Milliardenschwere Vergabe - Neue Berliner S-Bahnen kommen deutlich später als geplant

Mi 30.11.22 | 16:39 Uhr
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Archivbild: S-Bahn Berlin, Kreuz Gesundbrunnen. (Quelle: dpa/Schoening)
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Der Betrieb der S-Bahn-Teilnetze Nord-Süd und Stadtbahn soll neu ausgeschrieben werden. Für den Zuschlag muss der Betreiber eigene Wagen mitbringen. Die Vergabe geht in die heiße Phase - doch auf die neuen S-Bahnen muss Berlin länger warten.

Auf der Berliner Stadtbahn und den S-Bahn-Nord-Süd-Linien werden neue Züge deutlich später als bislang geplant rollen. Das teilte Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) am Mittwoch mit.

Für die Stadtbahn verschiebt sich der Beginn gegenüber der ursprünglichen Planung demnach um knapp anderthalb Jahre auf Juni 2029. Im S-Bahn-Teilnetz Nord-Süd startet die Betriebsaufnahme sogar rund 30 Monate später, Mitte 2030.

Hauptgrund dafür sei, dass die DB Netz AG im Sommer ihren Zeitplan revidiert habe, bis zu der sie künftige Werkstatt-Standorte anbinden kann, so die Verkehrssenatorin. Es habe zwar intensive Gespräche mit der Bahn-Tochter darüber gegeben, ob es schneller möglich sei, jedoch ohne Erfolg.

Zu Problemen wird es nach Darstellung Jaraschs dadurch allerdings nicht kommen, da die laufenden Verträge mit der Deutschen Bahn zunächst verlängert werden könnten und anschließend Übergangsverträge vorgesehen seien.

Vergabeverfahren für Teilnetze geht in nächste Phase

Verkehrsunternehmen, die sich um die Zugbeschaffung und den Betrieb des S-Bahn-Verkehrs bewerben, müssen auch Werkstätten einrichten, damit die Fahrzeuge gewartet werden können. Für die Anbindung dieser Werkstätten ans S-Bahn-Netz ist die Bahn-Tochter DB Netz zuständig.

Die DB Netz AG widerspricht allerdings der Darstellung der Verkehrssenatorin. "Sämtliche Terminpläne der Infrastrukturmaßnahmen für die S-Bahn-Ausschreibung sind mit allen Partner:innen des übergreifenden Infrastrukturprojekts i2030 eng abgestimmt und seit langem bekannt", sagte der für Infrastrukturplanung und -projekte zuständige Vorstand der DB Netz AG, Jens Bergmann, dem rbb. Das umfasse auch die Anbindung der potentiellen S-Bahn-Werkstattstandorte, für die teilweise ein zweigleisiger Streckenausbau notwendig sei. Bergmann weiter: "Das Land Berlin als i2030-Projektpartnerin war demnach jederzeit voll im Bilde. Verzögerungen sind uns als DB Netz AG nicht bekannt." Die Senatsverkehrsverwaltung blieb auf Nachfrage bei ihrer Darstellung. Vorerst steht damit Aussage gegen Aussage.

Die Verkehrssenatorin gab gleichzeitig bekannt, dass das milliardenschwere Vergabeverfahren in seine heiße Phase starte. Bis Ende Juli nächsten Jahres haben die interessierte Verkehrsunternehmen nun Zeit, ihre Angebote abzugeben. Anfang 2024 soll der Zuschlag erteilt werden.

Voraussetzung ist allerdings, dass bis dahin ein Verfahren vor dem Kammergericht beendet ist. Ein Unternehmen - dem Vernehmen nach der französische Schienenhersteller Alstom - hat geklagt, weil es sich in dem Verfahren benachteiligt sieht.

Die Vergabekammer des Landes hatte entsprechende Beschwerden zuvor abgewiesen. Verkehrssenatorin Jarasch zeigte sich zuversichtlich, dass sich die Zuschlagserteilung dadurch nicht verzögern werde.

