag und G.-S. Russew  

Wer auf die Regionalbahnlinie RB26 zwischen der polnischen Kleinstadt Kostrzyn und Berlin-Lichtenberg angewiesen ist, hat es seit Monaten nicht leicht. Immer wieder kommt es zu Verspätungen, Störungen und Zugausfällen. Die "Initiative für zuverlässigen Nahverkehr" hat am Dienstag mit einem Flashmob in der Regionalbahn zwischen Berlin-Lichtenberg und Rehfelde (Märkisch-Oderland) reagiert und ihrem Frust Luft gemacht.

"Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, ausreichend Sitzplatz! Das kann man vom Personennahverkehr erwarten. Doch wir Pendlerinnen und Pendler werden einfach im Regen stehen gelassen", sagte Initiativenchefin Friedericke Fuchs dem rbb. Mit Gesprächen sei man bislang nicht weitergekommen. Jetzt habe man per Flashmob versucht, auf die Lage der Fahrgäste auf der RB26-Linie hinzuweisen. Die Aktion wurde per Facebook verabredet. Auch bei Initiativentreffen sei die Aktion besprochen worden.

Protest mit roten Mützen und Protestschildern

Viele Betroffene trugen rote Mützen und hielten Schilder mit ihren Forderungen auf Deutsch und Polnisch hoch. Dazu wurden umgedichtete Weihnachtslieder in beiden Sprachen gesungen. Wenn man nicht gehört werde, bleibe einem nur noch, dem Nikolaus seine Wünsche vorzutragen, sagte Fuchs. Das solle die Verzweiflung der Pendlerinnen und Pendler zum Ausdruck bringen.

Es müssten sofort tragbare Lösungen her. "Unsere Kernanliegen sind ganz einfach und gehören zu einem ordentlichen Nahverkehr einfach dazu: Es geht um pünktliche Verbindungen, genug Sitzplätze und ausreichend Informationen über Ansagen, App-Informationen und Anzeigetafeln, wenn es Veränderungen im Streckenbetrieb kommt", so Fuchs. All das habe es in den vergangenen Monaten nur sehr eingeschränkt gegeben.

Chaos seit Mitte August

Fuchs pendelt seit zwölf Jahren zwischen Berlin und Müncheberg. Sie war immer zufrieden mit der Niederbarnimer Eisenbahn (NEB). Bis vor sechs Jahren die neue Zugserie "Link" des polnischen Hersteller Pesa auf der Strecke eingesetzt wurde. Seitdem gebe es immer wieder technische Probleme, sagte Fuchs. "Von Toiletten, die geschlossen werden müssen, über Türen, die nicht schließen bis zum Ankoppeln eines zweiten Wagens im Stoßverkehr, das nicht klappt. Das heißt, es ist häufig überfüllt, es gibt häufig Probleme mit der Klimaanlage, die entweder sehr heiß oder sehr kalt ist." Besonders katastrophal sei die Baustellenphase ab Mitte August gewesen.

Seitdem gab es gleich zwei Mal Schienenersatzverkehr aufgrund von Bauarbeiten. Einmal fuhren Busse auf dem Streckenabschnitt von Kostrzyn nach Küstrin-Kietz. Weitere Busse wurde bis Ende November zwischen Küstrin-Kietz und Müncheberg eingesetzt. Dadurch hat sich für viele Pendlerinnen und Pendler aus Polen, die ohnehin schon einen langen Weg bis nach Berlin haben, die Fahrzeit erheblich verlängert, mitunter bis zu sieben Stunden, schreiben einige auf Facebook [facebook.com]. Dort hat Fuchs vor einigen Monaten eine Gruppe gegründet, in der sich mittlerweile fast 1.000 Menschen über Störungen und Probleme mit dem RB26 austauschen.

Runder Tisch ohne Ergebnis

Ein Runder Tisch zwischen Betroffenen, Vertretern von Behörden, NEB und dem Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) blieben am 24. Oktober laut Fuchs ohne Ergebnis. "Also es gab zwar eine relativ fundierte Erklärung, wie es zu diesen Problemen kommt, aber kaum Aussichten auf eine zeitnahe Verbesserung", klagte sie.

