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Audio: rbb24 Inforadio | 10.11.2022 | Malte Döbert | Quelle: dpa/J. Carstensen

Berliner Messe nach Corona

Auf welche Herausforderungen sich die IFA einstellen muss

Die Internationale Funkausstellung wird wohl weiter in den Berliner Messehallen ausstellen. Aber Reisebeschränkungen und Online-Handel machen der ganzen Branche zu schaffen. Klar ist: So wie vor Corona wird es nicht weitergehen. Von Philip Barnstorf

Eigentlich gab es in den letzten Wochen viele gute Nachrichten für Berlins Traditionsmesse IFA. Nach corona-bedingt enttäuschenden Besucherzahlen im vergangenen Jahr kamen zur letzten Ausgabe der Internationalen Funkausstellung im September 2022 mehr als 160.000 Menschen in die Hallen an der Masuren-Allee. Und jetzt ist auch noch der Anschlussvertrag für die kommenden zehn Jahre mit der Messe-Berlin so gut wie fertig. Nur noch deren Aufsichtsrat muss zustimmen. Ende kommender Woche soll es soweit sein.

Branche hat sich noch nicht von den Corona-Beschränkungen erholt

Doch die Aussichten sind nicht nur rosig für die IFA, stehen Messen doch generell vor einer ungewissen Zukunft. Viele mussten wegen Corona vor allem im vergangenen Jahr ausfallen, mehrere kleine Veranstalter mussten Insolvenz anmelden.

Bis heute hat sich die Branche nicht komplett erholt. So sind bisher laut Branchenverband AUMA (Ausstellungs- und Messeausschuss der Deutschen Wirtschaft) nur 70 Prozent der Aussteller auf die deutschen Messen zurückgekehrt. Auf der diesjährigen IFA fehlten mit Microsoft und der Telecom wichtige Unternehmen. “Nach wie vor sind Aussteller zurückhaltender, etwa wegen der Inflation”, sagt AUMA-Geschäftsführer Jörn Holtmeier.

Auch Reisebeschränkungen, beispielsweise in asiatischen Ländern, dürften nach wie vor dafür sorgen, dass weniger Aussteller und Besucher auf deutsche Messen kommen. So hat auch die IFA ihre Vor-Corona Besucherzahlen von rund einer Viertel Million bisher nicht wieder erreicht.

Digitale Präsentationen versus persönliche Begegnung?

Die Digitalisierung dürfte hier Fluch und Segen sein. “Im Rahmen der Corona-Pandemie hat die Interaktionsqualität im digitalen Raum zugenommen”, sagt Martin Paul Fritze, Professor für Messe-Wirtschaft an der Uni Köln. Das heißt, für Kunden und Anbieter ist es jetzt leichter, online Vertrauen aufzubauen und Geschäfte abzuschließen. Die persönliche Begegnung auf einer Messe ist weniger gefragt.

Aber dieser Effekt habe Grenzen, sagt Messe-Lobbyist Holtmeier. “In Berlin werden etwa auf der Grünen Woche Lebensmittel ausgestellt. Da kann man nicht digital reinbeißen.” Auch wenn es etwa um jahrelange Verträge oder millionenschwere Investitionen gehe, wolle man einander "ansehen und die Hände schütteln". Generell sei es wichtig, alle Akteure einer Branche zu einem Zeitpunkt unter einem Dach zusammenzubringen.

"Multisensorische Effekte" für Produkte

Zu den Messe-Trends der Internationalen Funkausstellung zählten vernetzte Geräte, Sprachsteuerung und künstliche Intelligenz. Bei den Hausgeräten standen Energieeffizienz und Wassersparen im Blickpunkt. Um ein Abwandern der Geschäftstätigkeit ins Digitale zu verhindern, empfiehlt Wirtschaftswissenschaftler Fritze den Messe-Veranstaltern außerdem, “multisensorische Erlebnisse” zu schaffen: "Die Zukunft liegt darin, Produkte nicht nur zu zeigen, sondern sie in Szene zu setzen und eine Geschichte dazu zu erzählen." So könnten etwa Anbieter von Nachtsichtkameras auf der IFA ihre Produkte in abgedunkelten Räumen besonders erlebbar machen.

Dennoch könnten Messen die Digitalisierung auch nutzen, sagt Fritze weiter. So sparten digitale Broschüren viel Papier. Über QR Codes an den Ständen könnten Kunden und Anbieter papierlose Visitenkarten austauschen und so persönlich in Kontakt bleiben. “Auch aus Nachhaltigkeitsgründen ist so was geboten”, sagt Fritze.

Was bedeutet all das für die IFA? Dazu schweigen die Veranstalter bisher. Man wolle erst die finale Vertragsunterschrift abwarten. Aber von Insidern heißt es, die IFA werde nicht einfach so weitermachen wie vor Corona. So werde es mehr digitale Angebote geben. Das sei schon allein deswegen nötig, um die vielen asiatischen Aussteller und Verbraucher nicht zu verlieren, die wegen Corona Beschränkungen nach wie vor nicht reisen können.

Sendung: rbb24 Inforadio, 10.11.2022, 06.00 Uhr

Beitrag von Philip Barnstorf

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