Grüne im EU-Parlament wollen Druck auf Polen erhöhen
Trotz gerichtlicher Anordnung zum vorläufigen Stopp des Oder-Ausbaus treibt Polen die Arbeiten am Fluss immer weiter voran. Sergey Lagodinsky von der Grünen-Fraktion im EU-Parlament fordert deshalb am Dienstag dem rbb gegenüber nun die Einleitung eines sogenannten Vertragsverletzungsverfahrens.
Vor über einem Jahr hat die Fraktion der Grünen dazu ein Rechtsgutachten erstellt. "Da steht schwarz auf weiß, dass hier mit Verstößen gegen den Artenschutz in der EU und auch gegen den Wasserschutz gearbeitet wird." Das Rechtsgutachten sei von der polnischen Regierung missachtet worden. Demnach obliege es der Kommission, in diesem Fall tätig zu werden. Die Fraktion würde derzeit Gespräche mit der Komission führen. "Aber wir müssen noch mehr Druck machen, dass hier noch auf der Kommissionsebene möglichst schnell eingegriffen wird", so der EU-Politiker.
Nach einem Großbrand in einem Lager mit Chemieabfällen in der polnischen Stadt Zielona Góra sind Anwohner wegen möglicher Folgen verunsichert. Ob das Grundwasser kontaminiert ist, steht noch nicht fest.
Zudem wirft Lagodinsky Polen angesichts des Ukraine-Kriegs und dessen Folgen politisches Kalkül vor, um sich zu schützen. Der auf Polen ausgeübte Druck aus Belarus und Russland sei für viele eine Begründung, Polen nicht weiter unter Druck setzen zu dürfen. "Auch weil sie so viele ukrainische Geflohene aufgenommen haben. Das weiß die polnische Regierung auch sehr gut auszunutzen", so der Grünen-Politiker weiter.
Zusätzliche Forderung von Finanzierungsstopp
Zudem fordert Lagodinsky einen Finanzierungsstopp. "Spätestens bei der Mitfinanzierung dieses Vorhabens muss es klar sein, dass weder europäisches noch internationales Geld verwendet werden darf, für Projekte, die gegen das Recht und gegen Gerichtsbeschlüsse verstoßen.“
Um den Finanzierungsstopp voranzutreiben, will der Politiker in Zukunft noch mehr Druck ausüben. Am Ende des Vertragsverletzungsverfahrens sei zu erwarten, dass Polen sein Verhalten korrigiere oder eine Geldstrafe zahlen müsse, so Lagodinksy weiter.
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Tägliches Zwangsgeld von einer Million Euro
Bereits im September 2021 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) Polen zur Zahlung eines täglichen Zwangsgeldes in Höhe von einer Million Euro verurteilt. Grund war die Weigerung des Landes, höchstrichterliche Entscheidungen zu umstrittenen Justizreformen umzusetzen. "Dann müssen sie halt noch mehr zahlen, wenn hier auch gefunden wird, dass gegen das europäische Recht verstoßen wird", so Lagodinsky weiter.
Bereits mehrere Gerichtsurteile verhängt
In der Vergangenheit hatte es bereits mehrere polnische Gerichtsurteile gegeben, die einen Baustopp an dem Grenzfluss verhängt hatten. Zuletzt hatte das Oberste Verwaltungsgericht in Warschau Anfang März entschieden, dass der Oderausbau gestoppt werden muss. Damit ist eine Beschwerde von polnischen Behörden gegen ein Urteil vom Dezember abgewiesen worden.
In der Begründung hieß es, dass die Bauarbeiten zunächst gestoppt werden müssten, da das Gericht nicht ausschließen könne, dass irreversible Umweltschäden durch sie entstehen. Auch das Umweltministerium von Brandenburg hatte gegen den polnischen Umweltbescheid für die Ausbauarbeiten Klage eingereicht.
Korrekturhinweis (30.08.2023): In einer früheren Version dieses Artikels hieß es, dass Sergey Lagodinsky sagte, dass das EU-Parlament die polnische Regierung wegen Nicht-Einhaltung von europäischen Recht verklagen würde. Dies ist nicht der Fall. Wir bitten diesen Fehler zu entschuldigen.