Werkausbau in Grünheide
1.070 Einwendungen gegen die Erweiterungspläne von Tesla wurden eingereicht, aber nur 20 Personen kamen am Montag zum Erörterungstermin. Das lag wohl auch daran, dass Umweltverbände die Veranstaltung aus Protest boykottierten. Von Martin Krauß
Es sollte die Stunde der Kritiker sein. Doch zum sogenannten Erörterungstermin für die Erweiterungspläne von Tesla in Grünheide blieb die Anzahl am Montag überschaubar. Nur rund 20 Personen kamen in die Stadthalle von Erkner (Oder-Spree), um die von ihnen eingebrachten Einwendungen – also etwa Fragen, Kritik oder Anregungen – mit Vertretern des US-Elektroautobauers und den Fachbehörden wie dem Landesamt für Umwelt (LfU) oder dem Landkreis Oder-Spree zu diskutieren. Dabei waren mit rund 1.070 Einwendungen deutlich mehr eingereicht worden als zum ursprünglichen Genehmigungsantrag für das bestehende Werk.
Die geringe Teilnahme dürfte auch am Boykott der Brandenburger Umweltverbände Nabu und Grüne Liga liegen. Letztere hatte noch in der Nacht zum Montag ihre Teilnahme abgesagt und eine offizielle Rüge an das LfU eingereicht. Der Verband kritisiert, dass wesentliche Inhalte der bis Mitte August ausgelegten Unterlagen ohne ausreichende Begründung geschwärzt wurden. Zudem – und das wiege schwerer - seien die Antragsunterlagen nach der Offenlegung im Juli und August mittlerweile zweimal geändert worden. Diese Änderungen lägen aber nur den Trägern öffentlicher Belange wie zum Beispiel dem Wasserverband Strausberg-Erkner (WSE) vor, sagt Geschäftsführer Michael Ganschow.
"Die Grüne Liga Brandenburg wird sich nicht vor Prüfung der aktuellen Antragsunterlagen auf eine Erörterung von veralteten Eintragsunterlagen einlassen", so Ganschow. Dazu seien auch die geschwärzten Passagen einzusehen. Auch der WSE hatte deshalb eine Teilnahme abgesagt.
Die Kritik teilt auch der Verein für Natur und Landschaft Brandenburg. In einer Erklärung zu Beginn des Erörterungstermins gab Manu Hoyer für den Verein zu Protokoll: "Wir wissen nicht, welche Antragsunterlagen nun gültig sind." Ihr Verein und die Umweltverbände forderten daher einen sofortigen Abbruch und einen Neustart der Öffentlichkeitsbeteiligung.
Und tatsächlich seien die Antragsunterlagen geändert worden, erklärte Dr. André Zschiegner, der den Erörterungstermin als Mitarbeiter des LfU leitet. "Das ist Fakt", so Zschiegner. Dies sei jedoch zulässig und üblich. Zudem seien die vorgenommen Änderungen nur minimal und würden den Umfang des Antrages nicht verändern, wie auch Tesla dem rbb bestätigte. Die Behörden und Tesla müssten auch während des Verfahrens der Öffentlichkeitsbeteiligung, zu dem auch der Erörterungstermin gehört, weiterarbeiten können, da die Zeit für die Bearbeitung solcher Anträge begrenzt sei, erklärte Zschiegner zum Verfahren.
"Ich hätte mir eine Teilnahme der Umweltverbände gewünscht", sagte Zschiegner zu Beginn der Erörterung, der noch zuvor die Vertreter von Nabu und Grüne Liga von einer Teilnahme überzeugen wollte. Immerhin sei die Anzahl von über 1.000 Einwendungen ein Zeichen dafür, dass viele sich von den Ausbauplänen betroffen fühlten. Und darum gehe es in der Öffentlichkeitsbeteiligung.
