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Quelle: Kirchner-Media/Wedel

Ab in den Süden

Pauschalreisen und Flugtickets sind zum Teil deutlich teurer geworden

Nach zwei Corona-Jahren zieht es viele Menschen aus Berlin und Brandenburg im Urlaub wieder in den Süden. Zum Teil müssen sie für Pauschalreisen und Flugtickets deutlich tiefer in die Tasche greifen. Von G.-S. Russew und S. Wenzel

Die Haupturlaubssaison steht in Berlin und Brandenburg unmittelbar vor der Tür. Am 7. Juli starten hier die Sommerferien, und viele zieht es nach zwei Corona-Jahren raus in die Sonne, ans Meer in südliche Gefilde. Allerdings müssen Urlaubshungrige für die Buchung von Pauschalreisen oder Flugtickets zum Teil sehr viel tiefer in die Tasche greifen.

Kanaren, Griechenland und Türkei deutlich teurer

Für Reisen auf die Kanaren muss fast ein Viertel mehr bezahlt werden als vor Corona. Bei Reisen auf die griechischen Inseln oder in die Türkei sieht es kaum anders aus. Nach den beiden Pandemie-Jahren scheint der Drang, in die weite Welt zu fliegen, sich das etwas kosten zu lassen, größer zu sein, als zu sparen und zuhause zu bleiben.

"Seit Februar liegt das Neubuchungsaufkommen im Wochenvergleich konstant über dem von 2019, also vor Corona", sagt Torsten Schäfer vom Deutschen Reiseverband (DRV) rbb|24. "Laut aktuellen Auswertungen von 'Travel Data+Analytics', die Buchungsdaten von Reisbüros und Online-Reiseportalen erheben, zeigen sich die Deutschen trotz Ukraine-Krieg und zunehmender Inflation buchungsfreudig", so der Experte. Dabei setzten viele Reisende auf eher kurzfristige Buchungen.

Onlineportal vergleicht exemplarisch Preise vor und nach Corona

Um Licht ins Dunkel des Buchungsdickichts von Pauschalreisen zu bringen und eine annähernde Vergleichbarkeit zu schaffen, hat das Onlineportal "Holidaycheck.de" exemplarisch seinen großen Datenbestand auf Preissteigerungen hin untersucht.

"Insgesamt lässt sich feststellen, dass es eine Preissteigerung gegenüber 2019 gab", sagt Unternehmenssprecher Georg Ziegler im Gespräch mit rbb|24. Die Preise wiesen in der Untersuchung auch "markant erscheinende" Anstiege auf. So habe sich Gran Canaria im Vergleich zu Vor-Corona im Jahr 2019 um 24 Prozent verteuert. Ägypten zog im selben Vergleichszeitraum um 19 Prozent, Griechenland je nach Region um neun bis 19 Prozent an. Auch die Türkei wurde teurer. Je nach Region zogen die Preise um acht bis 15 Prozent an. Dagegen verteuerte sich Mallorca im Vergleich zu 2019 lediglich um fünf Prozent.

Mallorca hat viel Flugkapazität

Das Beispiel Mallorca zeige, dass Reiseveranstalter schon im Frühjahr dort viel Flugkapazität eingekauft haben, erklärt Ziegler. "Deswegen können sie dort relativ preisstabil auch ihre Angebote zur Verfügung stellen, wohingegen bei den Kanaren zum Beispiel eine große Nachfrage auf verhältnismäßig wenig Flugkapazität trifft." Deswegen seien die Preise dort stark angestiegen.

Zudem sei laut Ziegler eine weitere Entwicklung in diesem Jahr zu beobachten. "Je später man im Jahr bucht, desto teurer wird es", erläutert er und führt erneut das Beispiel Mallorca an. Während man im Januar durchschnittlich mit 119 Euro pro Person und Tag rechnen konnte, waren es im Mai schon 139 Euro. Für Kreta wurden im Januar durchschnittlich 139 Euro pro Person und Tag aufgerufen. Im Mai waren es dann bereits 151 Euro.

Aktuelle Kostentreiber

Als Kostentreiber führt Ziegler begrenzte Flugkapazitäten durch ursprünglich zu geringe Kontingentplanung und Personalmangel ins Feld. Zu Corona-Zeiten wurden Flugkapazitäten stark nach unten gefahren. Auch die Aufstockung von Flugslots verursache zusätzliche Kosten. Zudem müsste auch der gestiegene Ölpreis beachtet werden, so der Experte, der das Flugbenzin verteure und damit auch die Tickets.

Daneben gebe es auch knappere Hotelverfügbarkeiten aufgrund coronabedingter Insolvenzen. Hiervon betroffen sind insbesondere Spanien und Griechenland. Auch gestiegene Energiepreise würden von Hotels auf die Gäste umgelegt, so Ziegler.

