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Audio: rbb 88.8 | 08.09.2022 | Thomas Rautenberg | Quelle: rbb/T. Rautenberg

Berliner Kabeldiagonale

City-West wird für Strom-Autobahn untertunnelt

Der Netz-Betreiber 50Hertz bohrt einen knapp sieben Kilometer langen Tunnel unterhalb der City West - für Kabel für die Berliner Stromversorgung. Thomas Rautenberg war beim Einsetzen der ersten Teile der Tunnelbohrmaschine dabei.

Auf diesen Termin hatten die Baufirmen jahrelang hingearbeitet: Ein Signal des Bauleiters und die schweren Ketten am Kranhaken spannen sich. Zentimeter für Zentimeter hebt sich der Bohrkopf aus seiner Lagerung. Der weiße Zylinder ist zwölf Meter lang und 161 Tonnen schwer. Alles geht wie in Zeitlupe.

Das Absenken des ersten Teils der Vortriebsmaschine in den vorbereiteten Schacht unmittelbar neben der Rudolf-Wissell-Brücke ist Maßarbeit, nichts darf passieren. Das rote Schneidrad, das im Untergrund die eigentliche Arbeit machen wird, ist bereits im Tunnel und wird später von den Spezialisten millimetergenau an die Front des Bohrkopfes montiert. Dort werden auch die anderen Segmente der Vortriebsmaschine zusammengesetzt. Insgesamt kommt sie auf eine Länge von 155 Meter.

Zehn Meter pro Tag von West nach Ost

Vom Westen aus wird sich der Bohrer in rund 30 Metern Tiefe bis zum Umspannwerk Mitte durch den Untergrund fräsen. Vergleichbar mit dem Bau einer U-Bahnstrecke, nur eine Nummer kleiner: Der Kabeltunnel wird im Innendurchmesser drei Meter betragen. Das Schneidrad am Schildvortrieb ist knapp einen Meter größer, damit unter Tage noch Platz für die Betonwände ist.

Voraussichtlich im Oktober wird sich die Tunnelbohrmaschine auf den Weg machen. Mit zehn Meter pro Tag wühlt sie sich dann durch den Berliner Untergrund. Etwa 170 Kubikmeter Sand und Gestein fallen dabei täglich an und müssen Richtung Westend aus der Tunnelröhre abtransportiert werden.

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Kabeldiagonale stellt Berlins Stromversorgung sicher

Die Kabeldiagonale ist die Energie-Schlagader der Berliner Stromversorgung. 380 Kilovolt Strom mit bis zu 2.500 Ampere werden durch die unterirdischen Leitungen pulsieren. An den Umspannwerken gibt es jeweils eine Ausfahrt von der sogenannten Strom-Autobahn. Der Übertragungsnetz-Betreiber 50Hertz übergibt dort den benötigten Strom an den eigentlichen Versorger Stromnetz Berlin.

Bislang führt der Leitungstunnel bereits von Marzahn im Osten über das Umspannwerk Friedrichshain bis nach Mitte. Künftig soll die Kabeldiagonale vom Umspannwerk Mitte über das Umspannwerk Charlottenburg bis zur bestehenden Hochspannungsleitung an der Rudolf-Wissell-Brücke verlängert und damit auch das Versorgungsgebiet der City West einbezogen werden.

Drei oberschenkeldicke Kabel als Strom-Schlagader

Gebohrt wird die Strecke in etwa 30 Metern Tiefe. Die Tunnelbohrmaschine verbaut dabei Fertigteile aus Beton, sogenannte Tübbinge. Die Tunnelsegmente werden mit Schrauben zusammengezogen und damit auch gegen das drückende Wasser im Untergrund abgedichtet. Jeder dieser Betonringe ist etwa zehn Tonnen schwer.