Diese habe den Zweck, zusätzliche Bedenken bis zur Genehmigung aufzunehmen und in den Prozess einzubinden, betonte der LfU-Vertreter. Insbesondere Anwohner würden dabei als "zusätzliche Fachbehörde" mit den besten Vorort-Kenntnissen fungieren. Mögliche Fehler in den Antragsunterlagen könnten dadurch korrigiert werden.
Die veröffentlichten Unterlagen sollen eine Anstoßfunktion erfüllen, wie Zschiegner am ersten Erörterungstag mehrfach betonen musste. Das Vorhaben müsse als Ganzes für den Bürger ersichtlich werden, ohne dabei bereits Anspruch auf Vollständigkeit zu haben. Gemeinsam mit Einwendern, Fachbehörden und Tesla selbst werde das Vorhaben konkretisiert und angepasst.
Aus diesem Grund hat der US-Elektroautobauer daher zunächst das Vorhaben noch einmal vorgestellt. Die Änderung habe zum Ziel, die Produktion auf eine Millionen E-Autos zu erhöhen. Auch die Batteriezellenproduktion soll deutlich erhöht werden. Dafür sollen die bestehenden Anlagen zunächst modernisiert werden. Das solle bis zum ersten Quartal 2024 erfolgen, so Tesla. Erst anschließend sollen neue Gebäude im nördlichen und nordöstlichen Teil des Geländes entstehen.
Im Anschluss wurde daraufhin mit dem Vortragen der eigentlichen Einwendungen begonnen. Diese sind von Seiten des LfU in thematische Abschnitte aufgeteilt worden.
Im ersten Abschnitt wurden Einwendungen zum Verfahrensrecht diskutiert. Kritisiert wurde unter anderem der Zeitpunkt der Offenlegung in den Sommerferien und der Start des Erörterungstermins am ersten Tag der Herbstferien. Noch nie hätte es eine vollständige Zustimmung zu den Terminen der Öffentlichkeitsbeteiligung gegeben, so Zschiegner.
Auch das Thema Wasser wurde am ersten Erörterungstag ausgiebig diskutiert. Von der Grundwasserneubildung über die beantragten Pfahlgründungen bis hin zu Wasserverbrauch und Trinkwasserschutz wurden dabei unterschiedliche Einwendungen aufgerufen.
Kritisiert wurde unter anderem, dass Tesla zu wenige Gutachten und Daten zu den Auswirkungen seines Vorhabens auf das Wasser bereitgestellt habe. Insbesondere weil das Werk in Teilen in einem Trinkwasserschutzgebiet liegt. Die Datenlagen bewerten aber weder das Unternehmen selbst, noch die Fachbehörden als problematisch. Vielmehr hätten die Anträge verlässliche Aussagen zugelassen, die keine negativen Auswirkungen auf beispielsweise Trinkwasserförderung in der Region vermuten lassen.
Immer wieder wurden auch Punkte angesprochen, die nicht Teil der Antragsunterlagen waren, wie zum Beispiel die angespannte Wasserversorgung in der Region. Dennoch äußerten sich die Tesla-Vertreter dazu. Das Unternehmen verstehe die Sorge und versuche alles, um die Schutzmaßnahmen zu verbessern und den eigenen Wasserverbrauch zu verringern. Beispiel dafür sei die beantragte Wasseraufbereitungsanlage, die den Ausbau ohne zusätzliches Wasser ermöglichen soll.
Das Thema Wasser wird auch am Dienstag weiter diskutiert werden müssen. Dann stehen noch einmal Einwendungen zum Abwasser auf der Tagesordnung. Wie viele Tage für die Erörterung noch gebraucht werden, war am Montagabend noch nicht abzusehen. Pünktlich um 18 Uhr schloss André Zschiegner den ersten Tag der Erörterung. Am Dienstag soll es wieder um 10 Uhr weitergehen.
Sendung: rbb24 Inforadio, 23.10.2023, 20:30 Uhr
Beitrag von Martin Krauß
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