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Video: rbb|24 | 20.06.2023 | Material: rbb24 Abendschau | Quelle: dpa/M.Gottschalk

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Wie Geflüchtete in Berlin und Brandenburg in den Arbeitsmarkt integriert sind

Putzkraft, Kellnerin, Wachmann: In sogenannten Helferberufen finden oft Geflüchtete Arbeit. Fehlende Sprachkenntnisse oder Abschlüsse bremsen den Einstieg in gut bezahlte Jobs aus. Doch die Zahl der Fachkräfte unter den Zuwanderern steigt. Von G. Gringmuth-Dallmer und S. Schneider

In Berlin arbeiten die meisten sozialversicherungspflichtig beschäftigten Ausländer:innen aus den wichtigsten Asylherkunftsländern in den Bereichen Lagerwirtschaft sowie Post und Zustellung. Das zeigen Daten der Bundesagentur für Arbeit, die rbb|24 anlässlich des Weltflüchtlingstages am 20. Juni ausgewertet hat. Viele Menschen aus Asylherkunftsländern arbeiten zudem als Fahrzeugführer:innen im Straßenverkehr, im Sicherheitsgewerbe und der Gastronomie. In Brandenburg sind die wichtigsten Bereiche die Lagerwirtschaft, Reinigung und Gastronomie.

Die laut Bundesagentur für Arbeit bedeutendsten Asylherkunftsländer sind Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia sowie Syrien. Etwa 70 Prozent der Menschen in Berlin und Brandenburg, die Staatsbürger:innen eines dieser Länder sind, sind nach Angaben des Statistischen Bundesamtes als sogenannte Schutzsuchende eingestuft [Zuwanderungsmonitor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)].

Hintergrund

Asylherkunftsländer

Die Quote von sozialversicherungspflichtig Beschäftigten liegt bei Menschen aus den Asylherkunftsländern zum Stichtag 31.08.2022 mit 36,5 Prozent deutlich unter der Quote der Gesamtbevölkerung von 61,6 Prozent. Dieser deutliche Unterschied liegt laut Arbeitsmarktforschenden vor allem an Dingen wie der Sprachbarriere, dem Bildungsniveau, der schwierigen bis unmöglichen Anerkennung von Abschlüssen und fehlenden Arbeitserlaubnissen.

Berlin liegt bei der Quote der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Schutzsuchenden etwa im Bundesdurchschnitt, Brandenburg hat im Vergleich der Bundesländer zusammen mit Mecklenburg-Vorpommern die niedrigste Quote. Die höchsten Beschäftigungsquoten haben in Berlin Menschen aus Nigeria (59 Prozent), Pakistan (56) und Eritrea (50), in Brandenburg sind es Menschen aus Eritrea (53), Nigeria (43) und Iran (42).

Die Zahlen für die Region zeigen aber auch: Die Menschen aus Asylherkunftsländern, die eine sozialversichungspflichtige Beschäftigung haben, sind immer öfter höher qualifiziert. Die Arbeitsagentur teilt in ihren Statistiken in Helfertätigkeit, Fachkraft und Spezialist/Experte ein [statistik.arbeitsagentur.de]. In Berlin übten im Jahr 2017 36,3 Prozent eine Helfertätigkeit aus - 2022 war die Zahl auf 30 Prozent gesunken. Gestiegen ist dafür in Berlin der Anteil der Fachkraftjobs von 42,8 auf 45,6 Prozent und der Spezialisten/Experten von 20,9 auf 24,3 Prozent.

Auch in Brandenburg ist der Anteil der Helferjobs gesunken. Von 47 Prozent im Jahr 2017 auf 43,3 Prozent im vergangenen Jahr. Der Anteil der Fachkräfte ist von 39 auf 43,8 Prozent gestiegen, der Anteil der Spezialisten/Experten von 14 auf 12,9 Prozent gesunken. Basis der Auswertung sind jeweils alle sozialversicherungspflichtig Beschäftigten aus Asylherkunftsländern [Migrationsmonitor der Arbeitsagentur].

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Viele Hürden für Geflüchtete

Der lange Weg in den Arbeitsmarkt

Bevor Geflüchtete in Deutschland arbeiten können, müssen sie viele Hindernisse überwinden. Zwei Beispiele aus Berlin zeigen, was alles nötig ist, damit Integration auf dem Arbeitsmarkt gelingen kann. Von Linh Tran

Nach einem coronabedingten Rückfall sind das Anzeichen dafür, dass die Arbeitsmarktintegration erfolgreicher verläuft, als noch rund um die großen Einwanderungszahlen von Geflüchteten in den Jahren 2015 und 2016.

