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Quelle: Volocopter

Studie sieht Berlin als geeignet

"Der Einsatz von Lufttaxis ist sehr realistisch"

Von Kreuzberg in den Wedding fliegen: Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt glaubt, dass schon in den kommenden Jahren Flugtaxis in Berlin Menschen befördern könnten. Wie bitte? Ein Gespräch mit der Luftfahrt-Ingenieurin Bianca Schuchardt.

Berlin kann Flugtaxi - zumindest traut das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) es der Metropole zu, in den nächsten zehn Jahren unbemannte Luftgeräte im Verkehr einsetzen zu können. In einer Studie, die gerade vorgestellt wurde [dlr.de], wurden rund 200 Städte ausgemacht, die geeignet seien, Menschen innerhalb der Stadt in der Luft zu transportieren - fliegen statt fahren also. Was nach Science Fiction klingt, soll bereits ab 2030 möglich sein.

Zumindest halten die DLR-Forscher es für realistisch, dass dann erste Unternehmen mit ihren Lufttaxis auf den Markt drängen werden. Neben Berlin sei dies auch in Hamburg, München, Frankfurt sowie New York und Tokio denkbar. Luftfahrt-Ingenieurin Bianca Schuchardt arbeitet im DLR-Institut für Flugführung und ist Leiterin des Forschungsprojekts.

rbb|24: Frau Schuchardt, Sie sagen, in weniger als sieben Jahren könnten Flugtaxis in Berlin unterwegs sein. Meinen Sie das ernst?

Bianca Schuchardt: Auf jeden Fall! Natürlich handelt es sich hierbei um eine Prognose, die - wie immer - mit einer gewissen Unsicherheit einhergeht. Aber selbst wenn wir verschiedene Szenarien berücksichtigen, also mal mit einer größerer Nachfrage, mal mit einer kleineren, sehen wir bereits in den kommenden Jahren ein großes Potential. Der Einsatz von Lufttaxis ab 2030, spätestens bis 2050, ist sehr realistisch.

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Sie haben in ihrer Untersuchung weltweit 200 Städte als geeignet für den Einsatz von Drohnen und hochautomatisierten Flugtaxis auserkoren. Darunter sind auch Berlin und Hamburg. Was macht diese Städte so besonders?

Wir haben uns auf Städte mit mehr als 500.000 Einwohnern konzentriert und dabei einige Fragen berücksichtigt. Etwa, wie groß ist die Gesamtfläche einer Stadt? Wie hoch ist das Bruttoinlandsprodukt, die Kaufkraft? Und wie sehen bereits bestehende Verkehrssysteme aus? Dabei ist herausgekommen, dass auch einige deutsche Städte geeignete Standorte für den Einsatz solcher Vehikel sein können. Es handelt sich hierbei aber um eine globale Prognose, wir haben Städte wie Berlin, Hamburg und Tokio nicht einzeln im Detail untersucht.

Neue Technologien bringen neuartige Wörter mit sich. In der DLR-Studie wird der Begriff "Vertidrom" genutzt. Was ist das?

Es handelt sich dabei um eine Art Haltestelle. Dort können Lufttaxis landen und starten. Städte müssen schon eine gewisse Dichte an Vertidromen haben, damit dieses Transportnetzwerk attraktiv sein kann.

Das klingt nach Science Fiction - oder sind wir bereits viel weiter als gedacht?

Also die Prognosen der EASA, der Agentur der Europäischen Union für Flugsicherheit, sehen sogar schon 2025 die ersten kommerziellen Einsätze von Lufttaxis in europäischen Städten. Dabei handelt es sich aber noch um pilotierte Lufttaxis sowie Drohnen, die kleinere Transportaufgaben übernehmen.

In den Prognosen, die am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) im Projekt "HorizonUAM" entstanden sind, haben wir angenommen, dass erst 2030 die Systeme genügend entwickelt sein werden, um Unternehmen ernsthaft mit unbemannten Luftgeräten in den Markt zu bringen. 2050, glauben wir, könnten Lufttaxis sich bereits weltweit in rund 200 Städten etabliert haben.

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Aber mit welcher Technologie soll das möglich sein?

In unserer Untersuchung haben wir einige Entwürfe erstellt, die perspektivisch eines Tages hergestellt werden könnten oder bereits in ähnlicher Weise in Produktion sind. Da gibt es zum Beispiel den Quadrotor, das ist ein Fluggerät mit vier Rotoren. Wir kennen das bereits von kleinen Kameradrohnen, das muss man sich in größer vorstellen, so dass vier Menschen reinpassen.

