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Quelle: dpa/Silvia Marks

Interview | Ernährung und Inflation

"Viele fragen, ob die Preissteigerungen im Supermarkt rechtens sind"

Angesichts steigender Lebensmittelpreise sparen viele Bürger hier beim Einkauf, nicht zuletzt auch bei Bioprodukten. Britta Schautz von der Verbraucherzentrale Berlin fordert ein Gegensteuern der Politik - und gibt Tipps für nachhaltige Einkäufe.

rbb|24: Mit welchen Anfragen richten sich Konsument:innen derzeit an die Verbraucherzentrale Berlin?

Britta Schautz: Schon zu Beginn der Preissteigerungen haben wir immer wieder die Anfragen bekommen, ob es rechtens ist, dass die Preise so hoch sind. Viele sind verunsichert und fragen, ob die Supermärkte da sauber arbeiten oder ob die ihre Preise zu stark erhöhen. Wir haben auch viele Hinweise auf versteckte Preiserhöhungen von Produkten bekommen. Da die meisten jetzt mehr auf jeden Cent achten, haben sie eben mitbekommen, dass die Füllmengen weniger wurden, die Preise aber gleichgeblieben sind.

Wie sehr sind die Lebensmittelpreise gestiegen?

Die letzten Zahlen haben wir aus dem August. Im Vergleich zum Vorjahr sind die Preise um 16,6 Prozent gestiegen. Das ist schon eine ganze Menge. Der Spitzenreiter ist die Gruppe Speisefette und Speiseöle mit mehr als 44 Prozent Preisanstieg. Gleich gefolgt von Molkereiprodukten und Eiern, da haben wir einen Anstieg von 27 Prozent.

Zu spüren bekommen die Preissteigerungen vor allem Geringverdiener:innen. Wie ist da noch eine gesunde Ernährung möglich?

Ja, diese Gruppe ist besonders stark betroffen, und wir erhalten viele Anfragen aus dieser Richtung diesbezüglich.

Die Verbraucher:innen wollen aber vor allem wissen, woran das liegt: Wie sich die Preise genau zusammensetzen. Genau können wir das leider nicht sagen. Ganz transparent ist die Preisgestaltung bei Lebensmitteln nicht. Wir können höchstens schauen: Sind die Margarine oder der Frischkäse jetzt gerade billiger als die Butter? Aber das wollen viele gar nicht hören.

Inwieweit hat sich dadurch auch das Kaufverhalten verändert?

Wir wissen von Befragungen, dass die Menschen jetzt beim Lebensmitteleinkauf sparen. Wir sehen vor allem, dass in diesem Jahr Bioprodukte weniger gekauft wurden als im Vergleich zum Vorjahr. Im März gab es einen Rückgang von 18 Prozent und der wird vermutlich bis Ende des Jahres noch steigen. Einfach weil da der Preis wichtiger ist als Nachhaltigkeitskriterien oder der Geschmack.

Wie können wir alle denn trotzdem beim Lebensmitteleinkauf sparen?

Was immer hilft ist, sich einen genauen Plan zu machen. Zu wissen, was habe ich da, was brauche ich und dann auch nur gezielt das Kaufen. Gerade die Impulskäufe im Supermarkt sind sehr teuer und manchmal landen diese Einkäufe dann auch im Mülleimer. Niemals hungrig einkaufen gehen. Bei langhaltbaren Lebensmitteln, wie Kaffee, lohnt es sich auf gute Angebote zu warten. Ansonsten sich nicht von roten Preisschildern verführen lassen. Das bedeutet nämlich nicht immer, dass die Produkte auch günstiger sind

Und wo noch gespart werden kann, ist auf dem Wochenmarkt. Hier ist das Timing wichtig. Am Ende des Tages, wenn die Händlerinnen und Händler die Kisten schon einpacken, lassen sich gute Schnäppchen machen.

Was fordern Sie als Verbraucherzentrale von der Politik?

Wir fordern, dass vor allem das Bundeskartellamt weiter ein Auge auf die Preissteigerungen hat und genau schaut, ob die höheren Preise gerechtfertigt sind. Außerdem muss die Politik Geringverdiener gezielter unterstützen. Aus Untersuchungen wissen wir, dass die Harz-IV-Regelsätze gar nicht ausreichen, um sich gesund zu ernähren. Das gilt aber auch zum Beispiel für Student:innen. Hier muss es gezielte Förderungen geben.

Dann ist es zwar so, dass die Grundschüler:innen von Klasse 1 bis 6 eine Förderung zum gesunden Mittagessen bekommen - das sollte auch für ältere Schüler:innen möglich sein oder auch für Menschen in Unternehmen, die in der Kantine essen. Was allen zugute kommen würde, wäre eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Gespräch führte Raphael Knop, rbb|24.

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