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Audio: Antenne Brandenburg | 13.10.2023 | Sabine Tzitschke | Quelle: rbb

Serie | Parlamentswahl in Polen

Das Ringen um den Naturschutz der Oder und einen deutsch-polnischen Nationalpark

Fischsterben, ein gemeinsamer Nationalpark und der Ausbau: Nicht nur zwischen Deutschland und Polen, sondern auch in der polnischen Politik selbst sorgt die Oder für Debatten. Für die einen eine starke Wirtschaftsader, für andere ein Naturreservat.

Die Oder trennt zwei Länder und zwei Naturschutzgebiete. Nach der polnischen Parlamentswahl am Sonntag könnten letztere zu einem gemeinsamen Nationalpark fusionieren - so lautet die Forderung einer der derzeitigen Oppositions-Parteien. Auch die unterschiedlichen Sichtweisen über den Naturschutz sind im polnischen Wahlkampf ein Thema.

Serie | Parlamentswahl

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Seit fast 30 Jahren Pläne für gemeinsamen Nationalpark

Die Oder bildet bei Schwedt (Uckermark) und Krajnik Dolny eine einzigartige Auenlandschaft. Auf polnischer Seite, in der Wojewodschaft Westpommern, gibt es zwar ein Landschaftsschutzgebiet, aber auf Tourismus-Wander- oder Paddelkarten ist das Untere Odertal nie so richtig zusammengewachsen. Und doch spielt die Oder, die eine 160 Kilometer lange, natürliche Grenze zwischen Polen und Deutschland bildet, im aktuellen polnischen Wahlkampf eine Rolle. Dort geht es um Naturschutz, die Vertiefung des Flusses und einen gemeinsamen Nationalpark.

Ideen für ein grenzübergreifendes Schutzgebiet gab es bereits vor mittlerweile mehreren Jahrzehnten. Bei der endgültigen Gründung im Jahr 1995 war Brandenburg in Sachen Naturschutz einfach zu streng, erinnert sich der SPD-Landtagsabgeordnete Mike Bischoff. "Das erste Nationalpark-Gesetz in Brandenburg - bis heute auch das einzige - hatte die schärfsten Umweltauflagen bundesweit. Daraus resultierte, dass die Angler, die Fischer, die Jäger und die Touristen raus sollten. In der Region war helle Aufruhr."

Unterschiedlicher Umgang mit dem Grenzfluss

Der Aufruhr hat sich zwar gelegt, aber die deutschen Angler schauen immer noch neidisch auf das polnische Oderufer. Beim Nachbarn ist die Bewegungsfreiheit für Petrijünger einfach größer, sagt Dirk Schmidt, Chef der uckermärkischen Angler. "Gerade wenn man hier als deutscher Angler im Bereich der Oder-Brücke unterwegs ist. Und auf der anderen fahren sie mit Kind und Kegel mit Auto bis ans Wasser. Wenn es geht, waschen sie das Auto sogar noch da."

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Zwar spricht sich Schmidt deutlich gegen die Autowaschungen aus, deutet aber auch an, dass sich Menschen in der Natur auf polnischer Seite unbeschwerter bewegen können. Egal ob als Land- oder Viehwirt, als Camper oder nur am Lagerfeuer.

Unterschiedliche Standards hindern gemeinsames Agieren

Aus deutscher Perspektive spricht deshalb von vielen Seiten einiges gegen einen gemeinsamen Nationalpark. Dennoch wirbt Frank Bretsch, der erste Beigeordnete der Uckermark und selbst Angler, um Verständnis für die polnische Lebensweise. "Wer natürlich Standards für einen Nationalpark innerhalb Europas unterschiedlich definiert und setzt, der wird auch ein verschiedenes Ergebnis bekommen. Je mehr das in gemeinsamen Gesprächen passiert, desto weniger ist eine Regierung in Warschau gezwungen, ein Statement abzugeben, was sich wie ein 'Basta!' anhört."

