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Video: rbb|24 | 15.10.2023 | Material: Agnieszka Hreczuk, Team Kowalski | Quelle: picture alliance/AA/J.Porzicky

Wahl im Nachbarland

Das steht bei der polnischen Parlamentswahl auf dem Spiel

Nach der Parlamentswahl am Sonntag könnte in Polen eine neue Regierung entstehen. Zehntausende Menschen in Berlin und Brandenburg sind wahlberechtigt - und entscheiden über die Beziehung zwischen Polen und Deutschland mit.

Das wird gewählt

Am diesem Sonntag wählen die Polinnen und Polen ein neues Parlament. Gewählt werden die 460 Mitglieder des Sejm (Unterhaus) sowie 100 Senatorinnen und Senatoren. Die Wahlen finden alle vier Jahre statt. Die meisten Polinnen und Polen dürfen nur am Wahltag wählen: Die Briefwahl ist nur in Ausnahmefällen möglich. In Berlin gibt es mehrere Wahllokale, in Brandenburg keine.

Die Abgeordneten werden per Verhältniswahl in insgesamt 41 Wahlkreisen gewählt. Für Einzelparteien besteht - ähnlich wie in Deutschland - eine Fünf-Prozent-Hürde. Parteibündnisse müssen mindestens acht Prozent der Stimmen erreichen, um Abgeordnete ins Parlament schicken zu können. Bei dieser Wahl könnte das entscheidend sein, denn ein Parteienbündnis liegt in den Umfragen nur knapp darüber.

Serie: Parlamentswahl in Polen

Doppelstadt Guben-Gubin hält wenig von geschlossenen Grenzen

Vor der polnischen Parlamentswahl am Sonntag ist das deutsch-polnische Verhältnis wieder Wahlkampfthema. Die Doppelstadt Guben-Gubin an der Neiße zeigt, wie enge Zusammenarbeit geht - und was stationäre Grenzkontrollen bedeuten könnten.

Polen ist - wie die meisten europäischen Länder - eine parlamentarische Demokratie: Nach der Wahl müssen die Parteien und Bündnisse eine Mehrheit im Parlament finden, um eine Regierung zu bilden.

Außerdem finden gleichzeitig mit der Wahl vier Volksabstimmungen statt: Unter anderem geht es um die Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre sowie um die Aufnahme von "Tausenden illegaler Einwanderer aus dem Nahen Osten und Afrika". Außerdem sollen die Wähler entscheiden, ob "Staatsvermögen an ausländische Unternehmen" verkauft werden soll. Gefragt wird auch nach der Beseitigung der Barrieren an der Grenze zu Belarus. Kritiker bewerten die Fragen als suggestiv. Vertreter der Opposition werfen der Regierung vor, mit der Abstimmung das Ergebnis der Parlamentswahl beeinflussen zu wollen.

Serie: Parlamentswahl in Polen

Wie ein Pilotprojekt in Slubice den deutsch-polnischen Ärztemangel lindert

Im polnischen Wahlkampf fordern alle Parteien, dass polnische Ärzte nicht mehr so einfach ins Ausland gehen dürfen. Das ist für Berlin und Brandenburg ein Problem. In Slubice versucht ein Pilotprojekt, den Fachkräftemangel auf beiden Seiten zu lindern.

Zwei politische Lager haben eine Chance

Polen wird aktuell von der nationalkonservativen Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) von Jarosław Kaczyński regiert. Ministerpräsident ist sein Parteikollege Mateusz Morawiecki. Laut aktuellen Umfragen könnte die Partei etwa 33 bis 35 Prozent der Stimmen bekommen und damit keine absolute Mehrheit erreichen.

Die PiS wird voraussichtlich auf die Stimmen der rechten "Konfederacja" angewiesen sein. Die Konfederacja hat in den vergangenen Wochen an Wählerzustimmung verloren und liegt in den Umfragen bei acht Prozent.

