Streit über Einleitungen
Hohe Salzwerte sollen die Umweltkatastrophe in der Oder mitverursacht haben. Das Brandenburger Umweltministerium gibt zu, dass auch deutsche Unternehmen Abwasser in den Fluss einleiten - für die Salzfrachten sei aber Polen fast allein verantwortlich.
Im Zusammenhang mit dem Fischsterben 2022 in der Oder streiten Polen und Deutschland darüber, wer für die Umweltkatastrophe die Verantwortung trägt. Im Zentrum der Auseinandersetzung steht, wer für die Salzfrachten in die Oder verantwortlich ist. Das Brandenburger Umweltministerium veröffentlichte jetzt Schreiben, aus dem hervorgeht, dass die polnische Regierung die Verantwortung für das Fischsterben auf deutscher Seite sieht.
Zu finden sind die Angaben in einer Antwort des Umweltministeriums auf eine parlamentarische Anfrage des Abgeordneten Petér Vida (BVB/Freie Wähler) [parlamentationsdokumentation.brandenburg.de]. Darin informiert das Ministerium über Anfragen des Medienunternehmens "Axel Springer Polska" an das Bundesumweltministerium. In der Kommunikation werde "dargelegt, dass die polnische Regierung davon ausgeht, dass die deutsche Industrie möglicherweise in erster Linie für die Verschmutzung der Oder und das Fischsterben verantwortlich wäre".
Das Umweltministerium nennt die Angaben von "Axel Springer Polska" als "spekulativ bar jeder erkennbarer Fakten". "Die Oder bringt ihre Salzfracht bereits zu 90 Prozent aus Polen mit", heißt es. "Einleitungen auf deutscher Seite führen bezogen auf die Grundbelastung zu keiner signifikanten Mehrbelastung."
Laut der Anfrage hatte bereits im Juni der "Business Insider Polska", der zu dem Medienunternehmen "Axel Springer Polska" gehört, eine Liste von Verschmutzern veröffentlicht. Diese soll durch die polnische Regierung als Reaktion auf das Fischsterben erstellt worden sei. In dieser Liste seien sechs Einleiter aus Brandenburg aufgeführt, heißt es - darunter das Kraftwerk Schwedt, die Frankfurter Wasser- und Abwassergesellschaft FWA oder den Veolia Umweltservice. Die "Märkische Oderzeitung" berichtete demnach zuerst.
Einige der erwähnten Unternehmen würden allerdings "selbst nichts in die Oder einleiten", heißt es nun vom Ministerium. Im Zusammenhang mit dem Fischsterben sei überprüft worden, ob die Unternehmen ihr Abwasser korrekt entsorgten.
Gleichzeitig, heißt es in der Anfrage, fehlten auf der Liste Unternehmen, die tatsächlich große Mengen an Abwasser einleiten - wie die PCK-Raffinerie und die Leipa-Papierfabrik Schwedt sowie Arcelor Mittal in Eisenhüttenstadt und die dortige Papierfabrik.
Laut der Anfrage von BVB/Freie Wähler sind die in der Liste aufgeführten Unternehmen mit ihrer Unternehmensbezeichnung so auf Google Maps zu finden und lägen nie weiter als 250 Metern vom Ufer der Oder entfernt. "Die nicht aufgeführten großen Unternehmen, die tatsächlich große Mengen Abwasser in die Oder einleiten, sind hingegen weiter von der Oder entfernt. Es drängt sich der Verdacht auf, dass die angeblich von der polnischen Regierung stammende Liste nicht das Resultat gründlicher Recherche und Untersuchungen vor Ort ist, sondern einfach Unternehmen aufgelistet wurden, die laut Google Maps direkt an der Oder liegen", heißt es in der Anfrage. Das würde auch erklären, "warum das gleiche Unternehmen unter zwei Namen doppelt auf der Liste auftaucht, denn es ist in Google Maps ebenfalls unter zwei Namen doppelt aufgeführt".
"Das Fischsterben hat nachgewiesenermaßen mehr als 300 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt seinen Ursprung im Oberlauf der Oder und seinen Zuflüssen", stellt das Ministerium in seiner Antwort fest. "Der deutsche Anteil an der Oder ist mit den Auswirkungen konfrontiert worden." Dies sei umfassend auch von polnischen Experten und Wissenschaftlern dokumentiert und bestätigt worden.
Im Sommer 2022 war es in der Oder zu einem massenhaften Fischsterben gekommen. Fachleute gehen davon aus, dass hoher Salzgehalt, Niedrigwasser, hohe Temperaturen und das Gift einer Algenart mit dem Namen Prymnesium parvum das Fischsterben verursacht haben. In dem Fluss werden weiterhin stark überhöhte Salzfrachten gemessen.
Sendung: Antenne Brandenburg, 29.08.2023, 12:30 Uhr
Korrektur: In einer ersten Fassung dieses Beitrags waren einige Informationen zu der hier erwähnten Kleinen Anfrage fälschlicherweise als Antwort des Umweltministeriums beschrieben worden, tatsächlich stammten sie aus der ursprünglichen Anfrage von BVB/Freie Wähler. Im Detail betraf es die Auflistungen des "Business Insider Polska" und Angaben zu der Mutmaßung, ob die gelisteten Unternehmen möglicherweise lediglich auf Entfernungsrecherchen beruhen. Wir haben die entsprechenden Stellen jetzt überarbeitet und bitten um Entschuldigung für diese Fehlzuschreibung.
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