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Video: rbb24 | 02.12.2022 | Material: rbb24 Brandenburg Aktuell | Quelle: dpa/Patrick Pleul

Ölversorgung ab Januar

Woidke und polnischer Botschafter begrüßen Erdöl-Abkommen

Deutschland und Polen wollen bei der Ölversorgung enger kooperieren. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke und der polnische Botschafter in Deutschland bewerteten die Absichten positiv, doch wichtige Details bleiben offen.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat die deutsch-polnische Absichtserklärung zu einer engeren Kooperation bei der Ölversorgung begrüßt. Er sei dankbar dafür, "dass beide Regierungen Lösungen zur Belieferung mit Rohöl von Schwedt unterstützen wollen", sagte Woidke in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem polnischen Botschafter am Freitag. Das sei im Interesse beider Länder, da neben Berlin und Brandenburg auch Westpolen mit Treibstoffen aus Schwedt beliefert werde.

"Das war ein großer Schritt vorwärts, aber es war nur ein Schritt. Wir sind noch nicht am Ziel. Das Ganze muss jetzt untersetzt werden mit Lieferverträgen, die am Ende Unternehmen zu schließen haben", so Woidke weiter. Durch die Vereinbarung sei nun der Weg frei, um diese Details zu regeln. "Ich persönlich bin optimistisch, nach dem, was ich weiß, dass es gelingen kann, Schwedt ab dem 1. Januar sicher zu versorgen", sagte der Ministerpräsident.

Über nähere Einzelheiten wollte Woidke sich nicht äußern. Eine gewisse Vertraulichkeit sei bei den Verhandlungen notwendig, so der Ministerpräsident. Am 19. Dezember werde sich die nächste Sitzung der Task Force der Landesregierung treffen. Dort könnten weitere Details bekannt werden, sagte Woidke.

Raffinerien in Schwedt und Leuna

Deutschland und Polen schließen Abkommen zur Erdöl-Versorgung

Nicht nur bei PCK in Schwedt ist es unklar, wie es ohne russisches Öl weitergeht. Auch in Leuna und in Polen gibt es Sorgen um die Zukunft der Raffinerien. Deutschland und Polen haben nun vereinbart, bei der Öl-Versorgung stärker zu kooperieren.

Polnische Unternehmen wollen in die Raffinerie einsteigen

Der polnische Botschafter in Deutschland, Dariusz Pawłoś, bewertete die Vereinbarung auch positiv. Dadurch bekomme die deutsch-polnische Zusammenarbeit "einen neuen Impuls", sagte Pawłoś. Auch deswegen sei Brandenburg das erste Bundesland, das er in seiner neuen Funktion als Boschafter besucht habe.

Der Botschafter bekräftigte das Interesse polnischer Unternehmen, in die PCK-Raffinerie einzusteigen: "Natürlich haben wir ein großes Interesse, dass polnische Unternehmen aktiv in diesem Bereich agieren, absolut."

Bei der Vereinbarung geht es nämlich auch um polnische Wirtschaftsinteressen: Laut polnischen Medienberichten hat der polnische Energieriese PKN Orlen die Raffinerie nahe der deutsch-polnischen Grenze ins Visier genommen. Die deutsch-polnische Vereinbarung könnte diesen Weg ebnen, sagte Lars Gutheil, Chef der deutsch-polnischen Industrie- und Handelskammer, dem rbb. Doch davor müsse Rosneft seine Anteile – nun unter Treuhandverwaltung des Bundes – aufgeben. Erst dann könnten "entsprechende Anteile von PCK Orlen übernommen werden".

Ölraffinerie in Schwedt

Weg frei für Förderung des PCK-Umbaus

Der Bundeshaushalt für das kommende Jahr ist beschlossen. Damit wurde auch bestätigt, dass hunderte Millionen in die Uckermark fließen sollen. Mit dem Geld soll auch der Umbau der PCK-Raffinerie in Schwedt gefördert werden.

Polnische Medien: Rosneft soll aus Schwedt "verschwinden"

In Polen bekommt die Verständigung zur Belieferung von PCK Schwedt viel Zuspruch. Das Land ist ein großer Verfechter der Sanktionen gegen Russland. Im Nachbarland werde aber erwartet, dass der russische Anteilhaber Rosneft aus der Raffinerie in Schwedt ganz aussteigt, wie der polnischen Wirtschaftspublizist Cezary Kowanda dem rbb sagte. Rosneft hält gut 54 Prozent der Anteile. Im September stellte die Bundesregierung die Raffinerie unter Treuhandverwaltung.

"Polen macht auch Lieferungen davon abhängig, ob die Frage über Rosneft für allemal geklärt wird. Rosneft verwaltet die Raffinerie zwar nicht, aber bleibt Miteigentümer", so Kowanda. Das Nachbarland wolle helfen und gegebenenfalls die Raffinerie über Danzig beliefern. Man erwarte aber, dass "Rosneft so schnell wie möglich sozusagen verschwindet – also enteignet wird", sagte Kowanda.

PCK-Raffinerie ist auf spezielle russische Rohölsorte zugeschnitten

Auch in Schwedt wird die Vereinbarung begrüßt. Es sei wichtig gewesen, erstmal den Weiterbetrieb der PCK-Raffinerie sicherzustellen, bevor man über Transformationsprozesse spricht, sagte Constanze Fischer vom Bürgerbündnis Zukunft Schwedt dem rbb. "Da war immer die alleinige Versorgung über die Stand-by-Pipeline aus Rostock eine ganz kritische Geschichte", so Fischer.

In Schwedt endet die Erdölpipeline Druschba aus Russland. Die PCK-Raffinerie ist auf eine spezielle russische Rohölsorte zugeschnitten. Für eine effiziente Nutzung muss diese Sorte oder ein Rohöl mit sehr ähnlichen Eigenschaften Teil der Ölmischung sein. 95 Prozent der in Berlin und Brandenburg verbrauchten Kraftstoffe wie etwa Heizöl oder Benzin stammen von dort. Neun von zehn Fahrzeugen in Berlin und Brandenburg tanken Kraftstoffe der Schwedter Firma.

11 Millionen Tonnen Rohölkapazität

Am 5. Dezember tritt ein von der Europäischen Union beschlossenes Öl-Embargo gegen Russland in Kraft. Von da an darf kein Öl mehr über den Seeweg in die EU importiert werden. Die Bundesregierung hat zudem beschlossen, ab dem neuen Jahr auch auf russische Öl-Lieferungen über Pipelines zu verzichten.

In Deutschland kam bis Ende Mai etwa ein Drittel des beschafften Rohöls aus Russland. Laut mehreren Medienberichten sanken diese Rohölimporte bis Oktober auf etwa 16 Prozent [handelsblatt.de].

Das PCK hat eine Rohölkapazität von 11 Millionen Tonnen pro Jahr – 11 Prozent der Kapazitäten in Deutschland. Sie verarbeitet – je nach Quelle – 15 bis 17 Prozent des Benzins und 13 bis 14 Prozent des Diesels, die in Deutschland hergestellt werden, hieß es in einem Zwischenbericht des Bundeskartellamtes [bundeskartellamt.de]. In der Bundesrepublik gibt es zehn weitere Ölraffinerien.

Mit Material von Magdalena Dercz und Juan F. Álvarez Moreno

Beitrag von Juan F. Álvarez Moreno

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