Eine Alternative bietet die oppositionelle, liberal-konservative "Bürger-Koalition" (KO) des ehemaligen Ministerpräsidenten und früheren EU-Ratspräsidenten Donald Tusk, die in den Umfragen bei etwa 28 bis 30 Prozent liegt. Sie könnte mit der linken Partei "Lewica" (zehn Prozent) und dem ebenfalls liberal-konservativen "Dritten Weg" (elf Prozent) koalieren.

Den Umfragen zufolge ist es nicht klar, wer Polens künftiger Ministerpräsident wird: Beide Lager könnten eine Mehrheit erreichen. Ob die rechte Konfederacja die PiS-Partei unterstützen würde, ist auch nicht entschieden. Eine Koalition hat sie bereits ausgeschlossen, eine Minderheitsregierung der PiS wäre aber möglich.

Zehntausende dürfen in Berlin und Brandenburg wählen

Wahlberechtigt sind alle polnische Staatsbürger über 18. Allein in Berlin leben mehr als 54.000 Polinnen und Polen. Dazu kommen circa 57.000 Menschen mit polnischen Wurzeln - viele von ihnen haben die doppelte Staatsbürgerschaft und sind damit wahlberechtigt. Rund 28.000 Polinnen und Polen leben in Brandenburg. Die Stimmen der Auslandspolen werden alle zum Warschauer Wahlbezirk 19 hinzugefügt.

Auf dem Pariser Platz in Berlin stehen Wähler an | Quelle: rbb

Worum es bei dieser Wahl geht

Die Opposition kritisierte im Wahlkampf die Wirtschaftspolitik der Regierung. Die Inflation in Polen ist nach wie vor relativ hoch und wird nach Prognosen der EU im Jahr 2023 bei 11,4 Prozent liegen, während das Wirtschaftswachstum mit 0,5 Prozent schwach ausfällt. Zum Vergleich: Demnach wird die Inflation in Deutschland bei 6,4 Prozent liegen, die Wirtschaft um 0,4 Prozentpunkte schrumpfen.

Die PiS fokussierte sich im Wahlkampf auf die nationale Sicherheit und setzte auf persönliche Angriffe gegen Tusk. PiS-Chef Kaczyński nannte Tusk die "Personifizierung des Bösen". Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa konstatierte ein "stark polarisiertes" Wahlumfeld in Polen.

Polen war bisher ein großer Unterstützer der Ukraine im Krieg gegen Russland. Das Nachbarland hat mehr als eine Million Geflüchtete aufgenommen. Während des Wahlkampfs kam es aber zu Spannungen zwischen Polen und der Ukraine um ukrainische Getreideexporte. Die polnische Regierung drohte damit, die Waffenlieferungen an die Ukraine einzuschränken.

Zudem kritisieren sich die Regierung der PiS-Partei und die EU-Komission seit Jahren öffentlich. Dabei geht es unter anderem um eine umstrittene Justizreform in Polen, die von Kritikern als Angriff auf die Rechtsstaatlichkeit und die Demokratie verurteilt wird. Der Europäische Gerichtshof entschied im Juni, dass die Reform aus dem Jahr 2019 gegen EU-Recht verstößt.

Serie: Parlamentswahl in Polen

Sicherheitsbehörden nehmen es an der deutsch-polnischen Grenze sehr genau

Vor der polnischen Parlamentswahl am Sonntag ist das deutsch-polnische Verhältnis Wahlkampf-Thema. Im Fokus steht die illegale Einreise Geflüchteter - und der Vorwurf, Polen winke sie einfach nach Deutschland weiter. Von S. Tzitschke

Was hat die Wahl mit Berlin und Brandenburg zu tun?

Neben den zehntausenden in Berlin und Brandenburg lebenden Polinnen und Polen pendeln laut Angaben der IHK Ostbrandenburg hunderte Menschen täglich zwischen Polen und Deutschland. Sie überqueren die Grenze unter anderem über die A12 sowie die A15 aber auch mit der Regionalbahnlinie RB26.

Brandenburg und das Nachbarland Polen teilen sich zwei Grenzflüsse: Die Oder und die Neiße. In der Vergangenheit gab es immer wieder Spannungen zwischen polnischen und deutschen Behörden über den Oder-Ausbau in Polen. Zudem eskalierte der Streit zwischen beiden Ländern nach dem massenhaften Fischsterben im Sommer 2022 in der Oder.