Berliner Netz braucht spezielle Züge

Als sicher gilt, dass sich ein Konsortium aus den Konzernen Siemens, Stadler und der Deutschen Bahn um den in einzelne Teile zerlegten Großauftrag im Volumen von rund acht Milliarden Euro bewirbt. Unternehmen können für die beiden Teilnetze Stadtbahn und Nord-Süd separate Angebote abgeben und dabei sowohl für den Betrieb als auch für Beschaffung und Instandhaltung bieten. Auch ein Angebot für alle Netze und Beschaffungen ist möglich.

Kritiker fürchten, das S-Bahn-Netz könnte durch Vergaben an unterschiedliche Betreiber zerschlagen werden. Befürworter dieses Verfahrens sehen als Vorteil, dass die Deutsche Bahn als derzeitige Alleinbetreiberin in einem solchen Wettbewerbsverfahren nicht die Preise diktieren kann.

Das Verfahren für die Berliner S-Bahn ist auch deshalb komplex, weil sie historisch bedingt andere technische Voraussetzungen bietet als S-Bahn- und Regionalbahnnetze im Rest der Republik. Sie lassen sich auch nur schwer verändern.

So könnte das Netz beispielsweise nicht ohne weiteres auf Oberleitungsbetrieb umgerüstet werden. Deshalb können Züge aus anderen Verkehrsverbünden hier nicht eingesetzt werden. Die Deutsche Bahn als bisherige Betreiberin ist damit das einzige Unternehmen, das über vorhandene Züge verfügt, die hier betrieben werden können. Um dennoch Wettbewerb zu ermöglichen, gilt die Beschaffung von neuen Zügen bei der S-Bahn-Ausschreibung als Voraussetzung.

Land übernimmt neue S-Bahn-Waggons

Insgesamt geht es um mehr als 1.300 neue Waggons, die beschafft werden sollen. Anders als bei früheren Ausschreibungen gehen die Züge nach der Beschaffung in den Besitz des Landes über, das sich auf diese Weise einen eigenen Fahrzeugpool zulegt, um bei künftigen Ausschreibungen flexibler agieren zu können. Das beschaffende Unternehmen bleibt aber 30 Jahre lang für die Wartung der Züge zuständig. Die Verträge über den Betrieb der Linien sind wegen gesetzlicher Vorgaben auf 15 Jahre begrenzt.

Sendung: rbb24 Abendschau, 30.11.2022, 19:30 Uhr

33 Kommentare

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  1. 33.

    Sie interessieren sich offensichtlich ähnlich intensiv für die Abläufe bei der Planung und Genehmigung von Bahnanlagen wie Frau Jarasch. Ihnen sei das nachgesehen, Jarasch sagt aber über sich selber, dass sie für die Verkehrswende zuständig sei. Dabei ist eben noch vieles im Ungefähren und sehr weit von der Erstellung einer Genehmigungsplanung entfernt - vergl. z.B. https://www.i2030.de/sbahn/

  2. 32.

    Dann sollte jetzt endlich auch die Zukunft nach Berlin kommen. Und nicht wieder, aber für Berlin reicht's als Motto stehen.

  3. 31.

    Finde den Fehler oder warum rüstet Berlin nicht zukunftsweisend und weitsichtig um? Wenn ich hier lese
    "So könnte das Netz beispielsweise nicht ohne weiteres auf Oberleitungsbetrieb umgerüstet werden. Deshalb können Züge aus anderen Verkehrsverbünden hier nicht eingesetzt werden."

  4. 30.

    Genau einen Satz darunter: "Die Senatsverkehrsverwaltung blieb auf Nachfrage bei ihrer Darstellung. Vorerst steht damit Aussage gegen Aussage."

  5. 29.