Das sei vor allem für Pendlerinnen und Pendler sehr frustrierend, weil sich Chefs nicht jedes Mal vertrösten ließen, wenn man zu spät zur Arbeit kommt. Deswegen hätten schon einige ihre Jobs verloren. Andere hätten ihre Arbeit in Berlin aufgegeben und seien beispielsweise in Frankfurt (Oder) auf Jobsuche gegangen. "Also das ist für Pendlerinnen und Pendler auf der RB26-Linie existenziell", so die Initiativen-Gründerin Fuchs.

NEB sieht sich nicht als Alleinschuldiger

Selbst erklärte die Niederbarnimer Eisenbahn per Pressemitteilung: "Es gibt nicht nur eine schuldige Partei und nicht nur eine Herausforderung." So gebe es laut NEB sein 2017 durchgehend Bauarbeiten der Deutschen Bahn auf der Strecke. Diese machten den Löwenanteil der Zugausfälle beziehungsweise Verspätungen aus. "In den Monaten Juni und Juli fielen mit rund 35.000 Zugkilometern insgesamt etwa 19 Prozent der bestellten Zugleistungen aus", klagte die NEB in der Pressemitteilung.

"Bei dem größten Teil der Baumaßnahmen handelt es sich um planmäßige Fahrplanänderungen, über die im Voraus über verschiedene Kanäle informiert wird - auch offline, wie zum Beispiel im Kundenmagazin NEB-Express, der BauSchau oder über das Kundencenter", hieß es in der Mitteilung weiter.

Im Zusammenhang mit den störungsanfälligen Pesa Link-Zügen erklärte die NEB, dass alle elf Pesa Link-Züge, die auf der RB26 verkehrten, per Rollkur (eine Art Generalüberholung) ertüchtigt würden. Bis zum Ende dieser Aktion sei durch einen softwarebedingten Unterschied der Fahrzeuge vor und nach der Rollkur temporär eine Kuppelbarkeit mit unterschiedlicher Software nicht gegeben. Fahrzeugstörungen seien laut NEB aber bereits deutlich reduziert worden.

Unhaltbare Zustände: Im September waren Züge nur zu 66 Prozent pünktlich

Fuchs zeigte sich unbeeindruckt. Sie erklärte nochmals, dass Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und entsprechende Infos über Fahrplanänderungen Selbstverständlichkeiten im Personennahverkehr sein müssten. "Im September hat es nur noch eine Pünktlichkeit von 66 Prozent auf der RB26-Linie gegeben", betonte Fuchs. Deshalb müssten Inhaberinnen und Inhaber von Monatskarten entschädigt werden.

Klar hätten Baumaßnahmen an der Strecke gute Gründe, so Fuchs. Aber diese müssten priorisiert werden, damit diese Baumaßnahmen abgekürzt werden könnten. Zusätzlich müssten Expressbusse als Schienenersatz eingesetzt werden, wo es ausreichend Sitzplatz für alle gibt. Die Zustände seien unhaltbar, unterstrich Fuchs. Zusätzlich müsste es einen realistischeren Fahrplan geben.

Manche Menschen, die aus Polen und dem Oderbruch nach Berlin zur Arbeit pendeln müssten, bekämen nur noch drei Stunden die Nacht Schlaf, damit sie überhaupt zur Arbeit kämen. Es müsse endlich Schluss mit diesen extremen Zuständen auf der RB26-Linie sein.

Unterstützung bekämen die Pendlerinnen und Pendler vom Seelower Bürgermeister Jörg Schröder (SPD). Er habe Abgeordnete aus Land- und Bundestag eingeladen, sich vor Ort selbst ein Bild von der Lage zu machen. Vielleicht, so hofft Fuchs, könnten die etwas bewegen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 06.12.2022, 18:30 Uhr

Beitrag von Felicitas Montag und Georg-Stefan Russew

Artikel im mobilen Angebot lesen