"Paramedic Brandenburg"
Ein Verein holt Verletzte und Kranke aus der Ukraine nach Deutschland - finanziert durch Spenden. Dabei sollen zwei Männer mehr ihrem eigenen Geldbeutel als Betroffenen geholfen haben. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder).
Der Verein "Paramedic Brandenburg" soll um rund 40.000 Euro betrogen worden sein – von Ehrenamtlichen aus den eigenen Reihen, wie der Verein angibt. Zwei mutmaßliche Betrüger sollen bei Hilfstransporten in der Ukraine Rechnungen fingiert und Geld abgezweigt haben, lautet der Vorwurf.
Im November hatte der Verein Strafanzeige gegen die beiden Männer gestellt. Mittlerweile ermittelt die Staatsanwaltschaft in Frankfurt (Oder). Diese bestätigte dem rbb Ermittlungen, wollte aber unter Verweis auf das laufende Verfahren keine Details nennen.
Die beiden mutmaßlichen Betrüger hätten sich im vergangenen Sommer als Vater und Sohn bei "Paramedic Brandenburg" in Alt Zeschdorf (Märkisch-Oderland) vorgestellt, sagte der Vereinsvorsitzende Dennis van Hardeveld dem rbb. Als "nett, freundlich, zuvorkommend, hilfsbereit" habe er die beiden wahrgenommen, erinnert sich van Hardeveld: "Genau das ist das, woraus das Ehrenamt besteht", sagt er. Daher habe sich der Verein über die angebotene Unterstützung gefreut.
Seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine transportiert der Verein Verletzte und Kranke aus dem Kriegsgebiet und bringt sie mit eigenen Rettungsfahrzeugen zur weiteren Versorgung nach Deutschland. Dabei handele es sich um Menschen, denen vor Ort nicht mehr geholfen werden könne – aus Mangel an Ärzten oder Material, wie "Paramedic" auf seiner Internetseite angibt. Rund 500 Personen hätten so in den zurückliegenden Monaten Hilfe erhalten.
Um dies leisten zu können, sei der Verein jedoch auf Ehrenamtliche angewiesen, die auch Zeit mitbrächten und flexibel einsetzbar seien, sagt van Hardeveld. "Wenn in so einer Situation die Leute Zeit mitbringen und sagen: 'Ich bin selbstständig, ich schaufele mir jetzt mal einen oder zwei Monate frei, um für die gute Sache da zu sein' – dann ist man unheimlich dankbar." So sei es auch bei den beiden Männern gewesen.
Erst nach Monaten sei der Betrug aufgefallen, berichtet der Vereinsvorstand. Wie andere der rund 200 ehrenamtlichen Helfer seien auch die beiden Männer mit Transportern aus Alt Zeschdorf in Richtung Ukraine gestartet, sagt Einsatzleiter Sebastian Hüttinger: "Die haben Bargeld erhalten, weil man in der Ukraine schlecht mit Karte zahlen kann." Das sei der örtlichen Situation geschuldet, so Hüttinger.
Denn immerhin begeben sich die Helfer mit ihren Fahrzeugen auf eine lange Reise und zudem noch in ein Kriegsgebiet. "Falls etwas mit dem Fahrzeug ist, ist Bargeld das bessere Bezahlungsmittel", so Hüttinger. Müssten Reparaturen vorgenommen oder Ersatzteile gekauft werden, müssten die ehrenamtlichen Helfer von "Paramedic" dies durch Rechnungen belegen.
Das sei aber bei den beiden mutmaßlichen Betrügern nicht erfolgt: Sie hätten Rechnungen nicht eingereicht und nicht das gekauft, was sie hätten kaufen sollen, sagt der Einsatzleiter. Denn auch Hilfsgüter sollten von den Helfern vor Ort beschafft werden.
Als Beispiel nennt Sebastian Hüttinger die Unterstützung für ein Kinderkrankenhaus in der Nähe von Lwiw. Die beiden Männer sollten vor Ort Hilfsgüter dafür kaufen. Dafür standen ihnen laut Verein 20.000 Euro zur Verfügung. Sie sollen jedoch nur die Hälfte, sprich 10.000 Euro, ausgegeben haben. Die andere Hälfte, so der Vorwurf des Vereins, soll in ihre eigene Tasche geflossen sein.
Das habe für Wut unter den Ehrenamtlichen gesorgt, sagt Hüttinger. Immerhin sei der Verein spendenfinanziert und werde von Ehrenamtlichen getragen, die sowohl ihre Zeit als auch die ihnen zur Verfügung stehenden Spenden für die Betroffenen in der Ukraine einsetzen wollten: "Wenn dann Menschen kommen, die genau so etwas ausnutzen – Spendengelder, die für Menschen da sind, die in Not sind, (…) das macht einen ziemlich sauer", sagt er. Hüttinger sagt, er glaube, dass solche kriminellen Machenschaften seit Beginn des Krieges zugenommen hätten.
Der Verein "Paramedic Brandenburg" geht zudem nach eigenen Angaben davon aus, dass nicht alle Vorfälle bei Hilfsorganisationen gemeldet würden. Zu groß sei die Angst, dass Menschen nach Bekanntwerden solcher Vorfälle nicht mehr spenden würden, heißt es.
Sendung: Antenne Brandenburg, 08.05.2023, 14:10 Uhr
Mit Material von Michael Lietz
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