    Nürnberg? Dort ist die U-Bahn automatisch unterwegs wie hier ja auch schon die Magnetbahn und noch früher asuch die U-Bahn, aber nicht die S-Bahn. In Hamburg ist gerade ein Versuch mit vier S-Bahn-Zügen angelaufen. 2019 war aber auch für Berlin angedacht, dass die Technik in den neuen Zügen grundsätzlich nachrüstbar sein soll.

  6. 28.

    ziemlich verheerende Nachricht für die zügige und effiziente Herbeiführung der Verkehrswende :-/

  7. 27.

    Bei der Wahlwiederholung tritt Jarasch als nachgerückte Direktkandidatin in Spandau bei Berlin an. „Meine Kandidatur ist deshalb auch ein Angebot, über die Mobilitätswende in Spandau abzustimmen, der sich SPD und CDU bislang verweigern“, sagte sie dazu. Ich bin gespannt, was die Wähler von ihrem Angebot halten. Neue S-Bahnen kommen ja schon mal später, die Tram sowieso wie es um den von ihrer Vorgängerin angekündigten O-Bus ähnlich still geworden ist wie um die Busspur auf der Heerstraße.

  8. 26.

    "Ich bin gespannt, ob Sie mich jetzt auch als blöd, dumm, ungebildet halten; denn jeder liest und interpretiert anders - dies jedoch als das zu bezeichnen, wie Sie es machen, zeugt von geistiger Unreife. "

    Sie machen also genau das was sie mir vorwerfen? Das ist tatsächlich geistige Unreife, soviel dazu. Tatsachen kann man nicht interpretieren, das ist aber genau das was hier einige versuchen, Tatsachen so lange zu verdrehen bis sie in die eigene Agenda passen.

    Flatearther und Klimawandelleugner gehen ebenfalls so vor.

  9. 25.

    "Das Land Berlin als i2030-Projektpartnerin war demnach jederzeit voll im Bilde. Verzögerungen sind uns als DB Netz AG nicht bekannt."
    https://www.rbb24.de/wirtschaft/beitrag/2022/11/berlin-sbahn-vergabe-teilnetz-stadtbahn-nord-sued-linie-deutsche-bahn-Verzoegerung.html

  10. 24.

    Nur ist Frau Jarasch ja nicht erst seit gestern im Amt und hat auch schon einige Fototermine mit der DB rund um 2030i gehabt, gibt sich aber immer noch überrascht.

  11. 23.

    Bei dem Gesamtstromhunger des S-Bahnbetriebs gepaart mit immer weiter steigenden Strompreisen, rechnen sich tatsächlich Investitionen in Energieeffizienz.
    Optimieren ließe sich das Fahrverhalten (Beschleunigung, Verzögerung mit Rekuperation), das Gewicht (Verbundmaterialstoffe), die Art der Beleuchtung (LED) und die Klima/Heizanlage (Wärmepumpen).
    Ersteres ließe sich mit autonomen Fahren sehr gut kombinieren, aber dafür sollte das gesamte Netz durchdigitalisiert sein. Gerade exklusiv schienengeführter Verkehr bietet sich zur Vollautomatisierung an.
    Aber auch mit Autopiloten kann der Fahrstil verbessert werden.

  12. 22.

    Man sollte bei der Ausschreibung unbedingt auch die Voraussetzungen für autonom fahrende Züge schaffen. Nürnberg und Hamburg machen es vor! Wann kommt dieser Standard auch in Berlin auf ersten Strecken endlich, Frau Jarrasch?

  13. 21.

    Frau J. hat die Versäumnisse der vielen Vorgänger/innen dieses Ressorts übernommen - soviel dazu. Und das Verpennen des Senats, bzw. der hierfür verantwortlichen Bereiche in Bezug auf die Verhandlungen mit der Bahntochter, weil einer die Wiedervorlage weiterschiebt und auf die Nachfolgenden hofft um selbst aus der Verantwortung zu sein, ist doch legendär in dieser Stadt. Also wen wundert es dann noch, wenn sich in dieser Stadt nichts so schnell verändert, wie gewollt. Das ist eine Berliner Besonderheit.
    Ich bin gespannt, ob Sie mich jetzt auch als blöd, dumm, ungebildet halten; denn jeder liest und interpretiert anders - dies jedoch als das zu bezeichnen, wie Sie es machen, zeugt von geistiger Unreife.
    Bleiben Sie gesund - tschüß.