Auch die Quote der Menschen aus den wichtigsten Asylherkunftsländern, die Sozialleistungen nach SGB II ("Hartz IV" bzw. jetzt Bürgergeld) erhalten, sinkt leicht. Im Jahr 2018 erreichte sie in Deutschland mit 63,8 Prozent ihren Höhepunkt. Im Jahr 2022 lag sie bei Menschen aus diesen Ländern bei 46,8 Prozent - zum Vergleich: In Deutschland insgesamt lag sie bei 7,8 Prozent.

Unter der Quote der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, der sogenannten SV-Quote (siehe Kasten) versteht man den Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten an der Bevölkerung im Alter von 15 bis unter 65 Jahren. Zum Stichtag 31.08.2022 lag sie bei den Menschen aus den genannten Ländern bei 36,5 Prozent. Im Durchschnitt lag sie in Deutschland zu diesem Zeitpunkt bei 61,6 Prozent. Die Erhebung dieser Zahlen ist komplex und erfolgt mit unterschiedliche Quellen, was zu Unsicherheiten bei der Vergleichbarkeit führt (siehe Kasten).

Große Unterschiede gibt es zwischen den einzelnen Bundesländern (siehe Grafik). Über dem bundesweiten Schnitt liegen sechs Bundesländer bzw. Stadtstaaten, an der Spitze steht Bayern mit 42,6 Prozent und Baden-Württemberg mit 41,6 Prozent. Am Ende befinden sich Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern mit 31,5 Prozent. Berlin liegt mit 35,2 Prozent knapp unter dem bundesweiten Durchschnitt.

Brandenburg liegt bei allen SV-Beschäftigten mit einer Quote von 63,8 Prozent über dem bundesweiten Schnitt, Berlin mit 55,9 Prozent deutlich darunter.

SV-Beschäftigtenquote

In Berlin lebten nach Zahlen von Ende 2021 zufolge knapp 90.000 Menschen aus den oben erwähnten Asylherkunftsländern, fast die Hälfte kam aus Syrien. Die Zahlen stammen aus der Bevölkerungsfortschreibung vom Amt für Statistik Berlin-Brandenburg und sind die aktuellsten, die verfügbar sind. Knapp 64.000 dieser Menschen waren im statistischen erwerbsfähigen Alter zwischen 15 und 65 Jahren. In Brandenburg waren es knapp 35.000 Menschen, etwa 24.000 von ihnen im erwerbsfähigen Alter zwischen 15 und 65 Jahren. Wie bei der Gesamtbevölkerung gilt: Nicht alle im erwerbsfähigen Alter können auch tatsächlich arbeiten. Menschen, die beispielsweise wegen einer Krankheit erwerbsunfähig sind, zählen auch zu dieser Statistik.

Im April 2023 waren bundesweit 265.120 Menschen, die aus einem der Asylherkunftsländer stammen, arbeitslos - ein Anstieg von 15 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Das liegt daran, dass deutlich mehr Geflüchtete nach Deutschland kommen. Im Frühjahr waren es über 78 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum 2022. Sie werden zunächst alle als arbeitslos in der Statistik gezählt, arbeiten dürfen sie frühestens nach drei Monaten.

Trotz Fortschritten bei der Qualifizierung in Deutschland arbeiten immer noch viele anerkannte Asylbewerber:innen Helferjobs und Jobs im Niedriglohnbereich. Zahlreiche Unternehmen decken ihren Bedarf an ungelernten Arbeitskräften mit Schutzsuchenden. Dabei sind diese nicht zwangsläufig geringer qualifiziert, sondern brauchen viel Zeit, Behördengänge und nicht zuletzt auch Geld für Gebühren, um ihre ausländischen Bildungsabschlüsse in Deutschland anerkennen zu lassen. Ein Aspekt sind in diesen Helferjobs auch: Man kann schnell eigenes Geld verdienen und muss im Berufsalltag nicht besonders gut Deutsch sprechen. Das gilt beispielsweise für die in Berlin und Brandenburg stärker vertretenen Bereiche Reinigung, Lagerwirtschaft und Sicherheitsgewerbe.