Und noch etwas teilen sich Polen und Brandenburg: die Doppelstädte Guben-Gubin und Frankfurt (Oder)-Słubice. Beide Orte stehen als lebendige Beispiele für die wirtschaftlichen und sozialen Verflechtungen zwischen beiden Gesellschaften. Vor kurzem äußerten die Bürgermeister von Guben und Gubin ihre Bedenken über die Einführung vor stationären Grenzkontrollen, die den Grenzverkehr beeinträchtigen könnten.

Serie | Parlamentswahl

Preise an polnischen Tankstellen werden im Wahlkampf zum Politikum

Die günstigen Preise in Polen beflügeln den Grenzverkehr. Während auch Deutsche beim Tanken profitieren, sorgen Subventionen für staatliche Tankstellen bei anderen Anbietern für Empörung. Ein weiterer Aufreger sind die hohen Lebensmittelpreise.

Antideutsche Stimmung

Im Wahlkampf waren die Beziehungen zu Deutschland ein großes Thema: PiS-Parteichef Kaczyński warf im Wahlkampf seinem Kontrahenten Tusk vor, er wolle in Polen "die deutsche Ordnung" einführen. Während der Regierungszeit von Tusk habe eigentlich Deutschland in Polen regiert, so Kaczyński weiter. "Die Bürgerkoalition ist keine polnische Partei, sie ist aus Deutschland!", sagte er bei einem Wahlkampfauftritt.

Auch Ministerpräsident Mateusz Morawiecki versucht mit antideutschen Tönen zu punkten. In einem aktuellen Wahlspot sagt er über Donald Tusk: "Der gefärbte Fuchs ist aus Brüssel zurückgekommen, um die Anweisungen von Merkel und Weber auszuführen."

Parlamentswahl am 15. Oktober

Antideutsche Töne im polnischen Wahlkampf

Am 15. Oktober wählt Polen ein neues Parlament. Die Regierungspartei PiS bemüht immer wieder das Bild von den "bösen" Deutschen, um ihre Wählerschaft zu mobilisieren. Ob sie mit dieser Rhetorik Erfolg haben wird, ist ungewiss. Von Agnieszka Hreczuk

Die Lage an der deutsch-polnischen Grenze

Die polnische Regierung macht die Deutschen mitverantwortlich für die hohe Zahl der Geflüchteten, die nach Europa wollen. Seit Monaten häufen sich die Meldungen über Asylsuchende und Migranten, die über Polen nach Brandenburg gelangen. Nicht wenige von ihnen enden in der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt (Oder-Spree). Polen und Deutschland kooperieren beim Grenzschutz und haben vor 15 Jahren das deutsch-polnische Polizeizentrum in Swiecko gegründet.

Inzwischen werden die Forderungen nach stationären Grenzkontrollen lauter: Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) setzt sich dafür ein, solche Kontrollen einzuführen. Laut Stübgen wurden im September 57 illegal Eingereiste pro Tag an die Erstaufnahmeeinrichtung weitergeleitet. Ende September kündigte das Bundesinnenministerium von Nancy Faeser (SPD) an, diese Möglichkeit doch noch zu prüfen.

Ein weiteres Problem: Die Ärztemangel in Berlin und Brandenburg. Im polnischen Wahlkampf fordern alle Parteien, dass polnische Ärzte nicht mehr so einfach ins Ausland gehen dürfen. In Słubice versucht ein Pilotprojekt, den Fachkräftemangel auf beiden Seiten zu lindern.

Im Wahlkampf sind auch die Preise an polnischen Tankstellen zum Politikum geworden: Denn die günstigen Preise in Polen beflügeln den Grenzverkehr. Während auch Deutsche beim Tanken profitieren, sorgen Subventionen für staatliche Tankstellen bei anderen Anbietern für Empörung. Dem staatlichen Ölkonzern Orlen wird vorgeworfen, er würde mit günstigen Benzinpreisen Wahlkampf für die polnische Regierung machen.

Beitrag von Juan F. Álvarez Moreno

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