Opposition will gemeinsames Schutzgebiet

Das 'Basta!' der amtierenden polnischen Regierung - also das Ende der Pläne für einen gemeinsamen Nationalpark - spielt nun tatsächlich eine Rolle im polnischen Wahlkampf. Die sozialdemokratisch linke "Lewiza"-Partei hat in ihrem Programm einen gemeinsamen Nationalpark angekündigt. Das sagt Jakub Korcynski, ein Germanistik-Student aus Stettin und Kandidat für das Unterhaus Sejm. "Da sind wir einstimmig in der Opposition. Wir finden, dass das Ökosystem der Oder für Deutschland und auch in Polen essenziell ist. Im Park Narodowy Doliny Dolnej Odry (der Landschaftsschutzpark Unteres Odertal auf polnischer Seite, Anmerk. d. Red.) wollen wir einen Nationalpark einführen, dass hier auch die Biodiversität und einfach die Oder von den Menschen geschützt wird."

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Streit um den Oderausbau

Doch wie passt Biodiversität mit dem Oderausbau zusammen? Denn während sich einige die Errichtung des Nationalparks auch auf polnischer Seite wünschen, wollen andere den Ausbau des Flusses vorantreiben. Die Arbeiten zur Vertiefung der Fahrrinne sind unter der PiS-Regierung fortgesetzt worden, auch wenn Polens Oberstes Verwaltungsgericht wegen Umweltbedenken einen Baustopp angeordnet hatte. Eine Wiederwahl der PiS würde weniger Umweltschutz bedeuten, befürchten umweltbewusste Wähler. Einer von ihnen ist der Künstler und Umweltschützer Ryszard Matecki. "Ich denke, dass Wirtschaft und Naturschutz koexistieren können. Schiffe und Lastkähne können durchaus die Oder befahren. Nichtdestotrotz soll man die Stimmen der Umweltschützer nicht ignorieren. Hier muss man miteinander reden. "

Die Weltbank hat in der vergangenen Woche die Kredite für den Oderausbau gestoppt. Das geht aus einem Brief der Länderdirektorin der Weltbank für die Europäische Union hervor. Dennoch ist der Ausbau in Höhe der Uckermark nicht vom Tisch, erklärt Frank Bretsch vom Landratsamt diplomatisch. "Wenn die polnische Regierung und das polnische Volk ein Interesse daran haben, dass ein Fluss schiffbar wird, dann tun sie ja nichts anderes als das, was Deutsche mit dem Rhein oder der Elbe bereits getan haben. Wirtschaftsinteressen per se einfach mal zu verdammen, ist etwas sehr, sehr Schlechtes. Denn niemand kommt hierher, um uns zu besichtigen. Menschen kommen hierher, um zu leben und zu arbeiten. Dazu muss Wirtschaft entwickelt werden und das gehört genauso in den Fokus, wie der Naturschutz und der Tourismus."

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Eine Wahl für oder gegen den Naturschutz?

Immerhin hat die PiS-Regierung als Reaktion auf das Fischsterben im vergangenen Juli dem "Sondergesetz zur Revitalisierung der Oder" zugestimmt. Das sieht Investitionen von umgerechnet 250 Millionen Euro in die Oder vor. So sollen entlang des Flusses 123 Kläranlagen aus- und neu gebaut oder modernisiert werden. Auch eine Modernisierung der Staustufen ist vorgesehen. Zudem soll eine neue Kontrollbehörde die Abwässer kontrollieren. Bußgelder für die Verschmutzung der Oder gibt es aber so gut wie keine, urteilt die Opposition. Zudem wird kritisiert, dass die PiS nichts unternommen habe, um den polnischen Bergbau zu verpflichten, die Einleitung stark salzhaltiger Abwässer in die Oder zu reduzieren. Ob es mehr oder weniger Umweltschutz in Polen geben wird, wird die Wahl dann entscheiden.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 13.10.2023, 19:30 Uhr

Mit Material von Magdalena Dercz, Jakub Paczkowski und Sabine Tzitschke

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