Das Tunnelinnere wird nur mit dem allernötigsten ausgerüstet: An den beiden Seiten hängen jeweils drei oberschenkeldicke Kabel, durch die der Strom fließt. In der Mitte der Tunneldecke ist eine Schiene angebracht, an der eine Gondel, vergleichbar mit einer geschlossenen Seilbahnkabine, fahren kann. Damit können die Monteure jeden Teil des Tunnels zügig erreichen. Licht gibt es im Leitungstunnel übrigens nicht, denn durch das magnetische Feld würde jede Glühbirne sofort zerplatzen.

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Tunnelbau ist Folge einer einst geteilten Stadt

Die Stromversorgung großer Metropolen, wie Berlin, wird in der Regel durch einen Kreis aus Hochspannungsleitungen um die Stadt gesichert. Das war durch die Teilung Berlins nicht möglich. Die Hauptstromlast in Westberlin trug das Kraftwerk Reuter. Von dort aus wird der Strom bis heute über eine Öl-Wasser-gekühlte Leitung unterirdisch bis zum Potsdamer Platz geleitet. Die 1978 gebaute Konstruktion war weltweit einzigartig. Inzwischen ist sie aber in die Jahre gekommen und muss ausgewechselt werden. Die neue Kabeldiagonale soll die Last übernehmen.

Nach der politischen Wende wurde Westberlin in das umgebende Stromnetz eingeflochten. Das ging am einfachsten mit Hochspannungsleitungen am nördlichen und südlichen Stadtrand sowie einer Strom-Autobahn, die unterhalb der Stadt verläuft.

Berliner Strombedarf wird kontinuierlich wachsen

Mit dieser hybriden Lösung kann 50Hertz, nach eigenen Angaben, den zu erwartenden Berliner Strombedarf bis zum Jahr 2050 sicher decken. Der Übertagungsnetz-Betreiber ist verantwortlich für alle Strom-Autobahnen in den fünf neuen Bundesländern sowie Hamburg und Berlin. 70 Prozent des Stromes, der nach Berlin fließt, kommt bereits von den Offshore-Anlagen in der Ostsee, von den Wind -und Solarkraftanlagen vor allem im Norden.

Und der Bedarf wird weiter steigen. Berlin ist eine wachsende Stadt, die Elektromobilität und innovative Heiz- und Klimaanlagen auf Strombasis werden immer häufiger genutzt. Damit muss immer mehr Strom über weite Strecken von den Erzeugern zu den Verbrauchern befördert werden. Das erfordert ein hochleistungsfähiges Netz.

Berliner Kraftwerke gehen vom Netz

Zumal Berlin große Kraftwerkskapazitäten stilllegen will. Bis 2030 sollen die Steinkohlekraftwerke Reuter, Reuter-West und Moabit vom Netz gehen, hat der Senat beschlossen. Zwar wird es die eine oder andere technologische Lösung für moderne Kraftwerke geben, aber unterm Strich wird Berlin noch mehr Strom über die Leitungen von 50Hertz importieren.

Der neue Kabeltunnel muss derweil selbst in 30 Metern Tiefe die eine oder andere Schwierigkeit umkurven: Baurelikte aus der Vorkriegszeit oder Botschaftsgebäude, die von der Tunnelbohrmaschine nicht unterquert werden dürfen, sind das Problem.

300 Millionen Euro wird die Kabeldiagonale am Ende kosten und Marzahn im Osten mit Berlin Westend verbinden. Viel Geld, aber ein Infrastrukturbau inmitten der Stadt ist nicht zum Nulltarif zu haben.

Die Hauptstädter werden übrigens bis zur geplanten Fertigstellung im Jahr 2028 kaum etwas von den Tunnelbohrarbeiten mitkriegen. Mit Ausnahme der großen Baustelle auf der Straße des 17. Juni - dort wird seit Monaten ein Notausstiegsschacht für die Tunnelbohrer errichtet.

Sendung: rbb24 Abendschau, 08.09.22, 19:30 Uhr

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