Daten für 2022
Der Berliner Senat will 5.000 neue Sozialwohnungen pro Jahr bauen - doch stattdessen gibt es immer weniger dieser Wohnungen. Der Grund: Der Neubau kann den Wegfall der Mietbindung nicht ausgleichen.
Für Menschen mit kleinem Einkommen gibt es in Berlin immer weniger staatlich geförderte Sozialwohnungen. Der Bestand ging im Jahr 2022 um 4.519 auf 104.757 zurück, wie die Bundesregierung auf Anfrage der Linken-Politikerin Caren Lay mitteilte. Neu bewilligt wurde demnach in der Hauptstadt 2022 der Bau von 1.935 staatlich geförderten Wohnungen.
Für den Bau solcher Wohnungen gibt es staatliche Zuschüsse oder vergünstigte Darlehen. Dafür gilt befristet eine gedeckelte Miete. Bekommen können eine solche Wohnung Menschen, die wenig Geld haben oder Sozialleistungen beziehen. In Berlin haben aktuell rund 530.000 Haushalte ein Anrecht auf einen Wohnberechtigungsschein.
Der Bestand an Sozialwohnungen schwindet seit Jahren: Denn es fallen mehr Wohnungen nach Ablauf der vorgegebenen Frist aus der sogenannten Mietbindung heraus, als neu gebaut werden. Noch 2020 gab es in Berlin 111.964 Sozialwohnungen.
Die Zahl der neu bewilligten geförderten Wohnungen lag 2022 deutlich höher als ein Jahr zuvor, als 1.101 neue Einheiten die Zusage erhielten. 2020 waren es allerdings noch 3.764. Die schwarz-rote Koalition in Berlin will jährlich 5.000 Sozialwohnungen bauen sowie 15.000 weitere Einheiten ohne Mietbindung. Von den anvisierten 20.000 Wohnungen wurden im vergangenen Jahr nach Angaben des Senats gut 17.300 tatsächlich errichtet.
Die Lage sei "dramatisch", sagte der baupolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Christian Gräff, dem rbb. "Wir werden ohne eine massive Förderung von Bund und Land keine bezahlbaren Wohnungen bekommen." Grund seien vor allem die gestiegenen Baukosten. Er verwies unter anderem auf die vom schwarz-roten Senat geplante Ausweitung der Förderung, die auch den Bau von Sozialwohnungen für Menschen mit mittleren Einkommen vorantreiben soll.
Das Volumen der Programme soll von derzeit 740 Millionen Euro perspektivisch auf rund 1,5 Milliarden Euro verdoppelt werden. CDU und SPD haben zudem angekündigt, bürokratische Hürden für Investoren beseitigen zu wollen, um den Neubau attraktiver und schneller zu machen.
Scharfe Kritik kam vom wohnungspolitischen Sprecher der Linken, Niklas Schenker. "Private Investoren haben den Bau von neuen Sozialwohnungen in den vergangenen Jahren praktisch boykottiert." Das habe auch das noch unter der Regierung von Franziska Giffey (SPD) eingeführte Bündnis für Wohnungsneubau gezeigt: Die Zwischenbilanz nach einem Jahr Arbeit fiel durchwachsen aus, vor allem auch beim Neubau bezahlbarer Wohnungen. "Wir müssen stattdessen die landeseigenen Wohnungsunternehmen in die Lage versetzen, deutlich mehr Sozialwohnungen zu bauen", so Schenker.
Der wohnungspolitische Sprecher der AfD, Harald Laatsch, machte "Versäumnisse der Vergangenheit" für den Mangel an Sozialwohnungen verantwortlich und verwies auf die geringe Nachfrage bestehender Förderprogramme. Seine Partei fordere seit Jahren, nicht den Wohnraum finanziell zu fördern, sondern die Mieter direkt, über Zuschüsse. Kritiker sehen darin allerdings vor allem ein Fördermodell zu Gunsten von Vermietern.
Brandenburg hält seinen Bestand an Sozialwohnungen hingegen weitgehend stabil. Ende 2022 gab es im Land 19.813 dieser staatlich geförderten Wohnungen. Das waren 112 mehr als 2021.
Die Neubauzahlen gehen allerdings zurück. 2022 wurde in Brandenburg den Angaben zufolge der Bau von 552 neuen Sozialwohnungen bewilligt. 2021 waren es noch 787, im Jahr davor 1.130.
Auch bundesweit ist die Zahl der Sozialwohnungen gesunken. So gab es Ende 2022 bundesweit rund 1.088.000 solcher Wohnungen - rund 14.000 weniger als ein Jahr zuvor. Zwar wurden 22.545 Sozialwohnungen neu gebaut - aber bei rund 36.500 Wohnungen lief die Preisbindung aus.
Die Bundesregierung hatte angekündigt, jedes Jahr für 100.000 neue Sozialwohnungen sorgen zu wollen [tagesschau.de].
Im Vergleich der Bundesländer ist die Entwicklung unterschiedlich.
So gab es etwa in Hessen einen Zuwachs von knapp 1.700 auf 82.172 Sozialwohnungen. Viele Länder hatten allerdings einen teils deutlichen Rückgang zu verzeichnen. So sank die Zahl der Sozialwohnungen etwa in Niedersachsen um fast 2.600 auf 52.601.
Die meisten Sozialwohnungen insgesamt verzeichneten Nordrhein-Westfalen mit 435.025, Bayern mit 133.129 sowie Berlin. Spitzenreiter gemessen an der Einwohnerzahl waren Hamburg (4.281 pro 100.000 Einwohner), Berlin (2.790) und NRW (2.398).
Den umfangreichsten Neubau in dem Bereich gab es in Bayern mit 4.056 bewilligten Neubaumaßnahmen im Bereich der Mietwohnungsförderung und in Baden-Württemberg mit 3.898 solcher Maßnahmen.
Die Zahl der Sozialwohnungen nimmt seit Jahren ab. Gab es in der alten Bundesrepublik noch fast vier Millionen Sozialwohnungen, waren es 2010 fast 1,66 Millionen und 2020 nur noch rund 1,13 Millionen.
Die Linken-Abgeordnete Lay warf der Ampel ein krachendes Scheitern ihrer Wohnungspolitik vor. "Der Tiefstand beim sozialen Wohnungsbau bei Neubau und Bestand ist angesichts ungebremst steigender Mieten und zunehmender Wohnungsnot höchst alarmierend", sagte Lay der dpa.
Sie forderte unter anderem ein öffentliches Wohnungsbauprogramm und ein Sondervermögen für bezahlbares Wohnen. Mindestens 20 Milliarden Euro müssten pro Jahr in den Bereich fließen. Die IG BAU hatte zuletzt ein Sondervermögen von 50 Milliarden für den Bau von Sozialwohnungen gefordert.
Sendung: rbb24 Inforadio, 31.07.22, 07:40 Uhr
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