"Warm-Wasser-Ziele" deutlich teurer

Als den Preistreiber macht das ARD-Magazin "PlusMinus" vor allem gestiegene Flugkosten aus und beruft sich auf eine beim Vergleichsportal "Idealo" in Auftrag gegebene Untersuchung. Demnach zogen schon im Januar die Ticketpreise bei Fluggesellschaften für beliebte europäische Ziele an. So stieg der Ticketpreis nach Mallorca um 41 Prozent, nach Alicante um 46 Prozent und nach Mykonos um 51 Prozent an. Sogar 61 Prozent mehr wurde für Flüge nach Sevilla verlangt.

Aktuell sind Mittelmeerflüge noch teurer geworden. So werden für Tickets nach Mallorca kräftige 61 Prozent mehr als 2019 aufgerufen.

Die Tendenz weist laut Vergleichsportal nicht für alle Ziele nach oben. So blieben Flugreisen nach Hurghada (Ägypten) und Antalya (Türkei) stabil. Flüge nach Rhodos verbilligten sich um vier Prozent.

"Idealo" macht als klare Tendenz in der Untersuchung aus, dass stark gefragte Flugreisen an "Warm-Wasser-Ziele" - also sonnensichere Badeorte - sich im Vergleich zu 2019 stark verteuert haben. Bei Städtereisen zeige sich dieser Trend nicht, so Idealo-Sprecherin Sandra Dotan gegenüber "PlusMinus". Hier bewegten sich die Preise auf stabilem Niveau.

Stichwort gestiegene Kerosinpreise

Der Bundesverband der deutsche Luftverkehrswirtschaft (BDL) führt die Verteuerung der Flugtickets vor allem auf den gestiegenen Rohölpreis zurück, so eine Sprecherin gegenüber rbb|24. In dessen Folge sei Flugbenzin (Kerosin) aktuell doppelt so teuer wie vor einem Jahr.

Der ARD-Luftfahrtexperte Michael Immel will dieses Argument nicht gelten lassen. "Denn der Kerosinpreis liegt bei der einen Airline bei 30 Prozent der Kosten, bei der anderen bei 40 Prozent, die dann auf dem Ticket landen." Das scheine ihm nicht sehr plausibel, sagt Immel im Gespräch mit rbb|24. Vielmehr sieht er, dass manche Gesellschaften nach den schwierigen Corona-Jahren wieder "Kasse machen" wollten.

Immerhin hätten Airlines weltweit während der Corona-Krise ein Minus von rund 200 Milliarden Euro eingefahren, betont Immel. Zudem müsse die Wettbewerbsfrage gestellt werden, wieviele Fluggesellschaften eine Destination bedienten. Früher habe es jede Menge Gesellschaften gegeben, die beispielsweise Mallorca anflogen. Mehr Wettbewerb ließ früher die Preise sinken. Jetzt, wo es weniger seien, gingen die Preise durch die Decke, unterstreicht Immel.

Pauschalreise contra Individualreisen

Insgesamt betrachtet kann es sich für die Destination Mallorca auszahlen, wenn man eine Pauschalreise bucht. Denn diese ist nur fünf Prozent teurer als 2019, während das Mallorca-Flugticket um 61 Prozent anzog. "Das ist kein Widerspruch", sagt Holidaycheck-Sprecher Zierke. Reiseanbieter hätten schon früh Kontingente bei Airlines eingekauft, als die Flugpreise noch nicht durch die Decke gingen, so der Experte.

Mit nachträglichen Preisaufschlägen ist bei gebuchten Pauschalreisen aufgrund des Kerosin-Arguments in den allermeisten Fällen aber nicht zu rechnen, betont DRV-Sprecher Torsten Schäfer. Die meisten Reiseveranstalter in Deutschland haben diesen bereits eine Absage erteilt.

"Wenn Reiseveranstalter jedoch neue Angebote in den Markt stellen und Hotel- und Flugkontingente nachkaufen, kann es sein, dass die Reisepreise höher ausfallen", schränkt Schäfer ein.

Expertentipp, dennoch ein wenig zu sparen

Dennoch ist es laut Georg Ziegler möglich, beim Sommerurlaub noch Geld bei der Buchung zu sparen. "Wer flexibel bei Abflughäfen und Flugtagen ist, kann günstiger kommen. Mitunter kann Fernstrecke aktuell tatsächlich günstiger sein als Kurzstrecke. Hier sollten vor allem alternative Reiseziele verglichen werden", rät er. Es lohne sich außerdem, die Reisedauer zu prüfen. Ob zehn, zwölf oder 14 Tage unterwegs, kann einen mitunter erheblichen Unterschied in der Reisekasse ausmachen.

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Beitrag von Georg-Stefan Russew und Simon Wenzel

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