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Audio: rbb24 Inforadio | 07.01.2023 | Quelle: dpa/Thomas Banneyer

Meinung: Pro | Früherer Kohleausstieg

"Wir können keine 15 Jahre mehr warten"

Die Dürre nimmt zu, das Wasser wird knapper: Die Klimakrise wird vor allem die Lausitz hart treffen. Es muss schneller reagiert werden, dazu gehört auch die Änderung von Gesetzen. Wer jetzt noch auf einen Ausstieg bis 2038 pocht, geht an der Realität vorbei, meint Hanno Christ

Zum Hintergrund: Im Jahr 2038 ist in Deutschland Schluss mit der Kohleverstromung. Dies haben Bundestag und Bundesrat im Sommer 2020 beschlossen. Erst 2038? Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) möchte früher vom Netz und zeigt nach NRW, wo es laut Habeck einen weitgehenden gesellschaftlichen Konsens über einen Ausstieg 2030 gäbe. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) pocht hingegen auf die Versorgungssicherheit.

Früher aussteigen aus der Braunkohle – aber gerne doch. Schon bei seiner Festlegung war das Ausstiegs-Jahr 2038 ein aberwitziges Datum, ignorant vor dem Hintergrund der weltweiten Erwärmung des Klimas. Schon damals stöhnten Klimaforscher und Umweltverbände angesichts eines so langgestreckten Ausstieges auf. Klimapolitisch gesehen ist das verantwortungslos.

Tatsächlich geht die bislang eher schleichende Erderwärmung in einen Galopp über. Beobachter warnen vor den Folgen besonders für unsere Region: Die Dürre nimmt zu, das Wasser wird knapper. Ironie des Schicksals: Vor allem die heutige Kohle-Region Lausitz wird es dabei vergleichsweise hart treffen – aber immer noch mild im Vergleich mit anderen Weltregionen.

Meinung: Contra | Früherer Kohleausstieg

"Kohle und Gas sind lebensnotwendig für eine Industrienation"

Noch so viele Windräder und Solarflächen helfen nicht weiter: Solange es keine Energiespeicher im Industriemaßstab gibt, muss die Grundlast mit konventionellen Kraftwerken abgesichert werden. Sonst droht Dunkelheit, meint Andreas Rausch

Auf einen Ausstieg bis 2038 zu pochen, ist an der Realität vorbei

Dieser Entwicklung müssen auch Regelwerke und Gesetze angepasst werden. Das ist kein gebrochenes Versprechen, das ist lebendige Demokratie. Auch ein Kohleausstiegs-Gesetz kann - wie jedes andere Gesetz - novelliert werden. Heute noch auf einen Ausstieg bis 2038 zu pochen, ist an der Realität vorbei, rückwärtsgewandt. Und wenig selbstbewusst.

Ja, die Energiewende ist noch nicht soweit. Fraglich, ob sie auch 2030 erfolgreich gewesen sein wird. An manchen dunklen und sonnenarmen Tagen dominiert die Braunkohle heute den Strommix mit bis zu 50 Prozent. Speicher fehlen – noch.

Aber hätten wir uns vor wenigen Monaten noch vorstellen können, dass Europa weder Gas noch Öl aus Russland bekommt und sich die Räder trotzdem weiter drehen? Hätten wir noch vor fünf Jahren vorhergesagt welchen riesigen Sprung der Anteil erneuerbarer Energie am Strommarkt macht? Dass riesige Fabriken und Gas-Terminals im Eiltempo gebaut werden?

Brandenburg muss sich vorbereiten - nicht nostalgisch, sondern selbstbewusst

Es ist nur folgerichtig, dass der Ausstoß von klimaschädlichen Gasen teurer und teurer wird. Und ebenso folgerichtig ist es für einen Wirtschaftsminister wie Robert Habeck darauf hinzuweisen, was das für den Energieträger Braunkohle bedeutet. Er ist damit übrigens nicht der einzige. Auch Klimaforscher aus Potsdam zeichnen ein ähnliches Szenario. Brandenburg sollte sich darauf vorbereiten, nicht nostalgisch, sondern selbstbewusst neue Strukturen schaffen. Die großen Stromunternehmen sind da der Politik übrigens oft voraus. Womöglich steigen die schneller aus der Kohleverstromung aus als die Politik "2030" sagen kann.

Dass ausgerechnet Politiker aus dem Osten anprangern, man blende bei einem rascheren Kohle-Ausstieg Gesetze der Physik aus ist die Verkehrung der Realität. Physik ist die Erwärmung, ist der Klimawandel. Unumkehrbar. Physik ist nicht Wohlstand, nicht Versorgungssicherheit immer und überall. Das nennt man dann wohl Ideologie.

Sendung: rbb24 Inforadio, 07.01.2023, 10:00 Uhr

Beitrag von Hanno Christ

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