IT-Bereich, Kfz-Zulassung, Jobcenter
Ob in der Gastronomie, Kraftfahrer oder Bürokauffrauen: Zahlreiche Unternehmen suchen Fachkräfte. Nicht nur Privatfirmen buhlen derzeit um Personal, sondern auch die öffentlichen Verwaltungen. Der Landkreis Oberhavel will hunderte Stellen schaffen. Von Karsten Zummack
In Oberhavel bieten sich demnächst zahlreiche neue berufliche Perspektiven. Die Kreisverwaltung will 376 zusätzliche Jobs ausschreiben - in der Kfz-Zulassung, im IT-Bereich oder im Jobcenter. Der Kreistag gab dafür in der vergangenen Woche grünes Licht.
"Wir sind ein wachsender Landkreis und auch die Aufgaben werden mehr", begründet Landrat Alexander Tönnies (SPD) seinen Vorstoß. Er will die ganze Verwaltung umkrempeln und sie für die Zukunft aufstellen. Aus vier Dezernaten sollen sechs werden, statt knapp 1.300 Jobs sollen es fast 1.700 werden. Davon könnte auch die Bevölkerung in Oberhavel profitieren. "Wir erhoffen uns eine Verwaltung, die ein guter Standortfaktor ist, dass Anträge schnell bearbeitet werden und dass man gut beraten wird", so Tönnies.
Unterstützung kommt vom Personalrat der Kreisverwaltung. Die Vorsitzende Ricarda Schlötcke freut sich über die geplante Personalaufstockung, "weil die Kollegen am Rande ihrer Belastungsgrenzen sind". Sie würden mehr als 1.600 Mehrarbeitsstunden vor sich herschieben, es gebe immer mehr Überlastungsanzeigen. "Die Kollegen können einfach nicht mehr", warb die Personalvertreterin auf der entscheidenden Kreistagssitzung in Oranienburg für Neueinstellungen.
Mehr als zwei Stunden hatten die Kommunalparlamentarier über den Stellenaufwuchs diskutiert. Knackpunkt war natürlich die finanzielle Mehrbelastung, die damit verbunden ist. Die CDU forderte im Vorfeld eine unabhängige Untersuchung zur Personalbedarfsermittlung. Doch am Ende gab es für den Plan 27 Ja- bei 22 Nein-Stimmen. Zwei Abgeordnete enthielten sich. Damit steht der Einstellungsoffensive nichts mehr im Wege.
Die zusätzlichen Kosten beziffert Landrat Tönnies auf acht Millionen Euro in diesem Jahr. 2024 und 2025 könnte der Mehraufwand jeweils etwa 20 Millionen betragen. "Wir gehen davon aus, dass wir das mit unserem Haushalt finanzieren können", betont der SPD-Landrat. Die Kreisumlage, die Gemeinden in der Region zahlen, soll nicht erhöht werden.
Trotzdem beobachten die Bürgermeister in Oberhavel das Vorhaben mit Skepsis. Sie haben in einem offenen Brief ihre Bedenken niedergeschrieben. Die Kommunen befürchten vor allem, dass sie auf längere Sicht vielleicht doch irgendwann für den Personalzuwachs zur Kasse gebeten werden.
"Ich habe Bauschmerzen, weil dieser Beschluss in die nächsten Jahre reinreichen wird", erklärt der Bürgermeister von Fürstenberg/Havel, Robert Philipp (parteilos). Außerdem befürchtet er einen zunehmenden Wettbewerb um gutes Personal.
Überhaupt ist der allgemeine Fachkräftemangel längst auch in den öffentlichen Verwaltungen angekommen. Die Kreise und kreisfreien Städte in Brandenburg suchen über ihre Internetseiten aktuell mindestens 380 Mitarbeiter. Überall finden sich Stellenausschreibungen, Stellen bleiben unbesetzt.
Zugleich werden eben in vielen Regionen in diesem und im kommenden Jahr neue Jobs geschaffen. Auf Nachfrage des rbb bestätigten das Brandenburg (Havel), Frankfurt (Oder), Oder-Spree, Oberspreewald-Lausitz, Uckermark, Ostprignitz-Ruppin und Dahme-Spreewald. Teltow-Fläming möchte um mehr als 100, Potsdam um 290 Stellen aufstocken. Spitzenreiter aber ist eben Oberhavel mit einem geplanten Zuwachs von 376 Arbeitsplätzen.
Auch kleinere Kommunen brauchen Zusatzpersonal, bestätigt der Städte- und Gemeindebund Brandenburg. "Zum Teil nehmen die Aufgaben zu, die Anforderungen an den öffentlichen Dienst sind gestiegen", erklärt Geschäftsführer Jens Graf. Er führt als Beispiele die verbesserten Betreuungsschlüssel in den Kindertagesstätten sowie die Wohngeldreform ins Feld. Außerdem gibt es immer mehr Zuzug. Auch das verursacht Mehrarbeit in den Verwaltungen. In Oberhavel naht jetzt zumindest Verstärkung. Vorausgesetzt, die Kreisverwaltung findet passende Fachkräfte.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 12.05.2023, 19:30 Uhr
Beitrag von Karsten Zummack
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