Wegen Sorge um Steuer-Nachteile
Die kommunalen Dächer in Golzow bieten Tausende Quadratmeter für Photovoltaik-Anlagen. Doch statt auf Solar-Module scheint die Sonne nur auf blanke Ziegel. Bei wirtschaftlicher Nutzung drohen Nachteile in der Gewerbesteuer - bis jetzt. Von Fred Pilarski
Während sich immer mehr Äcker zu Solar-Feldern wandeln, tut sich auf anderen, auch gut geeigneten Flächen in Brandenburg bislang noch wenig. Auf Schuldächern und kommunalen Mehrfamilienhäusern beispielsweise wird nur wenig Strom erzeugt. Der Grund sind oft absurde bürokratische Hemmnisse. So auch in Golzow in Märkisch-Oderland.
Auf der durch die Dokumentar-Reihe "Die Kinder von Golzow" bekannten Schule glänzt ein rotes Ziegel-Dach in der Sonne. Erst vor wenigen Jahren ist das alte Wellasbest-Dach neu gedeckt worden. Finanziert durch Fördermittel des Landes. Die Fläche hat eine Größe von mehr als 1.000 Quadratmeter. Die längste Gebäudeseite zeigt in Richtung Süd-Osten – nahezu perfekt geeignet für eine Photovoltaik-Fläche.
Der Golzower Bürgermeister Frank Schütz (CDU) hätte das Schul-Dach gerne an einen Solaranlagen-Betreiber verpachtet, um etwas für die Gemeindekasse, den Klimaschutz und gegen die hohen Stromkosten zu tun. Doch eine wirtschaftliche Nutzung, wie eben eine Verpachtung, stünde der öffentlichen Förderung entgegen.
Die Gemeinde müsste 215.000 Euro an Landesmitteln zurückzahlen, die sie für die Dach-Sanierung erhalten hatte. "Als kleine Gemeinde können wir uns aber keine eigene Anlage leisten", sagt Schütz. "Damit stehen wir jetzt an dem Punkt: wir haben eine wunderschöne, große Fläche in guter Lage und dürfen sie nicht für eine PV-Anlage nutzen."
Eine ähnliche Anfrage hatte der Bürgermeister schon vor Jahren für die kommunalen Wohnhäuser in Golzow gestellt. Diese werden von der Seelower Wohnungsbau-Gesellschaft (Sewoba) verwaltet. Das Problem: die Stromerzeugung wäre aus steuerrechtlicher Sicht eine wirtschaftliche Nutzung des Gebäudes, die über Wohn-Zwecke hinausgeht.
Damit wäre für das Unternehmen die volle Gewerbesteuer fällig. Die Kosten wären somit höher als der Nutzen. Deshalb sind auch auf Häusern der Gesellschaft in Seelow selbst keine Module verbaut. Neue Gebäude entstehen derzeit ebenfalls mit blanken Dächern. "Gerne wäre es ein Haus mit Solar-Dach geworden", sagt Sewoba-Geschäftsführer Hans Peter Thierfeld. "Aber das Gewerbesteuer-Gesetz hat sich erst vor kurzem geändert und somit stehen wir heute vor einem zukünftigen Neubau ohne Photovoltaik-Anlage."
Immerhin habe die Gesellschaft für die nächsten Jahre ein umfangreiches Modernisierungsprogramm auf den Weg gebracht. Günstiger Mieter-Strom über Solaranlagen soll dazu gehören.
Bürgermeister Schütz erfuhr erst durch die Recherchen des rbb, dass die Regelung im Gewerbesteuer-Gesetz im Jahr 2021 entschärft wurde. Niemand habe ihn nach seinen vergeblichen Anfragen an Landes- und Bundesministerien darauf hingewiesen, sagt er. "Wir haben jetzt die Information bekommen, dass es dort eine Veränderung gab und wir dort weiterarbeiten können. Und das werden wir jetzt tun." Nämlich einen Pächter zu suchen, der auf Golzows kommunalen Wohnhaus-Dächern Solaranlagen betreiben und damit günstigen Mieter-Strom bereitstellen will. Das Schuldach allerdings wird vorerst weiterhin Solarstrom-frei bleiben.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 22.10.2022, 19:30 Uhr
Beitrag von Fred Pilarski
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