Es könnten auch elektrisch betriebene Schubpropeller hinter das Vehikel gesetzt werden, um höhere Reisefluggeschwindigkeiten zu erreichen. Es gibt dann auch noch die sogenannte Tiltrotorkonfiguration. Das Luftfahrzeug sieht dann aus wie ein Flugzeug, nur hat es zusätzlich sechs schwenkbare Rotoren. Die können auch nach oben ausgerichtet werden, um vertikal starten und landen zu können.

Und potentielle Hersteller haben Lust, solche Geräte zu bauen, weil sich damit auch reichlich Geld verdienen lässt?

Die Abschätzung der Kosten ist in der Tat ein schwieriges Unterfangen. Zumindest im Moment gehen wir davon aus, dass die Nachfrage nach Lufttaxiflügen schnell ansteigen könnte, wenn der Flugpreis bei höchstens vier Euro pro Kilometer liegen würde.

Kostet der Kilometer mehr als vier Euro, würde sich möglicherweise bis 2050 keine große Nachfrage entwickeln – es bestünde also kein Zugang zum Massenmarkt. Nur Menschen mit viel Geld würden Lufttaxis nutzen, das würde am Ende auch zu weniger Vehikeln im Luftverkehr führen.

Wie lebendig ist denn die Branche?

Es tut sich gerade unglaublich viel. Viele Start-ups entwickeln Konzepte und Modelle für Drohnen und unbemannte Luftgeräte. Bisher konnten die meisten Start-ups ihre vor ein paar Jahren angekündigten Deadlines zwar nicht einhalten, aber es gibt bereits einige Unternehmen, auch deutsche, die kurz davor sind, ihre Fluggeräte zertifizieren zu lassen. Auch Automobilhersteller und etablierte Flugzeughersteller haben Interesse am Thema, es gibt auch schon erste Prototypen.

Geht es wirklich darum, in Kreuzberg einzusteigen und im Wedding auszusteigen oder eher darum, ferne Orte zu erreichen?

Es geht schon darum, attraktive Orte miteinander zu verbinden. Es gibt aber auch einfacher gedachte Anwendungsfälle. Es könnte zum Beispiel eine spezielle Route konzipiert werden, damit Reisende schnell und komfortabel zum Flughafen geflogen werden.

Außerdem kann sich der Fokus auch auf regionale Flughäfen richten, die bisher nicht ausgelastet sind. Durch Lufttaxis könnten mehr Reisende dorthin gebracht werden, wo sie dann für die Urlaubsreise in ein Passagierflugzeug einsteigen.

Ist der Einsatz von Flugtaxis nicht gefährlich?

Die Luftfahrt hat generell ein sehr hohes Sicherheitsniveau. Das wird bei Flugtaxis nicht anders sein. Ohne ein solches Sicherheitsniveau wird es keine Zertifizierung geben.

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2030 - das sind keine zehn Jahre mehr. Was muss bis dahin passieren, damit Flugtaxis und Drohnen, die Transporte übernehmen, eigenständig abheben können?

Es gibt vor allem vier große Baustellen. Das Vehikel selbst ist eine davon. Es gibt schon tolle Konzepte, die müssen nun aber auch umgesetzt werden, Lufttaxis müssen also gebaut werden, damit eine Zertifizierung erfolgen kann.

Dann werden wir Vertidrome brauchen. Ohne Start- und Landeplätze wird diese Art der Transportmöglichkeit nicht attraktiv sein und auch gar nicht funktionieren. Bisher werden Flugplätze und Hubschrauberlandeplätze genutzt, denn von der Straße abheben und landen ist in Deutschland verboten.

Dann müssen wir uns um das Luftraummanagement kümmern. Das Ziel ist, sogenannte U-Space-Regularien zu verwirklichen. Angestrebt werden also Verkehrssysteme, die es ermöglichen, Drohnen und Flugtaxis ohne Fluglotsen und Sprechfunk zu leiten. Es gibt bereits Prototypen dafür, weitere Forschung ist hier aber nötig. Und letztendlich braucht die Sache natürlich auch eine gesellschaftliche und politische Akzeptanz.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Hasan Gökkaya für rbb|24.

Beitrag von Hasan Gökkaya

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