"Das war auch ein bisschen blinder Aktionismus, weil man so gerne helfen wollte"
Vor über einem Jahr begann der Krieg auf die Ukraine. Früh haben in Frankfurt (Oder) private Ersthelfer die Versorgung der Geflüchteten übernommen. Heute erinnern sie sich an das Chaos zurück und berichten, wie sich die Unterstützung verändert hat.
Seit dem Einmarsch russischer Truppen am 24. Februar 2022 sind viele Ukrainerinnen und Ukrainer aus ihrem Land geflohen. Über eine Million von ihnen haben Zuflucht in Deutschland gefunden. Ein großer Teil kam mit dem Zug über Polen und machte in Frankfurt (Oder) zum ersten Mal halt. Dort wurden sie in der Anfangszeit vor allem von Einheimischen versorgt.
Unter ihnen war auch Lisa Gregor. Sie gründete inzwischen mit Mitstreitern den Verein "Helping Hands – Blaue Brücke", der mittlerweile Geflüchtete unterstützt, die in Frankfurt geblieben sind. Doch am Anfang, sagt sie, sei es alles andere als erfolgreich abgelaufen. "Wir wussten manchmal gar nicht, was wir den Leuten geben sollen", schildert Gregor die Situation kurz nach Kriegsbeginn. Sie und andere Ersthelfer hätten zunächst einmal versucht, sich vor Ort in dem Chaos zu organisieren. "Wir haben da selbst Stullen geschmiert, weil die Menschen einfach Hunger hatten."
Erstversorgung mit Essen
Dies sei damals nur durch private Spenden möglich gewesen, erklärt Lisa Gregor. So hätten die Helfer zumindest Wasser und kleine Verpflegungspakete in die Züge reichen können. Für viele der Geflüchteten sei das die erste Versorgung nach mehreren Stunden gewesen, berichtet sie. Das sei auch für sie und andere der Helfenden schockierend gewesen.
"Das war auch ein bisschen blinder Aktionismus kann man sagen, weil man so gerne helfen wollte, weil man diesen Schock verarbeiten wollte", sagt sie und ergänzt: "Jedenfalls ging es mir so, und ich weiß auch von vielen anderen, dass es so war."
Eine Demonstration mit mutmaßlich rechtsextremen Teilnehmern in Frankfurt (Oder) zum Jahrestag des russischen Angriffskriegs beschäftigt die Sicherheitsbehörden. Von einem lokalen Bündnis gibt es auch Vorwürfe gegen die Polizei.
Das bestätigt auch Pfarrerin Gabriele Neumann von der Evangelischen Kirche in Frankfurt: "Also in den ersten Tagen war es wirklich so, dass ganz viele Menschen erstmal unter Schock standen. Auch aufgrund dieser Bilder, sie sich da boten."
Neumann war zum ersten Mal am 28. Februar, also nur vier Tage nach Kriegsbeginn, am Bahnhof in Frankfurt. Vor allem die Einzelschicksale der Geflüchteten seien schwer zu verarbeiten gewesen, berichtet sie: "Mit einem kleinen Rucksack und zwei Kindern an der Hand - einfach nur weg, nicht mal wissen wohin." Doch die Ersthelfer hätten ihr Bestes gegeben, um mit einem "total hohen Engagement" die Situation erträglicher zu gestalten.
Ersthelfer bis zum Sommer aktiv
Erst nach zwei Wochen habe sich das anfängliche Chaos gelichtet, erinnert sich Lisa Gregor: "Dann kam das THW und dann wurde es strukturierter, weil die natürlich Erfahrungen mit solchen Dingen haben." Doch dauerte es noch bis in den Sommer hinein, bis die Hilfsorganisationen am Bahnhof in Frankfurt (Oder) so aufgestellt waren, dass keine privaten Ersthelfer mehr benötigt wurden, wie Gregor erklärt.
Das bedeute aber nicht, dass die Unterstützung abgenommen habe. Noch immer seien die Helfer für die Ukrainer im Einsatz. Mittlerweile hat der Verein "Helping Hands – Blaue Brücke" einen eigenen Charityshop eingerichtet, in dem die Ukrainer Haushaltswaren, Kleidung und Spielzeug erhalten. Zudem unterstützen die Vereinsmitglieder die Geflüchteten bei der Beantragung von Anträgen und in Alltagsfragen.