Gemischtes Zwischenfazit nach zehn Tagen Kontrollen
Seit zehn Tagen gibt es stationäre Grenzkontrollen an der Grenze zu Polen. Immer wieder kommt es deswegen zu Staus - dennoch begrüßen einige Anwohner und Unternehmer die Maßnahme. Die Kontrollen wurden nun um weitere 20 Tage verlängert.
Zehn Tage nach der Einführung von stationären Grenzkontrollen an der Grenze zu Polen zeigen ihre Auswirkungen ein gemischtes Bild. Die Kontrollen verursachen einerseits einige Verkehrstaus und beeinträchtigen den Grenzverkehr, was manche Politiker und die Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisieren. Andererseits äußern Anwohner und auch manche Unternehmer in der Region Verständnis für die Maßnahme.
Die von der Politik angekündigten stationären Kontrollen finden in Frankfurt (Oder) an der Stadtbrücke statt - allerdings nur zeitweise. Dann müssen Fußgänger oder Autos an einem provisorisch aufgebauten Zelt anhalten. Bundespolizisten kontrollieren die Pkw-Insassen. Oft bilden sich dann Staus.
Die Bundespolizei hat bisher keine Zahlen zu den Kontrollen veröffentlicht. Entsprechend ist unklar, wie viele Menschen und Autos bisher kontrolliert wurden.
Seit einer Woche gibt es an der polnischen Grenze stationäre Grenzkontrollen. Der Polizeigewerkschaftler Lars Wendland hält das für einen Fehler. Die Bundespolizei sei bereits über dem Limit - und Brandenburg bekomme dadurch mehr Probleme.
Stübgen kritisiert Befristung der Kontrollen
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte am Mittwoch die Kontrollen um 20 weitere Tage verlängert - mit mindestens einer weiteren Verlängerung wird gerechnet.
Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) hat die weitere Befristung der stationären Kontrollen hart kritisiert: "Ich erwarte von Frau Faeser, dass sie jetzt den langfristigen Weg einschlägt", sagte der CDU-Politiker am Donnerstag dem rbb. Dafür müsste Deutschland nach Artikel 25 des Schengen-Kodex die EU-Komission über die Wiedereinführung der Kontrollen informieren. "Das bedeutet nicht, dass wir Kontrollen machen müssen, sondern dass wir sie bei Bedarf machen können", so Stübgen.
Am Donnerstagnachmittag trafen sich in der Grenzstadt Frankfurt (Oder) Vertreter der GdP, der Industrie- und Handelskammer (IHK), dem Güterverkehrsverband und die grüne Landtagsabgeordnete Sahra Damus, um über die Kontrollen zu sprechen.
Busverspätungen und längere Fahrzeiten für Pendler
Lars Wendland, Vorsitzender der GdP in Berlin und Brandenburg, kritisierte dabei die stationären Kontrollen: "Dass wir einen Schlagbaum runtermachen und sagen: 'Stopp, du kommst hier nicht rein', das funktioniert nicht und das sehen wir auch hier." Er befürworte flexible statt statischer Kontrollen.
Knutz Thiel von der Industrie- und Handelskammer wollte sich zur Sinnhaftigkeit der Grenzkontrollen nicht äußern. Das sei eine Aufgabe des Staates. Trotzdem sieht er bei dem Grenzverkehr wirtschaftsrelevante Probleme. "Sie haben natürlich Auswirkungen auf die Arbeitspendler aus Polen, es kommt zu einer Verlängerung der Arbeitswege. Auch im Wirtschaftsverkehr, wenn Kleintransporter und Lkw kontrolliert werden."
Thiel fordert, die Kontrollen so zu organisieren, dass die Behinderung möglichst überschaubar werden. In der IHK Ostbrandenburg gebe es genug Unternehmer, die Verständnis für die Einführung der Kontrollen hätten. so Thiel weiter.
Vertreter von Politik, Polizei und Wirtschaft an der Frankfurter Stadtbrücke. Bild: rbb | Quelle: rbb
Grenzpendler wie der polnische Fassadenbauer Rafal Misiak müssen jetzt deutlich längere Fahrzeiten einrechnen: "Ich wohne in Słubice und fahre jeden Tag zur Arbeit nach Frankfurt. An diesem Montag musste ich lange im Stau stehen." Die Situation sei inzwischen etwas besser: "Die Kontrolle dauert nicht lange: Sie gucken, ob ich Flüchtlinge im Auto habe, und dann darf ich weiterfahren."
Der Rückstau lasse auch den Busverkehr zwischen Frankfurt und der polnischen Nachbarstadt Słubice nicht außer Acht, sagte Ken Wegener, Sprecher der Frankfurter Städtischen Verkehrsgesellschaft. "Wir hatten am Wochenende erhebliche Verspätung von mehreren Stunden bei unserer Linie 983, dass sogar Busfahrten ausfallen mussten."
Grüne Abgeordnete kritisiert Auswirkungen der Grenzkontrollen
Auch weiter nördlich in der Uckermark bewerten viele Menschen in der Grenzregion die stationären Kontrollen offenbar eher wohlwollend. "Manchmal gibt es Stau und manchmal nicht", sagt eine Frau in Schwedt dem rbb. "Es ist richtig, dass sie es machen", ergänzte ein anderer Schwedter.
Anders sieht es die grüne Politikerin Sahra Damus. "Unser alltägliches Leben in der Grenzregion ist komplett eingeschränkt", sagte die Landtagsabgeordnete am Donnerstag in Frankfurt. Ihr würden viele Beschwerden von Menschen erreichen, die Probleme hätten, zur Arbeit zu kommen, ihre Zugverbindung nicht mehr erreichen oder sogar meiden würden, über die Grenze zu gehen. Die Einführung der Kontrolle sei Symbolpolitik, die an der Zahl der unerlaubten Einreisen wenig ändere.