Dieseltechnik soll fast ganz verschwinden
Ab Ende 2024 will die Niederbarnimer Eisenbahn fast ausschließlich mit Batterie- und Wasserstoffzügen ihre Strecken in Ostbrandenburg bedienen. Ab dann sollen fast alle Dieselzüge von den NEB-Strecken verschwinden. Von Georg-Stefan Russew
Die Niederbarnimer Eisenbahn (NEB) hat jetzt einen konkreten Zeitrahmen veröffentlicht, wann sie auf ihrem Schienennetz in Ostbrandenburg sowie auf der Linie der Heidekrautbahn weitestgehend Diesel-frei unterwegs sein will. Ab Dezember 2024 sollen nagelneue Batterie- (Mireo Plus B) [siemens.com] und Wasserstoff- (Mireo Plus H) [siemens.com] betriebene Züge im Regelbetrieb eingesetzt werden.
Entsprechende Zusagen des Hersteller Siemens haben zu dieser Prognose von NEB-Chef Detlef Bröcker geführt. Noch am Dienstag bestätigte Elmar Zeiler, Chef der Siemens Regionalzug-Sparte, dass die von der NEB bestellten, 31 Batterie- und sieben Wasserstoff-betriebenen Züge pünktlich im Herbst 2024 ausgeliefert werden sollen.
"Mit dem Einsatz dieser Fahrzeuge werden zum ersten Mal in Brandenburg und Berlin Batterie- und Wasserstoff-angetriebene Hybridtriebwagenzüge zum Einsatz kommen. Wir können davon ausgehen, dass wir so die Kohlendioxid-Emission pro Jahr um über 14,5 Millionen Tonnen Kilogramm reduzieren und etwa 5,5 Millionen Tonnen Diesel einsparen", sagte Bröcker.
Die batteriebetrieben Züge sollen dann ausschließlich in Ostbrandenburg verkehren. "Diese 31 Fahrzeuge sind für teilelektrifizierte Strecken konzipiert. Die Züge beziehen ihre Antriebsenergie in oberleitungslosen Strecken aus zwei Batterien und werden per Fahrdraht oder speziellen Ladestationen sehr schnell wieder aufgeladen", so der NEB-Chef. Hierfür sollen solche Stationen in Wriezen, Templin, Werneuchen und Beeskow entstehen.
Laut Zeiler schaffen die Züge im Batteriemodus rund 120 Kilometer. Während es vor allem in Berlinnähe Oberleitungen gebe, sei dies draußen weniger der Fall. Daher müssten die Ladestationen an den Endpunkten entstehen, um sicher die Strecken so bedienen zu können, hieß es. Im Schnellladebetrieb könnten die Akkus in rund 30 Minuten voll aufgeladen sein. Nachts sollen die Züge per Erhaltungsladung fahrbereit gemacht werden, ergänzte Böcker.
"Mireo Plus B und Mireo Plus H vereinen Innovation und Nachhaltigkeit, wo eine Elektrifizierung der Strecke mit Oberleitung nicht möglich oder wirtschaftlich ist. Nur mit einer starken Schiene und alternativen Antriebsarten wird es uns gelingen, einen wesentlichen Beitrag gegen den Klimawandel zu leisten", so Zeiler weiter.
Die Wasserstoff-betriebenen Züge verfügen über einen Brennstoffzellen-Antrieb. Die sieben bei Siemens georderten Züge sollen auf der RB27, der Heidekrautbahn, eingesetzt werden.
Der "Mireo Plus H" hat nach Herstellerangaben pro Zugtankfüllung eine Reichweite von bis zu zu 1.000 Kilometer. Der Wasserstoff wird komprimiert in Tanks mitgeführt, die auf dem Zugdach montiert sind. Problemlos könne der Wasserstoff wie Diesel per Schlauch nachgetankt werden. In etwa 15 Minuten seien die Tanks wieder gefüllt.
Extra hierfür wird laut NEB-Chef in einem Verbundprojekt durch die Kreiswerke Barnim eine Tankstelle gebaut. Der "grüne" Wasserstoff hierfür wird mittels Elektrolyse aus regional erzeugter, erneuerbarer Wind- und Sonnenenergie gewonnen und in einem Hybridwerk der Enertrag in Oberhavel produziert, so Bröcker. Wie es hieß, soll durch die Umstellung von Diesel auf Wasserstoff auf der Strecke der Heidekrautbahn rund drei Millionen Kilogramm Kohlendioxid eingespart werden.
Dem Verkehrsverbund Berlin Brandenburg kommt dieses Projekt zu Pass, denn er will den Öffentlichen Personennahverkehr bis 2037 CO2-frei in der Region organisieren. Hierfür spiele die Niederbarnimer Eisenbahn jetzt eine entscheidende Rolle, so der zuständige VBB-Bereichsleiter Thomas Dill. Man habe mit der NEB einen entsprechenden Forschungsvertrag geschlossen. Es gehe darum, "komplette Insellösungen" unter die Lupe zu nehmen. Zwar sei es Ziel des VBB, eine möglichst flächendeckende Elektrifizierung der Schienenstränge hinzubekommen. Da, wo dies nicht gehe, seien diese alternativen Antriebe hochinteressant, um CO2-neutral zu werden.
"Das sei absolutes Neuland", sagte Dill. Die Länder Berlin und Brandenburg hätten sich auf eine "Dekarbonisierungstrategie" bis 2037 CO2-frei unterwegs zu sein. Das mit der NEB sei "ein erster großer Schritt. Das sind erhebliche Dieselstrecken, die heute noch von Dieselwagen befahren werden und da beginnt Ende 2024 eine neue Zeitrechnung", unterstrich Dill.
Um dies auch optisch zu unterstreichen, ändert die NEB ihr Erscheinungbild - die Lackierung ihrer Züge. Von jetzt symetrisch angeordneten blau-weißen Streifen geht man jetzt zu Farbflächen über, erklärte Bröcker. Die Führerstände der Lokführer würden demnach komplett in blau getaucht. In der Mitte seien die Züge in weiß gestaltet. Um die Türen besser zu erkennen, würden diese in gelb getaucht. So wolle man dann symbolisch signailsieren, dass man rund um die Uhr - also Tag und Nacht - nachhaltig unterwegs sei, so der NEB-Chef.
Beitrag von Georg-Stefan Russew
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