Wasserverband Strausberg-Erkner
Brandenburg hat ein Trinkwasserproblem. Durch fehlende Niederschläge bildet sich weniger Grundwasser neu. Durch die Tesla-Ansiedlung in Ostbrandenburg gibt es noch weniger zu verteilen. Zahlreiche Gemeinden gehen deshalb auf die Barrikaden.
Am Mittwoch entscheidet die Verbandsversammlung des Wasserverbands Strausberg-Erkner (WSE) über die Abwahl von Verbandsvorsteher André Bähler und seines Stellvertreters Gerd Windisch. Sieben Verbandsgemeinden hatten dies zuvor beantragt. Ob die Antragsteller den Rauswurf der Verbandsspitze durchsetzen können, scheint einen Tag vor der Entscheidung völlig ungewiss.
Zur Zeit sieht es so aus, dass nicht einmal alle Bürgermeister, die für eine Abwahl der Verbandsspitze waren, die Rückendeckung ihrer Gemeindevertretungen bekommen. So stehen in Schöneiche und Grünheide (Oder-Spree) noch am Dienstagabend Anträge mehrerer Fraktionen zur Abstimmung. Mit denen sollen die Bürgermeister Ralf Steinbrück (SPD) und Arne Christiani angewiesen werden, nicht für die Abwahl zu stimmen.
Der neue Bürgermeister von Altlandsberg, Michael Töpfer, bekennt sich zumindest nicht mehr öffentlich zum Abwahlantrag, den sein Vorgänger Arno Jaeschke noch unterschrieben hatte. Der Fredersdorf-Vogelsdorfer Bürgermeister Thomas Krieger ist von seinem Gemeindeparlament mittlerweile überstimmt worden und darf nicht für die Abwahl der WSE-Spitze votieren.
Neuenhagen und Strausberg sind hingegen für die Abwahl. Jede Gemeinde, die sich weiterentwickeln wolle, habe Handlungsbedarf, wenn der Wasserverband seiner Aufgabe zur Versorgung nicht mehr nachkomme, erklärt Neuenhanges Bürgermeister Ansgar Scharnke (parteilos). Die Bereitstellung von Schulen, Kitas, Seniorenwohnen oder auch Gewerbegebieten seien Teil der Daseinsvorsorge. In Neuenhagen ist auch die Ansiedlung eines Rechenzentrums geplant. Auch dafür wird Wasser benötigt.
Grundlegend sei das Vertrauen zerstört, sagt Scharnke. Das Verhältnis zwischen der Verbandsführung und den Bürgermeistern sowie den übergeordneten Behörden sei seit geraumer Zeit belastet und unter anderem durch mehrere Gerichtsverfahren und "lancierten Presseartikeln" nicht mehr von Kooperation, sondern von Konfrontation gekennzeichnet.
Der Wasserverband Strausberg-Erkner (WSE) versorgt den US-Elektroautobauer Tesla durch einen Vertrag jährlich mit 1,8 Millionen Kubikmeter Wasser. Das ist etwa ein Fünftel der aktuellen Trinkwasserförderung des WSE. Nach Unternehmensangaben benötigt der US-Auto-Elektrobauer für die beantragte Erweiterung des Werks durch Wiederaufbereitung kein zusätzliches Wasser. Der WSE warnt trotzdem schon länger vor einem stufenweisen Ausbau des Werkes, denn er kommt nach eigenen Angaben bei der Versorgung an seine Grenzen. Anstehende kommunale Projekte wie geplante Schulen oder Kitas, aber auch Industrievorhaben können derzeit nicht mit Trinkwasser versorgt werden. Das sorgt für massive Kritik bei den Verbandsgemeinden, die die weitere Entwicklung mit Sorge sehen.
Doch wie lässt sich die Versorgung der Menschen und die von Industrie und Gewerbe künftig vereinbaren, wenn die Ressource Wasser in Brandenburg so knapp ist? Jedenfalls nicht mit einer Abwahl der WSE-Spitze, findet Linke-Fraktionschef Sebastian Walter. Für ihn ist die Landesregierung in der Verantwortung. Sie lasse die Kommunen mit dieser Situation alleine. "Es müssen dringend Abstimmungsprozesse zwischen den Kommunen und den Wasserverbänden initiiert werden, bei denen das Land eine Steuerungsfunktion einnimmt", fordert er.
Die Wassersituation im Verbandsgebiet von Tesla sei schon vor der Ansiedlung sehr schwierig gewesen, sagt Walter. WSE-Chef Bähler habe frühzeitig davor gewarnt, einen Betrieb in dieser Größenordnung dort anzusiedeln, denn das Grundwasser gehe in dem Verbandsgebiet jährlich zurück. "Es ist falsch, jemanden aus dem Amt zu drängen, weil er immer wieder darauf hingewiesen hat, wo Problemlagen sind und wo dringend gehandelt werden muss", so Walter.
"Die Bürgermeister der Gemeinden des WSE-Verbandsgebietes lenken von der eigenen Fehlentscheidung, 1,8 Millionen Kubikmeter an Tesla zu liefern, ab", kritisiert Landesgeschäftsführer Michael Ganschow von der Grünen Liga. Gemeindliche Verantwortung für die Daseinsvorsorge Trinkwasserversorgung hieße, die Verteilung neu zu denken, sich aus der "landespolitischen Umklammerung zu befreien" und sich kommunalpolitisch zu emanzipieren. Die Abwahl eines Verbandsvorstehers löse das Absinken der Grundwasserspiegel nicht.
Die 120 WSE-Beschäftigten stehen unterdessen demonstrativ hinter ihrer Führung. Sie lehnen die Abwahl ab. Zur Sicherstellung der Trinkwasserversorgung von 170.000 Menschen im Verbandsgebiet sei der nachhaltige Umgang mit den Trinkwasserspeichern unerlässlich, heißt es in einer Petition. "Eine politische Einflussnahme auf Versorgungszusagen und Fördermengen halten wir für schädlich."
Sendung: Antenne Brandenburg, 26.09.2023, 9 Uhr
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