rbb24
  1. rbb|24
  2. Wirtschaft
Video: rbb24 Abendschau | 21.04.2023 | Fanny Michaelis | Quelle: dpa/M.Sohn

Fernverkehr noch eingeschränkt

Warnstreik bei der Bahn beendet - Nahverkehr rollt wieder

Acht Stunden lang wurde der Bahnverkehr bestreikt. Der Warnstreik ist zwar seit dem Mittag offiziell vorbei - aber die Einschränkungen dauern teilweise noch an.

Nur acht Stunden dauerte der Warnstreik der Bahngewerkschaft EVG - doch die Auswirkungen waren deutlich zu spüren: Erst am frühen Freitagnachmittag konnte die Bahn damit beginnen, ihre Fernzüge wieder auf die Strecke zu bringen. Da war der Ausstand seit zwei Stunden beendet. Bis in den Abend hinein sollten noch Einschränkungen im Fernverkehr zu spüren sein. Im Regional- und S-Bahnverkehr lief der Betrieb zwar schneller an. Im Laufe des Nachmittags sollen demnach wieder rund 90 Prozent der regulär vorgesehenen Züge verkehren. Doch erst ab Samstag dürfte wieder überall alles rundlaufen.

Es war der zweite Warnstreik der EVG in der Tarifrunde bei der Deutschen Bahn und Dutzenden weiteren Unternehmen. Gemeinsam mit Verdi hatte die Gewerkschaft Ende März für 24 Stunden weite Teile des öffentlichen Verkehrs zum Erliegen gebracht. Auch für Donnerstag und Freitag dieser Woche hatte Verdi an mehreren Flughäfen zum Warnstreik aufgerufen.

Zu den bereits am Donnerstag bestreikten Standorten Düsseldorf, Köln/Bonn und Hamburg kam am Freitag Stuttgart dazu. Dieses Mal war es laut EVG nur Zufall, dass beide Aktionen zusammenfielen.

Flugausfälle

Warnstreiks an deutschen Flughäfen wirken sich auch auf den BER aus

Mehr Fahrgäste nutzen BVG - Chaos bleibt aus

Zum Chaos im Berufsverkehr kam es dabei allerdings nicht. Nach Einschätzung mehrerer rbb-Reporter waren die meisten Pendlerinnen und Pendler auf den Ausfall von Zügen im Regional- und Fernverkehr sowie bei der S-Bahn eingestellt.

Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), die nicht am Streik beteiligt waren, verzeichneten zwar mehr Fahrgäste, konnte diese aber ohne größere Probleme befördern. "Beim Bus kam es in einigen Fällen zeitweise im Berufsverkehr dazu, dass Fahrgäste auf die nächste Fahrt warten mussten", teilte das Unternehmen mit. "Bei U- und Straßenbahnen konnten dabei alle Fahrgäste befördert werden." Laut Einschätzung der BVG-Leitstellen nutzten "augenscheinlich" viele Menschen das sonnige Frühlingswetter, um mit dem Rad oder zu Fuß an ihr Ziel zu kommen. Am Potsdamer Hauptbahnhof lief der Verkehr mit Bussen und Straßenbahnen normal, wie ein dpa-Reporter beobachtete. Demnach waren aber mehr Fahrgäste als sonst zu sehen.

Auf den Straßen war es laut Verkehrsinformationszentrale (VIZ) Berlin in den frühen Morgenstunden nicht erheblich voller als sonst. Gegen 9 Uhr sorgten zwei Unfälle auf der A100 und der A115 parallel zum Warnstreik für längere Staus.

EVG zieht positives Fazit

Die EVG zog nach Beendigung des Streiks ein positives Fazit: "In allen 50 Unternehmen haben wir massive Auswirkungen gehabt", sagte Tarifvorständin Cosima Ingenschay. "Auf der Schiene und auch bei den Busbetrieben ist quasi nichts mehr gefahren."

Die Beteiligung habe in etwa auf dem Niveau des ersten großangelegten Warnstreiks der EVG und Verdi von Ende März entsprochen. "Die Wut und Enttäuschung ist sehr groß, dass immer noch keine verhandlungsfähigen Angebote vorliegen", sagte Ingenschay.

Im März hatten bereits rund 350.000 Beschäftigte des Verkehrssektors auf Aufruf der EVG und der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi die Arbeit niedergelegt.

Infos im Netz

Aktuelle Infos der Bahn

Aktuelles Infos des VBB

Bahn-Personal-Vorstand zweifelt an Ernsthaftigkeit

Konzern-Personalvorstand Martin Seiler warf der EVG am Freitag vor, an Verhandlungen gar nicht interessiert zu sein. "Das ist doch ein Widerspruch zu sagen, ich will schnelle Ergebnisse für meine Mitglieder, streike dafür, und frage gleichzeitig nach Terminen in fünf Monaten", sagte er der "FAZ". "Da zweifle ich langsam an der Ernsthaftigkeit."

Die Bahn verwies erneut auf die eigene Bereitschaft, sich bei den Verhandlungen am Schlichterspruch im Tarifstreit des öffentlichen Diensts zu orientieren. Über diesen verhandeln Verdi und der Beamtenbund mit Bund und Kommunen am Wochenende in Potsdam.

EVG fordert mehr Geld

Am späten Donnerstagabend hatte das Arbeitsgericht in Frankfurt am Main den erneuten Warnstreik der EVG nach Angaben der Gewerkschaft für zulässig erklärt. Zwei Unternehmen der Transdev-Gruppe hatten demnach beantragt, den Arbeitskampf per einstweiliger Verfügung zu untersagen, waren damit aber gescheitert.

Die EVG verhandelt aktuell mit 50 Bahn-Unternehmen über einen neuen Tarifvertrag. Den Arbeitgebern wirft sie eine "Verweigerungshaltung" vor und droht mit weiteren Streikaktionen.

Die EVG fordert für die Beschäftigten mindestens 650 Euro mehr pro Monat oder zwölf Prozent bei den oberen Einkommen sowie eine Laufzeit von zwölf Monaten für den Tarifvertrag. Die bundeseigene Bahn zeigte sich zuletzt offen, den jüngsten Schlichterspruch im Tarifstreit des öffentlichen Diensts als Orientierung für eine bahnspezifische Lösung zu übernehmen. Die EVG lehnte das strikt ab.

Der Schlichterspruch sieht zunächst einen steuer- und abgabefreien Inflationsausgleich in mehreren Stufen von insgesamt 3.000 Euro vor. Ab März 2024 soll es dann einen Sockelbetrag von 200 Euro sowie anschließend ein Lohnplus von 5,5 Prozent geben.

Sendung: rbb24 Inforadio, 21.04.23, 14:10 Uhr

Artikel im mobilen Angebot lesen