Während der ersten drei Monate, wenn Asylbewerber:innen in einer Aufnahmeeinrichtung leben, oder wenn Personen aus sicheren Drittstaaten kommen, dürfen sie nicht arbeiten. Danach können sie eine eingeschränkte Arbeitserlaubnis bei der Ausländerbehörde beantragen. Die Agentur für Arbeit prüft dann die Arbeitsangebote. Wenn sie zustimmt, dürfen die Geflüchteten die Arbeit aufnehmen.

Geflüchtete, die das Asylverfahren abgeschlossen haben und unter subsidiärem Schutz [bamf.de] stehen oder als asylberechtigt anerkannt sind, dürfen uneingeschränkt in Deutschland arbeiten. Sie müssen sich zunächst bei der Arbeitsagentur oder dem Jobcenter melden, werden registriert und zu ihrer beruflichen Qualifikation abgefragt.

Vor der Registrierung ist die Qualifikation der Asylbewerber nicht bekannt. Sie spielt auch im Asylverfahren keine Rolle. Bei Duldung dürfen Geflüchtete ebenfalls arbeiten, allerdings muss der Status alle sechs Monate bestätigt und verlängert werden. Das schränkt die Möglichkeit, eine Arbeit zu finden, stark ein, sagen Experten.

Dass die SV-Beschäftigungsquote bei Geflüchteten deutlich niedriger ist, als die der Gesamtbevölkerung, hat laut Arbeitsmarktforschenden sechs wesentliche Ursachen: die Sprache, das Bildungsniveau, die Anerkennung von Abschlüssen, fehlende Netzwerke in die deutsche Gesellschaft, mentale Belastungen durch Traumata und zum Teil auch fehlende Arbeitserlaubnisse. Damit haben sie auch Nachteile im Vergleich zu anderen Einwander:innen, die teils mit Vorbereitungszeit, einer gefragten Qualifikation und auf sicherem Weg nach Deutschland kommen, um sich hier ein Leben aufzubauen.

Nach Angaben von Herbert Brücker, Forscher am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), sind trotzdem von den Menschen, die 2015 gekommen seien, inzwischen mehr als 50 Prozent in Beschäftigung. "Damit geht der Integrationsprozess etwas schneller als zum Beispiel bei den Geflüchteten, die einst aufgrund der Jugoslawienkriege nach Deutschland kamen. Nach acht bis zehn Jahren entsprechen die Erwerbstätigenquoten denjenigen von anderen Migrantinnen und Migranten", sagte Brücker.

Ein zweiter Unterschied zu anderen Migrant:innen, der bei der Debatte oft vergessen wird: Das Asylverfahren richtet sich ausschließlich nach humanitären Erwägungen, nicht nach wirtschaftlichen. Asyl ist ein Grundrecht. Fachleute aus der Wirtschaft und der Migrationspolitik betonen deshalb, dass schutzsuchende Menschen nicht in erster Linie als Hilfe gegen die Probleme des überalternden deutschen Arbeitsmarktes gedacht werden sollten. Sie können nur einen kleinen Teil der Stellen in absehbarer Zeit besetzen. Würde man beide Kategorien rechtlich gleichstellen und Asylbewerber:innen über Arbeit automatisch anerkennen, ließe sich Zuwanderung bedeutend schwieriger steuern als ohnehin schon, heißt es aus dem Bundesarbeitsministerium. Und das Asylrecht würde ausgehöhlt.

"Jeder, der nach Deutschland kommt, die Sprache lernt und einen Job findet, ist ein Gewinn. Das ist wichtig für den einzelnen und gut für die Volkswirtschaft. So weit, so klar", sagte der OECD-Wirtschaftsexperte Thomas Liebig der "Wirtschaftswoche". "Aber man sollte nicht die Aufnahme von Flüchtlingen als das Mittel gegen den Fachkräftemangel verkaufen, das ist mein Argument." Allerdings gebe es mehr Möglichkeiten, Schutzsuchende, die arbeiten können und wollen, mit den Arbeitgebern, die suchen, zusammenzubringen.

Ein wichtiger Punkt wären schnellere Asylverfahren und einfacher nachvollziehbare, verlässliche Regeln. "Ich habe das Gefühl, wir brauchen gerade ziemlich viel Geld nur dafür, dass Leuten dieses ziemlich komplizierte System erklärt wird", sagt eine Beraterin von arbeitssuchenden Geflüchteten.