  14. 20.
    Antwort auf [Müller's Detlef] vom 30.11.2022 um 20:31

    Noch so ein geistloser wirrer Kommentar! Ja, habe ich. Sogar zu lesen was nach der Überschrift kommt und wie man sich mit Informationen versorgt. Sie auch?

  15. 19.

    "Kommentare und Meinungen sollte hier JEDER abgeben dürfen. " Natürlich. Aber keinen gequirlten Unsinn weil man es nicht schafft weiter wie die Überschrift zu lesen.

    Es steht doch deutlich da woran die Verzögerung liegt. Aber das interessiert die Berlin- und RRG Hasser nicht.

  16. 18.

    Investigative Journalisten aus Kreuzberg haben dazu auch mal bei der DB nach gefragt:
    Jens Bergmann, Vorstand Infrastrukturplanung und -projekte der DB Netz AG, mit: „Sämtliche Terminpläne der Infrastrukturmaßnahmen für die S-Bahn-Ausschreibung sind mit allen Partner:innen des übergreifenden Infrastrukturprojekts i2030 eng abgestimmt und seit langem bekannt. Das umfasst auch die Anbindung der potentiellen S-Bahn-Werkstattstandorte, für die teilweise ein zweigleisiger Streckenausbau notwendig ist. Das Land Berlin als i2030-Projektpartnerin war demnach jederzeit voll im Bilde. Verzögerungen sind uns als DB Netz AG nicht bekannt.“

  17. 17.

    " Einige der Kommentatoren sollten erst einmal die Schulbank drücken bevor sie ihren geistigen Durchfall auf die Menschheit loslassen!" das ist ne verbale Absonderung aroganter/überheblicher/anmassender Art.
    Kommentare und Meinungen sollte hier JEDER abgeben dürfen.
    Und sich über der Qualität der Äußerunge zu stellen ist verwerflich.
    Die gesellschaftlichen Hintergründe der User ist nicht vorzuwerfen.
    Oder betrifft das nicht die VIELFALT DIESER STADT?

  18. 16.

    Es ist unter der Gürtellinie,wie Sie Kommentare einstufen.Wenn Sie den Hofsender Abendschau gesehen haben sollten,dann hätten Sie die verlogene Argumentation der Senatorin und des Senders erleben können.Berlin hat einen insuffizienten ÖPNV außerhalb des S-bahnrings, erklärt zum Vorteil der Fußgänger die steuerfreien Tretmobile auf den Parkflächen kostenfrei parken zu lassen.Wenn Arbeitende der Stadt durch ihre Arbeit Steuergewinn bringen sollen, wie kommen sie dahin oder wo sollen sie parken.

  19. 15.

    Soviel zu lesen bildet!
    Das die Jarasch nicht dran schuld ist is verständlich aber das die Grünen an dem ganzen Dilemma dran schuld sind schon! Einfach mal auf das rot hervorgehobene drücken und den Bericht mal lesen!

  20. 14.

    Was ist an den Fristen für die Anmeldung von Bauarbeiten nicht zu verstehen? Wenn Jarasch sich zudem für die Abläufe bei der Genehmigung von Bahnanlagen interessieren würde, hätte sie vorher schon wissen müssen, dass die vom Immobilitätssenat angedachten Fristen schnell Makulatur werden können. Gleise und große Wartungsanlagen für Züge poppen in Deutschland nicht einfach so auf. Man schau sich nur das Versagen beim Ausbau der Tram zum Ostkreuz an, weil die Pläne immer noch nicht neu aufliegen.

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