Zuschüsse an Vivantes
Nach jahrelangem Streit drohen 30 Krankenhäuser in Berlin dem Senat jetzt mit einer Klage: Die Sonderzuschüsse für die landeseigenen Vivantes-Kliniken seien ungerecht, so die Kritik. Und womöglich rechtlich auch nicht zulässig.
Im Streit um die Finanzierung der Berliner Krankenhäuser und millionenschwere Zuschüsse für den landeseigenen Konzern Vivantes hat Gesundheitssenatorin Ina Czyborra (SPD) Gesprächsbereitschaft signalisiert. Berlin brauche "alle Träger und die Vielfalt in der Berliner Krankenhauslandschaft", sagte Czyborra am Dienstag dem rbb. Sie setze auf die Dialogbereitschaft der rund 30 Berliner Krankenhausbetreiber, die dem Senat im Juli mit einer Klage gedroht haben.
Hintergrund sind Sonderzuschüsse des Landes an Vivantes zwischen 2019 und 2022 in Höhe von über 500 Millionen Euro, sowie knapp 225 Millionen Euro im aktuellen Haushalt, um Defizite des Konzerns auszugleichen. Das sei Wettbewerbsverzerrung und verstoße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, so die Krankenhausbetreiber.
Sie haben eine Klageschrift vorbereitet, die Ende August beim Verwaltungsgericht eingereicht werden soll, falls der Senat nicht einlenkt. Geprüft werden soll unter anderem, ob die Sonderzuschüsse an Vivantes mit dem EU-Recht vereinbar sind. Demnach unterliegen Zahlungen an Unternehmen in öffentlichem Besitz bestimmten Vorgaben.
Eine Einigung bis Ende des Monats sei allerdings nicht möglich, sagte Czyborra dem rbb. Denn das Parlament als Gesetzgeber sei erst wieder im September aus der Sommerpause zurück. Sie verteidigte grundsätzlich, dass das Land Berlin Vivantes finanziell unterstützt. "Im Zweifelsfall sind wir nämlich diejenigen, die viele Aufgaben übernehmen müssen, auch in der Pandemie, und die Gesundheitsversorgung in der Stadt sicherstellen." Dafür brauche es Vivantes.
Allerdings müsse der Konzern so aufgestellt sein, dass er ohne besondere Zuwendungen wirtschaftlich überleben kann. "Das Land Berlin hat kein Interesse daran, dauerhaft viel Geld in ein landeseigenes Unternehmen zu stecken, um Verluste zu decken", erklärte Czyborra.
Alle Krankenhäuser in Berlin müssten "dieselben finanziellen Mittel bekommen", sagte Christian Friese, Vorsitzender der Geschäftsführung bei den DRK Kliniken Berlin, dem rbb. Der Senat sei als Krankenhausplanungsbehörde allen Kliniken und Krankenhäusern gegenüber verantwortlich, und auch das Krankenhausfinanzierungsgesetz sehe eine Gleichbehandlung vor.
Doch während Vivantes Sondermittel erhalte, müssten andere Träger dringend benötigte Investitionen verschieben. Bei den DRK-Klinken seien das zum Beispiel mehr Ein- und Zweibett-Zimmer, mehr IT-Sicherheit oder ein dreidimensionales Röntgengerät für die Chirurgie, so Friese.
Zu den rund 30 mehrheitlich frei-gemeinnützigen Krankenhäusern, die dem Senat mit Klage drohen, gehören unter anderem die Kliniken von Caritas und Johannesstift Diakonie sowie das Jüdische Krankenhaus und die Schlosspark-Klinik - und auch die Klinken des privaten Krankenhauskonzerns Sana. Dessen Geschäftsführer Michael Kabiersch sieht in den Zuschüssen für Vivantes vor allem eine Verzerrung des Wettbewerbs, etwa beim Personal.
So finanziere Vivantes Dank der Zuschüsse einen Entlastungstarifvertrag, den sich "viele andere Krankenhäuser gar nicht leisten können", so Kabiersch. Dadurch könne Vivantes bei zu hoher Auslastung Leistungen zurückfahren, wodurch dann allerdings andere Krankenhäuser mehr Patienten behandeln müssten. "Darunter leiden die anderen Kliniken", so Kabiersch.
Er hoffe dennoch, dass man mit dem Senat eine einvernehmliche Lösung finden werde, um die Klage noch abzuwenden. "Wenn Zuschüsse geleistet werden, sollen alle Träger in gleichem Maße daran beteiligt werden."
Sendung: rbb24 Abendschau, 01.08.2023, 19:30 Uhr
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