Laut einer Umfrage des Netzwerks "Unternehmen integrieren Flüchtlinge" aus dem Jahr 2022 bezeichnete die Mehrheit der Mitglieder die komplizierten Verfahren und Vorschriften bei der Beschäftigung von Geflüchteten als "grösste Herausforderung". Wo Unternehmen selber tätig werden, anstatt auf den Staat zu warten, läuft es oft besser mit der Suche nach Arbeitskräften.

"Wir haben in unseren Studien gesehen, dass Rechtssicherheit sehr wichtig ist, das heißt bei Geflüchteten vor allen Dingen schnellere Asylverfahren. Wenn ich jemanden einstelle, habe ich ja auch einen Haufen von Fixkosten. Ich muss den Menschen anlernen, ihm beibringen, wie die Aufgaben in meinem Betrieb umzusetzen sind. Und da ist es natürlich hinderlich, wenn ich gar nicht weiß, ob jemand in ein paar Monaten noch da ist", sagt IAB-Forscher Philipp Jaschke.

Inzwischen beobachten Beratungsstellen hier einen Fortschritt bei Unternehmen, die Geflüchtete beschäftigen möchten, heißt es in Gesprächen mit rbb|24. Seit Angela Merkels "Wir schaffen das" sind acht Jahre vergangen, Jahre, in denen Firmen nicht zuletzt durch Versuch und Irrtum und viele frustrierende Erfahrungen mit der deutschen Bürokratie, aber auch mit Bewerber:innen, Erfahrungen sammeln konnten.

"Ich finde, da hat sich auf Unternehmensseite definitiv viel gewandelt, weil der Bedarf an Arbeitskräften, an Fachkräften, an Auszubildenden einfach enorm gewachsen ist", sagt Nadja Türke, Projektleiterin bei Arrivo Berlin. Sie berät Unternehmen, die Geflüchtete einstellen möchten. "Inzwischen hat sich bei vielen Firmen durchaus ein Pragmatismus herausgebildet: Wo ein Bewerber oder eine Bewerberin herkommt, ist egal. Es geht darum, dass er oder sie motiviert ist und anpacken will", sagt Nadja Türke. "Dieser Pragmatismus macht unsere Arbeit als Vermittlungs- und Beratungsstelle heute leichter."

Ein Problem sei aber auch, dass während der Corona-Pandemie viele Unterstützungsangebote weggebrochen seien. Zahlen der Agentur für Arbeit zeigen auch, dass Geflüchtete in dieser Zeit überproportional oft ihren Job verloren haben - was schlichtweg daran liegt, dass sie vor allem in Helferberufen, beispielsweise in der Gastronomie, arbeiten. Gerade diese Jobs wurden während der Pandemie als erste gestrichen. Auch die wegbrechenden Sprachkurse bedeuteten einen Rückschritt: In einer Umfrage unter Kursteilnehmenden gab 2021 fast die Hälfte an, ihre Sprachkenntnisse hätten sich im Zuge der Pandemie verschlechtert.

Um es aus Helferjobs auf eine höhere Stufe zu schaffen, kommt es auch entscheidend auf die Anerkennung der Qualifikationen an, die Schutzsuchende vor ihrer Flucht nach Deutschland erworben haben. "Bei der Mehrheit der Berufe kann man sich zwar ohne Weiteres mit seinem Lebenslauf und Zeugnissen aus dem Ausland bewerben. Aber de facto besteht sehr viel Unsicherheit darüber, was diese Abschlüsse auf das deutsche System übertragen bedeuten, wie aussagekräftig sie sind", sagt Lorenzo Manoja, Teil eines Teams bei Arrivo Berlin, das Erwachsene mit Fluchterfahrung berät. "Durch Praktika oder erste Kontakte bei Arbeitgebern anzuklopfen und ein Netzwerk zu knüpfen, ist, glaube ich, ganz wichtig. Denn nur die Anerkennung von Abschlüssen aus anderen Ländern wird auch nicht alles lösen", sagt Manoja.

Was ebenfalls eine große Schwierigkeit ist: Schutzsuchenden zu vermitteln, dass eine Ausbildung langfristig oft nachhaltiger ist, als sich mit dem schnellen, sicheren Geld in einem Helferjob zu begnügen. Auch wenn sie die nächsten Jahre erst einmal nur wenig Einkommen bedeutet.

