Wird Cannabis bald legal? Die Spekulationen darüber versetzen die Branche rund um Hanf-Produkte in Goldrausch-Stimmung. Auch auf der "Mary Jane" in Berlin, eine zentrale Messe der Hanf-Szene. Von Johannes Frewel
Nach der Sommerpause könnte das Gesetz zur Legalisierung von Cannabis als Entwurf den Weg ins deutsche Regierungskabinett finden. Bis Gras dann in lizensierten Läden angeboten wird, dürfte es zwar noch einige Zeit dauern. Doch die Handelsstrukturen für Produkte mit dem nicht berauschenden Hanf-Bestandteil Cannabidiol (CBD) sind bereits fest etabliert und wachsen stark.
Viele Jugendliche und junge Erwachsene in Berlin haben Erfahrungen mit dem Konsum von Cannabis. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie. Jungen sind häufiger betroffen als Mädchen, die Pandemie hat das Problem offenbar verstärkt.
30.000 Besucher am Wochenende erwartet
"Zuckerwatte, die mit CBD angereichert wird", zählt Nhung Nguyen Produkte auf, "aber auch Tees, Schokolade, Pasta, Waffeln bis hin zu Leckerlies für gestresste Hunde." Nguyen ist Organisatorin der Hanf-Messe "Mary Jane" in Berlin. Sie schätzt, dass die erwarteten 300 Aussteller auf der Messe etwa 35.000 verschiedene Produkte präsentieren werden. 30.000 Besucher könnten die Fach- und Publikumsmesse, das begleitende Kongressprogramm und ein Hanf-Festival in der Arena Berlin in Alt-Treptow und am Badeschiff am Spreeufer besuchen - so viele, wie nie zuvor.
Die Aussicht auf die Kehrtwende der deutschen Drogenpolitik bei Cannabis hat der Branche einen kräftigen Schub verpasst. Neue Anbieter kommen mit Produkten auf den Markt, die Hanf-Bestandteile enthalten. Sie wollen sich mit ihren Marken und Lieferketten rechtzeitig positionieren, um nach der erwarteten Legalisierung soweit möglich dann ganz legal auch Geschäftsbereiche zu erschließen, die derzeit der Schwarzmarkt noch im Griff hat.
Hanfmesse als Investoren-Sprungbrett auf den deutschen Markt
Mit über 80 Millionen Verbrauchern sei Deutschland ein großer Markt in Europa und ziehe zunehmend internationale Investoren an, sagt Nhung Nguyen. "Die Nachfrage aus dem Ausland war noch nie so groß wie dieses Jahr", freut sich die Messechefin und berichtet von Andrang von interessierten den Aussteller. Bereits zwei Wochen nach Vermarktungsstart waren 70 Prozent der Ausstellungsflächen ausgebucht. Deutschland entwickelt sich in Europa immer stärker zu einem Hotspot für Hanf-Produkte.
Die "Mary Jane" gehört zu den eher jungen Messen, sie startete 2016. Inzwischen ist sie nach Veranstalterangaben zu Europas Leitmesse der Branche gewachsen.
Genaue Umsatzzahlen zu Hanf-Produkten gibt es nicht. Die größten Umsätze - abseits des Schwarzmarkts - entfallen nach Schätzungen der Messeveranstalter auf legale Hanf-Produkte mit Cannabidiol, zugelassene Produkte mit medizinischer Ausrichtung und auch auf Zubehör rund um den fachgerechten privaten Hanf-Anbau.
In Berlin wird viel gekifft, aber oft fehlt es an Wissen darüber. Das ist die Erkenntnis einer Studie über Cannabiskonsum, für die über 2.000 junge Berliner und Berlinerinnen befragt wurden.
Längst bietet auch die Softwarebranche erste Produkte für den Zeitpunkt nach der erwarteten Legalisierung an: Apps zum Beispiel könnten die Stellen, die die Cannabis-Verteilung organisieren, bei Verwaltungsaufgaben unterstützen. "Über die Social Clubs soll später die Abgabe von geprüftem und qualitativ hochwertigem Cannabis an die Mitglieder erfolgen", erwartet Mary-Jane-Organisatorin Nhung Nguyen. Wie das genau aussehen wird, muss allerdings erst noch geregelt werden.