Rückkehr nach 100 Jahren
Pflanzen im See ärgern Angler, Bootsfahrer und Badegäste. Ökologen hingegen freuen sich über das Kraut. Es bietet Lebensraum für Fische und bedeutet oftmals eine gute Wasserqualität. Unter anderem der Blaualge klauen die Pflanzen ihre Nährstoffe.
In Brandenburger Seen gibt es wieder mehr Diversität an Unterwasserpflanzen. Derzeit erforschen Ökologen am Müggelsee in Berlin-Rahnsdorf Kraut-Arten, die es seit fast 100 Jahren nicht mehr gegeben hat. Das sei aus ökologischer Sicht ein sehr gutes Zeichen, sagte Jonas Mauch, Forscher am Leibniz-Institut für Gewässerökologie, am Montag dem rbb.
Dem Ökologen zufolge wartet das Forschungsteam schon seit Jahren auf die Rückkehr der Pflanzen. Lange Zeit seien diverse Arten aus Brandenburger Seen verschwunden. Das habe unter anderem an ungeklärten Abwässern und landschaftlichem Dünger in den Gewässern gelegen. Doch die Pflanzen seien für das Ökosystem wichtig. Sie bieten unter anderem Lebensraum für Fische und dämmen schädliche Algen ein.
Unter anderem schlagen viele Unterwasserpflanzen die giftige Blaualge - auch Cyanobakterie genannt - in der Nahrungskonkurrenz. Je mehr Pflanzen im Gewässer schwimmen, desto mehr Nährstoffe können sie binden. Demzufolge steht der Blaualge weniger zur Verfügung. "Das findet dann auch im Endeffekt der Badende besser, wenn der See voll ist mit Pflanzen, als wenn er voll wäre mit Toxin-bildenden Cyanobakterien", so der Ökologe weiter.
Nach aktuellen Untersuchungen im Müggelsee gebe es derzeit aber noch zu viele Nährstoffe im Gewässer. "Das heißt, sie können immer noch sich bilden, gerade wenn es länger heiß war", sagte Mauch. In diesem Fall gebe es noch Potenzial zur Optimierung.
Der Forscher vom Leibniz-Institut plädiert deshalb dafür, das Wasserkraut auch in Badeseen wachsen zu lassen. An Badestellen würden kleine krautfreie Bereiche reichen. Dafür sollten die Pflanzen an anderen Stellen wuchern dürfen. Zudem würden viele Pflanzen nach dem Schnitt noch aktiver nachwachsen.
Dennoch sind Schwimmer sowie Angler und Bootsfahrer meistens genervt von den stachelnden Kraut-Arten. "Man kennt das selbst, dass man da genervt von ist oder das nicht so ganz kennt, was da unten im Wasser herumschwimmt", so Mauch weiter. Gerade deshalb würden die Wissenschaftler nun versuchen, über dessen Notwendigkeit aufzuklären.
Im Müggelsee gibt es derzeit 20 verschiedene Unterwasserpflanzen. Insbesondere das bis zu drei Meter lange raue Hornblatt sei typisch für nährstoffreiche Gewässer. Das Laichkraut hingegen würde Badende am meisten nerven, sagte der Ökologe weiter. Das Unterwassergras kann bis zu sechs Meter lang werden.
Das Land Brandenburg gehört zu den seenreichsten Gebieten in Deutschland. Ungefähr 3.000 stehende Gewässer mit einer Fläche von jeweils über einem Hektar prägen die Region. Die Europäische Wasserrahmenrichtlinie verpflichtet das Land Brandenburg, regelmäßig den Zustand der Seen mit einer Fläche von über 50 Hektar zu untersuchen.
Die Untersuchung soll den ökologischen und chemischen Zustand der Seen bewerten. In Brandenburg betrifft das 193 Seen. Laut Angaben des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz werden unter anderem die Schadstoff- und Nährstoffgehalte, Temperatur und die Artengemeinschaft von Pflanzen und Tieren analysiert.
Nach aktuellen Untersuchungen des Ministeriums haben nur sehr wenige der untersuchten Seen den geforderten "guten Zustand" erreicht [MLUK]. Grund dafür sei unter anderem der Zufluss von nährstoffreichen Substanzen - wie beispielsweise Dünger - von landwirtschaftlich genutzten Flächen. Zudem können hohe Nährstoffeinträge aus Kläranlagen und Regenwassereinleitungen in die Gewässer gelangen. Auch Veränderungen von Seeufern und eine intensive Freinutzung sei zu bedenken.
Sendung: Brandenburg Aktuell, 07.08.2023, 19:30 Uhr
Mit Material von Lucia Heisterkamp und Sabine Tzitschke
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