Gefahr vor erneuten Umweltkatastrophe
Im Zuge der Aufarbeitung der Umweltkatastrophe in der Oder gab es immer wieder deutsche Kritik an Polen. Nun will die Woiwodschaft Lebus den Grenzfluss stärker überwachen. Doch in den Fluss wird weiter Salzwasser eingeleitet.
Die polnische Woiwodschaft Lebus hat wegen des Risikos einer erneuten Umweltkatastrophe in der Oder Maßnahmen beschlossen, um den Fluss zu überwachen. Der Krisenstab der an Brandenburg grenzenden Woiwodschaft hat unter anderem ein verstärktes Monitoring der Oder mit Drohnen beschlossen, wie Karol Zielenski, Sprecher der Woiwodschaft, dem rbb bestätigte.
Mitte Juni wurden im oberschlesischen Gleiwitz 450 Kilogramm tote Fische geborgen. Pressesprecher Zielenski versicherte, dass alle zuständigen Kontrollinstitutionen in Lebus aufgrund der Gefahr von erneutem Fischsterben nun alarmiert seien. "Jetzt, da die Temperaturen gestiegen sind, werden jeden Tag Proben aus dem Fluss entnommen und auf die Anwesenheit schädlicher Substanzen untersucht", sagte Zielenski.
Auch die Feuerwehr sei nun öfter auf den Fluss unterwegs, um dessen Zustand zu beobachten, so der Sprecher weiter. Darüber hinaus habe das polnische Umweltministerium der Woiwodschaft angewiesen, mehr Belüftungspumpen zu besorgen, um bei Bedarf zusätzlich Sauerstoff in den Fluss einzupumpen.
Sauerstoffpumpen würden aber nicht dabei helfen, die wichtigste Ursache für das Fischsterben – die Goldalge – zu bekämpfen, kritisiert Anita Kucharska-Dziedzic, polnische Abgeordnete der "Neuen Linke", die in der parlamentarischen Gruppe für die Renaturierung der Oder kämpft.
"Während der letzten acht Monaten nach der Katastrophe hat sich nichts geändert", sagte Kucharska-Dziedzic dem rbb. Es gebe keine Einschränkungen für Firmen und Bergwerke, die salzhaltige Abwässer in die Oder einleiten. "Es laufen zwar Ermittlungsverfahren gegen acht Firmen, aber Ergebnisse gibt es erstmal keine", so die Abgeordnete.
Dabei müsste sofort gehandelt werden, sagt Bogdan Wziątek, Hydrologe, Umweltexperte und Professor an der Universität Warminsko-Mazurski in Olsztyn: "Man sollte sofort mit der Klärung der Bergbau-Abwässer beginnen. Die Renaturierung des Flusses sollte man überall dort, wo es nur möglich ist, anstoßen. Und die Kläranlage der Kommunalabwässer sollte ausgebaut und an die jetztigen Bedingungen angepasst werden", so der Professor.
Wziątek traf sich am Mittwoch mit deutschen Europaabgeordneten im polnischen Stettin und bat nach eigenen Angaben um Unterstützung bei seinen Forderungen auf EU-Ebene.
Vor wenigen Tagen kritisierte Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel (Grüne) die Informationspolitik staatlicher polnischer Stellen. Noch immer stellten diese keinen Zusammenhang zwischen Salzeinleitung, Goldalge und dem Fischsterben her. "Wir können jedenfalls nicht feststellen, dass sich an den Salzleitungen etwas geändert hat", kritisierte Vogel.
Im August vergangenen Jahres war es im deutsch-polnischen Grenzfluss zu dem massenhaften Fischsterben gekommen. Die Fachleute gehen davon aus, dass hoher Salzgehalt, Niedrigwasser, hohe Temperaturen und das Gift einer Algenart mit den Namen Prymnesium parvum wesentliche Ursachen für das Fischsterben waren.
Sendung: Antenne Brandenburg, 22.06.2023, 14:10 Uhr
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