Zur Wahrheit gehört aber auch, wie es von Quellen aus dem Bundesarbeitsministerium im Gespräch mit rbb|24 heißt: Viele schaffen es aus diesen Helfertätigkeiten erfahrungsgemäß nur sehr schwer und selten heraus, was auch in anderen Ländern so ist. Wegen dieser Sackgasse gäben viele frustriert wieder auf, sich beruflich weiterzuentwickeln - übrigens auch EU-Ausländer:innen. In Kanada gebe es dafür einen etwas zynischen Witz, sagt eine Ministerialbeamte rbb|24. "Was ist der sicherste Ort, wenn man in Kanada einen Herzinfarkt erleidet? Ein Taxi."

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Ein weiterer Punkt, der Verbesserungen bedarf, sind laut Berater:innen und Arbeitsmarktforscher:innen flexiblere Sprachkurse. Dazu gehört auch, Schutzsuchenden ein realistisches Bild ihres momentanen Deutschlevels zu vermitteln und die Bedeutung des geforderten Sprachniveaus in ihrem jeweiligen angestrebten Job zu verdeutlichen. "Oft überschätzen die Ratsuchenden auch ihre Deutschkenntnisse. Sie denken, ich schaffe das, weil ich in meiner Heimat schon lange in diesem Beruf gearbeitet habe - ich lasse mir meine Qualifikation bescheinigen und dann starte ich direkt. Dann stellen sie fest: Ich muss mich auf eine Prüfung vorbereiten, wenn ich diesen Abschluss machen will - und dazu gehört auch, die Sprache zu beherrschen, um in dem Beruf erfolgreich sein zu können. Dieser Aufwand wird von den Menschen selber nicht richtig verstanden", sagt ein Berater in Berlin.

Es gehe allerdings auch darum, nicht nur das Angebot an Sprachkursen zu erweitern, sondern auch den Kreis derjenigen, die sie belegen dürfen, sagt der Arbeitsmarktforscher Philipp Jaschke vom IAB - im Interesse der Integration. "Wir wissen aus unserer Befragung, dass auch Leute, die abgelehnt werden, in den meisten Fällen viele Jahre in Deutschland bleiben. Und dann ist die Frage, ob man denen nicht auch von vornherein die Möglichkeit geben sollte, möglichst schnell die Sprache zu lernen, um eben um eben die Integration möglichst früh zu starten", sagt Jaschke.

Ein besonderes Potenzial sehen IAB-Forscher:innen, aber auch Berater:innen, bei der Qualifizierung von Frauen. Während etwa 60 Prozent der geflüchteten Männer arbeiten, sind es laut IAB-Studie bei den Frauen nur 25 bis 30 Prozent. Das liegt neben einem konservativen Rollenverständnis in Familien vor allem an praktischen Gründen: Laut der Erhebung des IAB lebt mehr als die Hälfte der geflüchteten Frauen in einem Haushalt, in dem mindestens ein Kind höchstens sechs Jahre alt ist, also noch nicht in die Schule geht.

"Die Nachfrage nach Kinderbetreuung ist gerade bei geflüchteten Frauen überdurchschnittlich hoch. Wenn dieses Angebot eben nicht gegeben ist, noch dazu Deutschkurse zu betreuungsfreundlichen Zeiten fehlen, dann ist es eben auch sehr schwer für die Frauen, überhaupt im Arbeitsmarkt anzukommen", sagt Jaschke. Ein anderer Punkt sei die Art der Jobs, die geflüchtete Frauen ausgeübt hätten. "Bei Frauen ist es tendenziell so, dass sie in ihren Herkunftsländern häufiger in sozialen Berufen gearbeitet haben, in denen Sprachkenntnisse dann auch besonders wichtig sind. Das heißt gerade, um dann auch in Deutschland Fuß fassen zu können, kommt es auf die Deutschkenntnisse besonders an", sagt Jaschke.

Klar ist, dass Geflüchtete Staat und Sozialkassen unterm Strich Geld kosten. Das sagen auch die Forschenden vom IAB - "fiskalisch" sei von einem Nettoverlust für die Gesellschaft auszugehen. Die Feststellung des IAB ist allerdings: Gesellschaftlich lohnen sich Investitionen in die Integration von Geflüchteten, besonders in Sprachkurse - denn dadurch würden langfristig die Kosten gesenkt [doku.iab.de]. Das Bundesarbeitsministerium wertete 2021 aus, was die Arbeitsintegrationsmaßnahmen der Vorjahre volkswirtschaftlich gebracht haben. Das Ergebnis war Quellen zufolge: Nach fünf Jahren rechneten sich die Investitionen für den Staat in der Regel.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 20.06.2023, 19:30 Uhr

Beitrag von Götz Gringmuth-Dallmer und Sebastian Schneider

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