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Quelle: dpa/Franziska Gabbert

Betrug beim Online-Shopping

Prüfsiegel ist nicht gleich Sicherheit

64 Milliarden Euro gaben die Deutschen 2019 beim Online-Shopping aus - und 23 Prozent der Befragten gaben an, dabei schon einmal betrogen worden zu sein. Die Verbraucherzentrale warnt: Es reicht nicht, nur auf Prüfsiegel zu achten. Von Jasper Ahrens

Der 54-jährige Christian aus Hennigsdorf erhielt beim Kauf eines Marken-Sweatshirts eine billige Fälschung. Als er sein Geld zurückverlangen wollte, sei der Shop allerdings "von der Bildfläche verschwunden" gewesen, erklärt er. Ein Siegel hatte der Anbieter, daran erinnert sich der Projektmanager noch genau. Aber ob es echt war, das weiß er nicht. Für Verbraucherschützer ist das ein ganz typischer Fall. Im vergangenen Jahr lag der Schaden durch Online-Betrug bei über 1,3 Milliarden Euro, Tendenz steigend.

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Viele Käufer vertrauen auf Siegel

Prüfsiegel  sollen dem  Käufer Sicherheit verschaffen. Bei der Vielzahl der verschiedenen Gütesiegel ist es für Verbraucher allerdings schwer, den Überblick zu behalten. Josephine Frindte, Rechtsexpertin bei der Verbraucherzentrale Berlin, warnt dementsprechend davor, den Siegeln blindlings zu vertrauen: "Nicht jedes Siegel bedeutet gleichzeitig, dass man Sicherheit beim Einkaufen hat. Man sollte immer schauen: Was verspricht dieses Siegel überhaupt?"

Untersuchungen zeigen, dass besonders bei unbekannten Online-Shops die Siegel für zwei Drittel der Käufer eine große Rolle spielen. Denn Gütesiegel wirken vertrauensfördernd. "Trusted Shops" etwa ist mit 30.000 zertifizierten Online-Händlern der Marktführer unter den Gütesiegel-Betreibern.

Bei Nichterfüllung droht Entzug

Thomas Zieba ist Rechtsberater bei "Trusted Shops". Er erklärt, wie Händler ein solches Siegel erwerben können: "Ein Siegel führen darf jeder. Wichtig ist, dass die Person hinter dem Siegel auch dafür einsteht. Und ein einmal erhaltenes Gütesiegel heißt nicht, dass die Prüfung aufhört. Wir kontrollieren ständig, ob das Siegel tatsächlich noch geführt werden kann und wir dahinterstehen." Sollten sich die Voraussetzungen für das Siegel ändern oder von den Shop-Betreibern nicht mehr erfüllt werden, würde das Siegel entzogen, so Zieba.

Laut dem Siegel-Experten lässt sich online leicht erkennen, was das "Trusted-Shops"-Siegel über den jeweiligen Onlineshop aussagt: Durch einen Klick auf das Gütesiegel öffnet sich ein Pop-Up. Hier kann der Käufer sehen, dass der Shop zertifiziert ist. Außerdem kann man sehen, seit wann der Shop zertifiziert ist und ob ein Käuferschutz besteht. "Ganz wichtig ist, dass die URL-Adresse bei 'Trusted Shops' mit der bei dem Shop angegebenen übereinstimmt," erläutert Zieba die Sicherheitsmechanismen.

Siegel im Test

Simone Vintz ist Projektleiterin bei Stiftung Warentest. Sie und ihr Team haben die vier gängigsten Siegel getestet. Dazu haben sie fingierte Online-Shops prepariert: "Wir haben einmal Fehler in den allgemeinen Geschäftsbedingungen eingebaut, wir haben Fehler in den Datenschutzerklärungen eingebaut und wir haben noch fünf Sicherheitsmängel in der Technik selber eingebaut."

Viele Verbraucher würden denken, bei der Vergabe eines Gütesiegel würde gleichzeitig die Güte der Waren in den Shops geprüft, dies sei aber nicht der Fall, warnt Vintz. Ein Gütesiegel prüfe nur das Prozedere, nicht andere Kriterien der Shops.

Das Ergebnis des Tests: Die Aussagekraft der Siegel von TÜV Süd und "Trusted Shops" wurden mit "mittel" eingestuft.  Das Internetsiegel "Sicher und Seriös" hat laut Stiftung Warentest nur eine geringe Aussagekraft für den Verbraucher und das Siegel "Geprüfter Webshop" fiel beim Test negativ auf, weil das Siegel vergeben wurde, ohne dass die gefundenen Sicherheitsmängel beseitigt wurden. Absolute Sicherheit kann also keines der Siegel dem Verbraucher garantieren.

Verbraucher können fünf Sicherheitsmerkmale prüfen

Auch Christian, der Käufer aus Henningsdorf, wird in Zukunft kritischer auf die Online-Siegel schauen: "Es ist nicht mehr so, dass ich es als glaubwürdig empfinde, nur weil ein Shop ein Siegel trägt." Aber wenn die Gütesiegel nur bedingt als Sicherheitsindikator brauchbar sind, wie kann sich  der Verbraucher zusätzlich schützen, um wirklich sicher online einzukaufen?

Für Verbraucherschützerin Frindte gibt es fünf Sicherheitsmerkmale, die beim Online-Kauf helfen: "Der erste Schritt ist, zu schauen: Gibt es überhaupt ein Impressum?" Wenn es kein Impressum gibt, "sofort die Finger davonlassen", so Frindte.

Als nächstes müsse gecheckt werden, ob das Gütesiegel, das auf der Internetseite ist, überhaupt echt ist - und nicht nur reinkopiert. Mit einem Mausklick auf das Siegel lässt sich das überprüfen. Weiteres Anzeichen für einen unseriösen Anbieter: Nur die Zahlung per Vorkasse wird akzeptiert. Dann solle man lieber die Finger davonlassen, empfiehlt Frindte. Auch massiv reduzierte Preise auf den Seiten, die extrem hervorgehoben sind, können auf betrügerische Shops hinweisen. Und zuletzt sei es immer ratsam, sich andere Kundenbewertungen anzugucken. Und dies nicht nur auf der eigenen Seite des Shops, sondern etwa auch über Google oder andere Suchmaschinen.

Christian hat das Geld für das mangelhafte Sweatshirt nicht zurückbekommen. Davon abbringen lassen, im Internet einzukaufen, will er sich dennoch nicht. Dafür schaut er jetzt vor dem Kauf genauer hin, wer sich hinter dem Webshop verbirgt. Der richtige Umgang mit Online-Gütesiegeln ist also nur eine Vorraussetzung, um den Einkauf im Netz sicherer zu machen.  

Sendung: Super.Markt, 16.03.2020, 20:15 Uhr

Beitrag von Jasper Ahrens

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