Offizielle Interessensbekundung
Im Moment ist die Fernwärme-Versorgung in Berlin noch in der Hand des Energiekonzerns Vattenfall. Doch der Senat will die Fernwärme selbst übernehmen - und dafür bei einem anderen Unternehmen einsteigen.
Der Berliner Senat hat am Dienstag über einen möglichen Rückkauf des Fernwärmenetzes und einen Einstieg des Landes bei der Gasag beraten. Man wolle nicht anderen, privaten Bietern "aus Australien oder sonst woher das Feld überlassen", sagte die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD).
"Wir wollen die Wärme zurück nach Hause holen und mit der Gasag ein starkes Energieunternehmen in der Stadt haben", so Giffey. Vattenfall hatte 2022 erklärt, einen Verkauf der Berliner Fernwärme zu prüfen. Ende vergangener Woche signalisierte das Land dem schwedischen Konzern offiziell sein Interesse.
Ein Kaufpreis sei in diesem Stadium noch nicht Gegenstand des Verfahrens, sagte Finanzsenator Daniel Wesener (Grüne). Wesener wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es "massive Investitionserfordernisse" gebe, die die man mit dem Wert des Unternehmens "verrechnen" müsse.
Durch einen direkten Einfluss in diesem Energiesektor könne das Land sicherstellen, dass "künftig die Wärmewende und das Gemeinwohl im Mittelpunkt der Entwicklung stehen", sagte Wesener weiter. Wirtschaftssenator Stephan Schwarz (parteilos) betonte, eine schnelle und konsequente Wärmewende, Versorgungssicherheit und faire Verbraucherpreise seien entscheidend für die Zukunftsfähigkeit Berlins.
Vattenfall hat bislang allerdings nur die Bereitschaft zum Verkauf seines Berliner Fernwärmenetzes erklärt. Was die Gasag betrifft, hält sich das Unternehmen bedeckt. Die Gasag gehört Vattenfall etwa zu einem Drittel. Die Mehrheit der Anteile an dem Berliner Traditionsunternehmens halten die Unternehmen Eon und der französische Energiekonzern Engie. Der Senat will eine Mehrheit an der Gasag erwerben und das Unternehmen künftig zusammen mit Eon und Engie führen. Über die Gasag soll nach diesem Modell künftig auch die Fernwärme gesteuert werden.
"Wir wollen in den Driver-Seat kommen", beschreibt Wirtschaftssenator Schwarz die Vorstellungen des Landes. Giffey nannte eine Mehrheitsbeteiligung des Landes eine "Gelingensbedingung". Auch Finanzsenator Wesener verteidigte die Einbeziehung privater Unternehmen. Fragen von Rekommunalisierung und Privatisierung würden sich im Hinblick auf die Klimanotlage anders stellen als vor einigen Jahren. Technisch, baulich und finanziell stehe Berliner vor einer "gigantischen Aufgabe", so Wesener.
Vattenfall-Sprecher Stefan Müller zeigte sich gegenüber dem rbb positiv überrascht vom gerade abgeschlossenen Interessensbekundungsverfahren bei der Fernwärme: "Wir haben als potentieller Verkäufer ein großes Interesse des Marktes feststellen dürfen. Wir haben eine Vielzahl an potentiellen Investoren."
Müller machte deutlich, dass neben dem Kaufpreis auch weitere Kriterien eine wesentliche Rolle spielen. "Wir erwarten, dass ein künftiger Eigentümer, falls es zu einem Verkauf kommen würde, sich dazu verpflichtet, den Dekarbonisierungspfad von Vattenfall fortzusetzen."
Der schwedische Konzern hat versprochen bis 2040 klimaneutral zu werden. Darüber hinaus erwarte Vattenfall, dass ein neuer Eigentümer Garantien für die Beschäftigten abgebe.
Sowohl Vattenfall als auch der Senat rechnen damit, dass eine Entscheidung über einen Verkauf der Fernwärme in diesem Jahr fällt.
Sendung: rbb24 Abendschau, 17.01.2023, 19:30 Uhr
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