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Inflation treibt die Preise für Süßes
Der Osterkonsum ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor - auch für Süßwarenhersteller in der Region. Die Inflation aber treibt die Preise. Im Ostergeschäft nun sind auch Hühnereier nicht nur teuer, sondern auch noch knapp. Ein Berliner Startup will das vegane Ei als Alternative etablieren. Von Johannes Frewel
Weiße Fassade, gelbe Fensterrahmen. Ein schmuckloser Gewerbebau aus den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Der weiße Schriftzug "Sawade – Pralinen & Trüffel“ prangt auf dunklem Grund über dem Werksverkauf in der Wittestraße in Berlin-Reinickendorf. Sawade ist ein mittelständischer Schokoladen- und Pralinenhersteller.
Seit 1880 versorgt die wohl älteste Pralinenmanufaktur Berlins die Region mit Naschereien. Die Krisenjahre der Pandemie habe die Pralinenfabrik gut überstanden, zeigt sich Benno Hübel erleichtert. Er hat das einst heftig strauchelnde Unternehmen 2013 übernommen.
Seit den ersten Corona-Lockdowns sei es stetig bergauf gegangen. "Wir haben, ehrlich gesagt, profitiert von der Re-Regionalisierung", sagt Hübel. Verbraucher kehrten zu regionalen Anbietern zurück. Das Unternehmen sucht wegen der süßen Krisenkonjunktur Mitarbeiter.
Seit kurz nach Weihnachten arbeiteten rund 90 Beschäftigte am Osterprogramm. Zu Ostern besonders gefragt ist das Sawade-Ei. In der ockerfarbig gefliesten Werkshalle stellen zwei Mitarbeiter Schoko-Halbschalen für die Osterspezialität her. Nuss-Dessert, Sahne-Nougat, Kirschen, Rum-Sahne und geflämmtes Marzipan als Deckel – die Manufaktur-Produktion des geschichteten Pasteten-Eis ist aufwendig.
Zuletzt ein Schwenk im Schokoladenbad. Die Pasteteneier landen auf einem kleinen Förderband. Mitarbeiterin Manja hält in einer Hand eine kleine Schokoladen-Spritztüte, Geschmacksrichtung schwarzbitter. Mit der anderen Hand krönt sie das Manufakturstück leuchtend grün, "ich mache Pistazien obendrauf, damit es noch schöner aussieht". Die Leckerei ist fertig fürs Osternest.
Szenenwechsel. Am Berliner Gendarmenmarkt wirkt es beim Schokoladen-Kaufhaus Rausch, als hätte der Osterhase hier sein Reich aufgeschlagen. An der Tür – dunkler Metallrahmen, viel Glas - wartet Mitarbeiterin Fenja Zwiesele: "Wir befinden uns gerade an der längsten Pralinentheke der Welt mit über 250 verschiedenen Pralinen- und Schokoladenkreationen“, sagt sie und präsentiert das Angebot im Eingangsbereich des dreistöckigen Schokoladenkaufhauses.
Papua-Neuguinea, die indonesische Insel Java, Karibikinseln wie Trinidad, Tobago, Costa Rica in Mittelamerika – hier dreht sich alles um die edle Kakao-Frucht aus den schönsten Regionen rund um den Äquator. Storemanager Sven Andrée leitet den Verkauf. Im Angebot zum Osterfest zahlreiche gefüllte Ostereier, "zu Ostern natürlich auch Eierliköreier, klar", sagt er und lacht.
Das Familien-Unternehmen besteht seit 1918. Robert Rausch führt es nunmehr in der fünften Generation. Er krempelte das Geschäft zum Direktvertrieb um und machte es fit für den Onlinehandel. "Der Onlinehandel hat in der Pandemie einen Schub bekommen, das war unglaublich", berichtet der Junior-Chef. Zu Ostern kehren die Kunden zunehmend persönlich in den Laden zurück - auch, um im Café mit Blick über den Gendarmenmarkt eine Trinkschokolade mit Knabbereien zu genießen.
Ostern ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Die meisten Süßwarenbetriebe beginnen mit der Produktion schon vor Weihnachten, umreißt Solveig Schneider vom Bundesverband der Süßwarenindustrie den Produktionszyklus. Nach Südafrika, in die USA oder Kanada "haben die Hasen einen relativ weiten Weg", sagt Schneider. "Die Exporthasen werden zuerst produziert und dann auf die Reise geschickt“.
In Berlin und in Brandenburg gibt es eine Süßwarenindustrie mit 10.000 Mitarbeitern. Sebastian Riesner, Geschäftsführer beim Landesverband Ost der Gewerkschaft Nahrung, Genuss und Gaststätten NGG in Berlin zählt die größten regionalen Süßwarenunternehmen auf: Bahlsen, der Grundstoffhersteller Reuss, Storck, wichtige Marzipanhersteller wie Moll-Marzipan oder der Schokoladenspezialist Stollwerck und Katjes in Potsdam.
Die schokoladenschmelzige Welt zwischen Krokant und Marzipan ist allerdings kein Schlaraffenland. Nach Ostern bereiten sich Gewerkschafter und Arbeitgeber auf die nächste Tarifrunde vor. Angesichts der Inflation und der guten Unternehmensumsätze wollen die Mitarbeiter nun ihren Anteil.
Ostern ohne Hühner-Eier? - Undenkbar. Sie sind in diesem Jahr teurer als jemals zuvor. Henner Schönecke ist Legehennenhalter und Chef des Bundesverbands Ei. "Eier sind so knapp wie noch nie", erklärt er. Das Wirtschaften ohne Kükentöten führte dazu, dass Landwirte weniger Hennen anschafften. Die Ukrainekrise und die Inflation trieben die Futterpreise hoch. Als Folge gebe es europaweit nur noch sehr geringe Tierbestände, rechnet Schönecke vor. Dazu seien viele Tiere durch die Vogelgrippe gestorben. Ein günstiges Ei kostet inzwischen etwa ab 22 Cent, für ein fair gehandeltes Bio-Ei bester Provenienz werden leicht 50 Cent fällig.
Ein Berliner Startup arbeitet daran, dass das Gackern im Stall künftig seltener wird. Das Ei aus der Retorte: sowohl Eiweiß als auch Eigelb haben Wissenschaftler auf Pflanzenbasis nachgebaut. Eigenschaften als auch Geschmack sollen bereits nah dran sein am Hühnerprodukt, verspricht Saska Scheibel vom Berliner Startup Neggst.
Erste Restaurants auch in Berlin verwenden das vegane Ei bereits. Rund um das Osterfest können Kunden des österreichischen Rewe-Ablegers Billa das Produkt erstmals im Laden testen. "Nächstes Jahr sind wir auch in Deutschland groß in den Supermärkten", sagt Saska Scheibel. Hinter dem Berliner Forscherunternehmen mit zehn Mitarbeiter stehen Branchengrößen wie Ehrmann oder Zentis. Sie erhoffen sich nicht nur zu Ostern ein gutes Geschäft mit dem veganen Ei.
Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 06.04.2023, 19:30 Uhr
Beitrag von Johannes Frewel
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