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Audio: Antenne Brandenburg | 19.06.2023 | Oliver Meurers | Quelle: dpa/S. Gollnow

KI-Tag in Luckenwalde

Wie die Brandenburger Wirtschaft von künstlicher Intelligenz profitiert

Sie wird als Wundertechnologie gepriesen - oder zur Gefahr für die Menschheit erklärt. Die Realität ist oft banaler. In Luckenwalde haben sich Unternehmen getroffen, die KI schon nutzen. Dabei gab es überraschende Erkenntnisse. Von Christoph Hölscher

Weder besonders verheißungsvoll noch bedrohlich erscheint der computergesteuerte Roboterarm, der auf der Interaktiven Fläche zum Ausprobieren mit den Besuchern des KI-Tages Vier gewinnt spielt. Er erinnert eher an einen althergebrachten, mechanisch etwas aufgemotzten Schachcomputer.

Weniger anschaulich, dafür handfester geht es am Stand des Potsdamer Unternehmens Ambrosys gleich nebenan zu. Das High-Tech-Unternehmen mit 30 Beschäftigten präsentiert ein KI-gestütztes Verfahren, mit dem es gerade Prozessoren für selbstfahrende Autos entwickelt. Das geschieht nicht etwa mit echten Fahrzeugen auf einer Teststrecke, sondern durch Computersimulationen.

Am Standort Potsdam schätze das Unternehmen vor allem das "sehr gute Netzwerk von Wissenschaft und Wirtschaft", erzählt Mitarbeiter Oliver Nagel-Kanzler am Ambrosys-Stand. Die Uni Potsdam und das Hasso-Plattner-Institut seien gleich nebenan, die Berliner Universitäten ebenfalls nicht weit weg - wichtige Ressourcen für die Tech-Firma, die vor 15 Jahren von einem Dozenten der Uni Potsdam gegründet wurde.

Künstliche Intelligenz am Arbeitsplatz

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Das Ziel: KI in kleine Unternehmen bringen

Künstliche Intelligenz auch für kleine und mittelständische Unternehmen anwendbar zu machen – das ist das Hauptziel des KI-Tags, wie uns Otmar Hamp von der Wirtschaftsförderung Brandenburg erklärt. Dazu müsse man besser über die Möglichkeiten von KI informieren und die "Akteure vernetzen", so Hamp.

Das scheint schon ganz gut zu funktionieren: Rund 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Wissenschaft und Wirtschaft sind der Einladung in den Gewerbehof Luckenwalde gefolgt. Neben den erwähnten Praxisbeispielen auf der Ausstellungsfläche werden zahlreiche Workshops und Fachvorträge angeboten. Letztere räumen zunächst mit einigen Mythen auf.

"KI ist nicht nur ChatGPT", stellt etwa Douglas Cunningham fest. Der Professor von der BTU Cottbus hat dort gerade mehrere Studiengänge für künstliche Intelligenz aufgebaut. Er weist darauf hin: KI-Anwendungen für Unternehmen sind oft unspektakulärer als Chat-GPT, aber deshalb längst nicht weniger wichtig.

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"Touristeninformation" für KI-Interessierte

So gehe es etwa um Methoden zur Optimierung von Produktionsabläufen, zur effizienten Energienutzung oder besseren Wartung von Maschinen, erklärt Cunningham im Anschluss an seinen Vortrag: "Das Ziel von KI ist es, effektiver die bestehenden Aufgaben zu lösen. Dafür gibt es kleine Werkzeuge und große Werkzeuge. Nicht jeder muss unbedingt zum Bohrhammer greifen, manchmal reicht auch ein Schraubenzieher", versucht der Wissenschaftler die Bandbreite von KI-gestützten Technologien anschaulich zu machen.

Manchmal reiche auch eine gut programmierte Excel-Tabelle, berichtet Sophia Lenz von der neugegründeten Zentralen Anlaufstelle Künstliche Intelligenz (Zaki) des Brandenburger Wirtschaftsministeriums. So habe sogar eine Bäckerei neulich auf KI-basierte Verfahren zurückgegriffen, um den Wareneinkauf und die Dienstplanung der Mitarbeiter zu optimieren.

Die Zentrale Anlaufstelle wolle vor allem kleinen und mittelständischen Unternehmen deutlich machen, dass KI kein Hexenwerk sei, so Lenz: "Wir wollen den Unternehmen die Angst nehmen und zeigen, dass künstliche Intelligenz nichts Böses ist und auch nicht die Menschen ersetzt." Man sei eine Art "Touristeninformation", die Unternehmen und Anbietern Auskunft darüber gebe, welche Angebote in Sachen KI auf dem Markt seien - und an wen sie sich mit ihren Anforderungen wenden können.

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Förderprogramme oft zu unflexibel

Eine große Hürde sei es gerade für kleine Unternehmen, sich neben den normalen Betriebsabläufen auch noch in das Thema KI einarbeiten zu müssen. Hier wolle die Zentrale Anlaufstelle unterstützen. "Fragt doch uns, wir helfen euch weiter", bringt Lenz das neue Angebot für Unternehmen auf den Punkt.

Dabei geht es auch um Förderprogramme für neue Technologien. Die seien aber oft nicht bedarfsgerecht, kritisieren Wissenschaftler wie Andreas Mai, Professor am IHP Frankfurt (Oder). Die Rahmenbedingungen der aktuellen Wirtschaftsförderung seien vielfach zu starr, die Fristen zu unflexibel.

"Geschwindigkeit ist ein zentraler Faktor", stellt Mai klar. "Was wir heute anwenden, ist in drei Jahren wieder alt." Wenn aber Unternehmen nur alle zwei Jahre Anträge für ein spezielles Förderprogramm stellen könnten und dann noch lange Bearbeitungszeiten dazu kämen, laufe die Förderung für KI-Technologien ins Leere, kritisiert der Professor.

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Auf Dauer nicht konkurrenzfähig

Ganz ohne KI-gestützte Technologien würden viele Unternehmen in Brandenburg auf Dauer nicht mehr konkurrenzfähig sein, befürchtet Otmar Hamp von der Wirtschaftsförderung: "Jedes Unternehmen, das sich im Ausland engagiert oder internationale Konkurrenz hat, wird das machen müssen, weil es alle machen."

Er ist jedoch zuversichtlich, dass Brandenburg hier nicht den Anschluss verliert. Es gebe ein "gutes Forschungs- und Wissenschaftsumfeld sowie innovative Unternehmen." Wenn man das zusammenbringe, so Hamp, hätte Brandenburg "gute Chancen, ordentlich mitzuspielen."

Der KI-Tag in Luckenwalde war ein solcher Versuch, Wirtschaft und Wissenschaft zusammenbringen. Allerdings waren dort vor allem solche Unternehmen vertreten, die bereits mit KI-Anwendungen arbeiten oder sie sogar selbst anbieten. Die Masse der kleinen und mittelständischen Unternehmen in Brandenburg dagegen dürfte davon bislang noch wenig mitbekommen haben.

Sendung: Antenne Brandenburg, 19.06.2023, 14 Uhr

Beitrag von Von Christoph Hölscher

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