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Audio: rbb24 Inforadio | 09.02.2023 | René Althammer | Quelle: dpa/C. Soeder

Flughafen Berlin Brandenburg

Landesrechnungshof kritisiert milliardenschwere Sanierung des BER

In der Corona-Pandemie schrammte der Flughafen BER nur knapp an der Pleite vorbei. Die Rettung kam in Form eines milliardenschweren Sanierungsplans. Dabei wäre es vielleicht 800 Millionen Euro billiger gegangen, sagt jetzt der Rechnungshof. Von René Althammer

Berichte des Landesrechnungshofs sind oft etwas "trocken", keine wirklich anregende Lektüre. Umso auffälliger sind die Ausführungen zum milliardenschweren Sanierungskonzept der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg GmbH (FBB) im vertraulichen Teil des Jahresberichts 2022.

Ohne Umschweife werfen die Prüfer der Berliner Senatsverwaltung für Finanzen schwere Versäumnisse vor, die auch den Bund und das Land Brandenburg als Miteigentümer betreffen. Nach Auffassung des Rechnungshofs hat die seinerzeit von SPD-Finanzsenator Matthias Kollatz geführte Verwaltung "die finanzielle Sanierung der Flughafen Berlin-Brandenburg GmbH nicht ordnungsgemäß vorbereitet und ihre Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen". Das Dokument liegt der Redaktion rbb24 Recherche vor.

Nach Darstellung des Rechnungshofs ist ein gut 822 Millionen Euro preiswerteres Sanierungskonzept nicht ausreichend geprüft worden. Für die Stadt Berlin wären das gemäß ihres Anteils (37 Prozent) an der FBB etwa 304 Millionen Euro.

Alternative für 822 Millionen Euro weniger

Knapp 6 Milliarden Euro – ohne die Kapitalkosten - hat der neue BER bis zur Eröffnung gekostet. Und dann kam Corona, der Flugverkehr brach ein und 2021 konnte die Insolvenz grade noch abgewendet werden.

Die FBB entwickelte daraufhin vier Sanierungsmodelle. Die Insolvenz und die Teilprivatisierung wurden von den Gesellschaftern sofort ausgeschlossen. Übrig blieben das sogenannte "Status quo Modell" mit "bedarfsgerechter Liquiditätszuführung bis zum Jahr 2031".

Bei diesem Modell hätten die Gesellschafter ihre Bürgschaften verlängern müssen. Die Corona-Darlehen wären in Eigenkapital umgewandelt worden. Alles wäre geblieben, wie es ist – aber die geplante finanzielle Selbständigkeit der FBB hätte sich von 2026 auf 2033 verschoben. Kosten laut FBB für die Gesellschafter: 1,093 Milliarden Euro.

Quelle: Rechnungshof Berlin

Doch dieses Modell wurde nicht gewählt: Zum Zuge kam das Teilentschuldungsmodell. Dahinter stand wohl der Wunsch, dass die FBB ab 2026 finanziell selbständig wird und ohne Bürgschaften der öffentlichen Hand am Kapitalmarkt Kredite aufnehmen kann. Damit sollten dann wohl auch die immer wieder aufkommenden Forderungen nach "frischem Geld" endlich vom Tisch sein. Kosten für die Steuerzahler laut Vorlage der FBB: 1,915 Milliarden Euro.

Günstige Variante nicht geprüft

Nach Auffassung des Landesrechnungshofs hätte die Berliner Senatsverwaltung laut Haushaltsordnung "eine eigene angemessene Wirtschaftlichkeitsuntersuchung" durchführen müssen. Doch genau das, so der Vorwurf, sei nicht geschehen. Die Senatsverwaltung habe deshalb auch "nicht hinreichend nachweisen können, ob die gegenwärtig verfolgte Sanierungsalternative der Teilentschuldung die wirtschaftlichste Lösung darstellt und der Haushalt nicht über das notwendige Maß hinaus belastet wird."

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FBB hat selbst kostengünstiges Modell vorgelegt

Der Vorwurf wiegt schwer, denn schon im März 2021 hatte die für "Finanzpolitik und Haushalt zuständige Abteilung II der Senatsverwaltung" die beiden Sanierungsmodelle miteinander verglichen. Ergebnis laut Rechnungshof: "Dabei stellte sie fest, dass das Teilentschuldungsmodell zu einer deutlich höheren Belastung des Haushalts von damals rd. 250 Mio. € in einem kürzeren Zeitraum führen würde."

Entschieden wurde dennoch anders – ohne Prüfung. Dadurch sei die Senatsverwaltung auch "das Risiko eingegangen, dass das Ziel einer Kapitalmarktfähigkeit und finanziellen Selbstständigkeit der FBB ab dem Jahr 2026 nicht erreicht werden könnte. Auch im Falle eines Erreichens der Planzahlen laut Businessplan 2021 erachtet der Rechnungshof das Zustande­kommen einer unverbürgten Anschlussfinanzierung als nicht ausreichend gesi­chert."

In diesem Fall könnte es für die Gesellschafter – Berlin, Brandenburg, Bund – also sogar noch teurer kommen, wenn das Ziel nicht erreicht werden sollte.

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Warum das teurere Modell?

Antwort der Senatsverwaltung an den Landesrechnungshof: "das Status Quo-Modell sei … aus beihilferechtlichen Gründen mangels Umsetzbarkeit ausgeschieden." Das heißt, die Senatsverwaltung behauptet, die EU-Kommission hätte einem derartigen Modell, dass allein Berlin 304 Millionen Euro weniger kosten könnte, nicht zugestimmt.

Die Rechnungshofprüfer stellen dagegen unumwunden fest, dass die Senatsverwaltung dieses Modell gar nicht erst mit der EU-Kommission besprochen hat.

Die Berliner Senatsverwaltung für Finanzen teilt auf Nachfrage des rbb mit, die Gesellschafter der FBB würden mit "der Teilentschuldung die wirtschaftlichste Sanierungsalternative" umsetzen. "Andere Alternativen, darunter auch Maßnahmen im Sinne des damaligen Status Quo, die lediglich die Liquidität des Unternehmens sichern, ermöglichen hingegen keine nachhaltige Finanzierung und auch perspektivisch nicht die eigenwirtschaftliche Tätigkeit."

Zugleich räumt die Finanzverwaltung ein, dass es keine "vertiefte beihilferechtliche Prüfung" gegeben habe. Sie sei "nicht zielführend gewesen und hätte aus hiesiger Sicht auch wenig Aussicht auf Erfolg gehabt."

Sendung: rbb24 Inforadio, 09.02.2023, 06:20 Uhr

Beitrag von René Althammer (rbb24 Recherche)

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