Vereinbarung bei Staatsbesuch
Seit Monaten sind zusätzliche Lieferungen von Rohöl aus Kasachstan an die Raffinerie in Schwedt im Gespräch. Am Rande eines Besuches des Bundespräsidenten in dem zentralasiatischen Land ist nun eine Vereinbarung bekanntgegeben worden.
Die Raffinerie PCK im uckermärkischen Schwedt soll bis Ende 2024 jeden Monat 100.000 Tonnen Rohöl aus Kasachstan geliefert bekommen. Eine entsprechende Vereinbarung zwischen der deutschen und der kasachischen Seite wurde am Dienstag am Rande des Staatsbesuchs von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in dem zentralasiatischen Staat getroffen. Mit der langfristigen Lieferung wird sich die Auslastung der Raffinerie den Angaben zufolge um etwa zehn Prozentpunkte erhöhen.
Steinmeier begrüßte in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem kasachischen Präsidenten Kassym-Schomart Tokajew die zusätzlichen Lieferungen. Das sichere die Zukunft des Standortes Schwedt und damit auch der Treibstoffversorgung in Ostdeutschland. "Das ist eine gute Nachricht für Schwedt und eine gute Nachricht für die Energiesicherheit in Deutschland."
Die Raffinerie PCK versorgt Berlin und große Teile des Nordostens Deutschlands mit Treibstoff. Bis Ende 2022 verarbeitete sie hauptsächlich Rohöl aus Russland. Im Zuge der Sanktionen gegen Russland wegen des Angriffskriegs gegen die Ukraine beschloss die Bundesregierung, auf russisches Öl zu verzichten. Seitdem werden andere Bezugsquellen und neue Lieferwege gesucht. Schon in den vergangenen Monaten war Kasachstan mehrfach mit Lieferungen eingesprungen.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) reagierte erfreut auf die Vereinbarung. "Das wird unsere PCK in Schwedt deutlich stabilisieren. Das gibt auch den Menschen in der Region Sicherheit", sagte er. Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD), der in Kasachstan dabei war, äußerte bei Twitter [twitter.de], es sei der erste längerfristige Liefervertrag für die Raffinerie in der Uckermark.
Der brandenburgische Bundestagsabgeordnete der Linksfraktion, Christian Görke, bezeichnete die Vereinbarung als "Meilenstein". Das kasachische Öl sorge nicht nur für eine höhere Auslastung, sondern auch für den technisch reibungslosen Ablauf und die Produktion von Bitumen. Görke forderte nun auch Gespräche über einen kasachischen Einstieg in die PCK. "Kasachstan wäre als Öl-Förderland und mit den großen Ambitionen beim Thema Wasserstoff der ideale Partner für eine strategische Zusammenarbeit bei der anstehenden Transformation."
Schwedts Bürgermeisterin Annekathrin Hoppe (SPD) teilte dem rbb in einer ersten Stellungnahme mit, sie begrüße den Vertragsabschluss. "Das wäre ein wichtiger Baustein, um eine stabile Rohölversorgung der PCK Raffinerie bis Ende 2024 sicherzustellen.
Zugleich wäre es ein wichtiges Zeichen für die Sicherung des Wirtschaftsstandortes Schwedt."
Auch Michael Kellner (Grüne), Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium bestätigte den Deal mit Kasachstan am Dienstag. Das jetzige Abkommen gehe weit über die bisherigen Vereinbarungen hinaus. Denn bisher wurde monatlich und damit jedes Mal neu über die Lieferungen aus Kasachstan verhandelt. Nun gebe es längerfristige Klarheit. "Heute ist ein guter Tag für die Versorgungssicherheit und der Stabilisierung des jetzigen Geschäftsfeldes", sagte Kellner dem rbb. "Es bleibt aber Aufgabe, die grüne Transformation noch weiter voranzubringen." Zwar werde zunächst weiterhin Rohöl verarbeitet. Kellner verwies aber darauf, dass für die Transformation in Schwedt weiter an Geschäftsfeldern, wie der Produktion von grünem Wasserstoff und synthetischer Treibstoffe, gearbeitet werden müsse. "Beides muss an dem Standort passieren. In beidem haben wir in diesem Jahr große Bewegungen gesehen."
Über die Lieferungen aus Kasachstan hinaus soll auch weiterhin Öl über die Häfen in Rostock und Danzig nach Schwedt kommen, so der Staatssekretär.
Kasachstan besitzt große Vorkommen an Öl und Gas sowie an Rohstoffen wie Seltenen Erden. Es gilt nicht zuletzt wegen der Weite des Landes auch als guter Standort für Windkraft- und Solaranlagen. Kasachstan ist von der Fläche her fast acht Mal so groß wie Deutschland, zählt aber mit gut 19 Millionen Menschen nicht einmal ein Viertel der Einwohner. Die gemeinsame Grenze mit Russland ist rund 7.600 Kilometer lang, die mit China fast 1.800 Kilometer. Das Land wird autoritär regiert. Internationale Beobachter sehen Mängel bei der Presse-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit.
Der zentralasiatische Staat steht auch im Verdacht, die gegen Russland wegen des Ukraine-Krieges verhängten EU-Sanktionen zu umgehen. Das war ein Thema beim Besuch Steinmeiers. Der Bundespräsident sagte anschließend: "Wir müssen alle Anstrengungen unternehmen, um die Aushebelung der Sanktionen zu verhindern." Der kasachische Präsident Tokajew versicherte: "Wir halten uns an die Sanktionen."
Artikel im mobilen Angebot lesen