Restrukturierungsplan
Ein Londoner Gericht hat es der hochverschuldeten Adler Group erlaubt, sich selbst abzuwickeln um seine Gläubiger zu bezahlen. Der angeschlagene Konzern will künftig Bauprojekte veräußern.
Der angeschlagene Immobilienkonzern Adler Group darf nach einem Gerichtsurteil aus London an seiner geplanten Umstrukturierung festhalten. "Damit können wir unsere Ende 2022 geschlossene Vereinbarung mit unseren Anleihegläubigern endlich in die Tat umsetzen und unsere Fremdfinanzierung absichern", teilte ein Sprecher der Adler Group am Mittwoch auf rbb-Anfrage mit.
Strategisch werde sich die Adler Group auf die Verwaltung und Weiterentwicklung eines Bestandsportfolios in Berlin ausrichten. "Dies bedeutet, dass wir auch künftig einzelne Portfoliobestandteile veräußern werden", so der Sprecher weiter.
Adlers Argumentation vor Gericht sah allerdings nicht die Rettung sondern die selbstbestimmte Abwicklung des Konzerns vor, wie das "Handelsblatt" [handelsblatt.com; Bezahlschranke] berichtete. Das Unternehmen wolle sich demnach bis 2026 von allen Wohnungen und Baustellen trennen und seine Gläubiger voll auszahlen. Vor Gericht hatten Adler-Anwälte argumentiert, dass auf diesem Weg mehr Kapital gerettet werde als im Insolvenzszenario.
Der Adler Group gehören unter anderem Dutzende teurer Immobilien und Grundstücke in Berlin, darunter der Steglitzer Kreisel und das Bauprojekt Wasserstadt Mitte in Berlin.
Adler darf nun knapp eine Milliarde Euro neue Schulden machen und bekommt mehr Freiheiten bei der Rückzahlung von Anleihen in Höhe von insgesamt 3,2 Milliarden Euro, die in den kommenden Jahren fällig werden. Die Gläubiger erhalten im Gegenzug höhere Zinsen. Der in Luxemburg ansässige Konzern ist mit rund 27.000 Wohnungen eines der größeren Wohnungsunternehmen in
Deutschland.
Der Berliner Mieterverein sprach sich dafür aus, dass der Senat Wohnungen aus dem Bestand der Adler Group ankauft. Geschäftsführer Sebastian Bartels sagte dem rbb, der künftige Senat habe sich in seinem Koalitionsvertrag darauf geeinigt, bis zu 150.000 Wohnungen anzukaufen. "Vielleicht ist es ja sinnvoll, da mal Fühler auszustrecken und zu gucken, ob zu guten Bedingungen - weit unter dem Verkehrswert - Objekte erworben werden können."
Der Rechtsanwalt Ulrich Poppelbaum empfiehlt Betroffenen, vom Kaufvertrag für Wohnungen im Adler-Projekt Steglitzer Kreisel zurückzutreten. Er vertritt zwölf Mandanten, die dort Wohnungen gekauft haben.
Dadurch würden sie so gestellt, als hätten sie den Vertrag gar nicht abgeschlossen und würden alles, was sie bezahlt haben, zurückbekommen, sagte Poppelbaum dem rbb. Er halte es für sehr unwahrscheinlich, dass die Wohnungen bis zum Sommer 2024 fertig sind.
Der Londoner High Court hatte am Mittwoch den Restrukturierungsplan der angeschlagenen Adler Group trotz des Widerstands einiger Gläubiger gebilligt. Einige der Gläubiger sahen sich von dem Urteil benachteiligt und machten das auch vor Gericht deutlich - dies blieb aber ohne Erfolg.
Gläubiger-Anwälte wollen nun weitere Rechtsmittel prüfen. Adler begrüßte dagegen den Richterspruch. "Mit dem positiven Gerichtsentscheid des High Court in London können wir unseren Restrukturierungsplan nun endlich umsetzen", sagte Verwaltungsratschef Stefan Kirsten. Für Kirsten bleibt aber weiter viel zu tun - unter anderem muss er endlich einen Abschlussprüfer für die Bilanzen des Konzerns finden.
Bei dem Restrukturierungsplan geht es um Veränderungen der Bedingungen von Anleihen, die zwischen 2024 und 2029 fällig werden. So sollen unter anderem die im kommenden Jahr fälligen Bonds um ein Jahr verlängert werden. Insgesamt hat der Konzern Anleihen über rund 3,2 Milliarden Euro im Markt, zusammen mit Krediten und anderen Finanzierungen belaufen sich die Schulden auf über sechs Milliarden Euro.
Um den Restrukturierungsplan umzusetzen, wurden Anleihen auch auf eine neue englische Tochtergesellschaft verlagert. Gelinge der Plan nicht, könne die Adler Group in eine finanzielle Schieflage schlittern, hatte ein Vertreter der britischen Tochter in einer Anhörung vor dem Gericht gesagt. Nach der Entscheidung des Londoner Gerichts legten Adler-Aktien deutlich zu und notierten am Mittag mit einem Plus von knapp 17 Prozent bei einem Euro. Ende April 2022 waren die Anteilsscheine aber noch 13,95 Euro wert.
Die Adler Group steht seit Monaten unter Druck. Der im Zuge des Wirecard-Skandals bekannt gewordene Shortseller Fraser Perring hatte dem Unternehmen Betrug und Bilanzfälschung vorgeworfen. Die Adler Group bestritt alle diese Vorwürfe. Eine von Adler beauftragte Untersuchung durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG Ende April brachte jedoch keine vollständige Entlastung.
Sendung: rbb24 Abendschau, 12.04.2023, 19:30 Uhr
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