Nach IT-Umzug
Überweisungen kommen nicht an, Konten grundlos gesperrt oder angeblich aufgelöst: Probleme, die Postbank-Kunden aktuell den Verbraucherzentralen schildern. Das könnte mit einer IT-Umstellung zusammenhängen. Von Kira Pieper
Plötzlich konnte Postbank-Kunde Michael Ames aus Spandau seine Kreditkartenabbuchungen nicht mehr einsehen. Die Bank gewährte ihm keinen Überblick mehr über die Transaktionen. Sechs Wochen versuchte er einen Kontakt zu dem Geldinstitut zu bekommen - vergeblich. 40 Minuten wartete er am Telefon in der Warteschleife, ohne Ergebnis.
Wie Ames geht es aktuell offenbar vielen Kunden der Postbank. Nach der Übernahme durch die Deutsche Bank mussten zwölf Millionen Kundendaten vom IT-System der Postbank in das neue System übertragen werden. Und offenbar funktioniert das nicht reibungslos.
Beim rbb haben sich viele Zuschauer gemeldet, die von Problemen mit dem Geldinstitut berichten. Die Kunden sagen, dass sie länger nicht auf ihr Konto zugreifen konnten und dass die Webseite tagelang nicht erreichbar gewesen sein soll. Überweisungen seien nicht angekommen, was zu Problemen bei ausstehenden Rechnungen geführt habe. Manche berichten, es soll Geld auf ihrem Konto gefehlt haben.
Die Verbraucherzentrale Berlin bestätigt auf rbb-Nachfrage, dass sich die Beschwerden der Postbank-Kunden häufen. Die Verbraucherzentrale Brandenburg sagt ebenfalls auf Nachfrage von rbb|24: "Wir haben hier einige Fälle vorliegen", so Finanzjurist Erk Schaarschmidt. Er wird sogar noch deutlicher: "Es gibt derzeit massive Probleme. Ich habe das in den vergangenen 20 Jahren so noch nicht erlebt."
Schaarschmidt schildert den Fall eines Studenten, der sich bei der Verbraucherzentrale gemeldet habe. Er sei an den Geldautomaten der Postbank gegangen und habe dort Geld abheben wollen. Dort habe er die Mitteilung bekommen, dass seine Karte ungültig sei. Am Schalter wurde dann festgestellt, dass das Konto aufgelöst worden sein soll. Allerdings hatte der Student eigentlich ein Guthaben von gut 1.000 Euro auf dem Konto.
Die Postbank hält dagegen. Der IT-Umzug zu den Systemen der Deutschen Bank sei mittlerweile abgeschlossen, teilte die Bank auf rbb-Nachfrage mit. Zwar würde das Finanzinstitut aktuell ein "erhöhtes Anfrageaufkommen" verzeichnen, die Probleme seien aber "sehr kundenspezifisch" und "vielfältig". Heißt: Die Probleme unterscheiden sich von Kunde zu Kunde, hätten damit keine allgemeine Gültigkeit oder ein wiederkehrendes Muster.
Weiter teilt die Bank mit: "Wir haben die Kapazitäten in unseren Callcentern mehr als verdoppelt." Und: "Bei unseren Kundinnen und Kunden entschuldigen wir uns, falls wir ihre Anfrage nicht umgehend bearbeiten konnten." Zentrale Störungen gebe es keine.
Die Verbraucherzentrale Brandenburg rät ihren Kunden in jedem Fall, sich bei Problemen sofort bei der Postbank zu beschweren. Doch Erk Schaarschmidt sagt auch: "Allerdings hören wir dann oft, dass es keine Rückmeldung gab." Der zweite Weg führe dann über die Deutsche Bank. "Wir empfehlen unseren Kunden dann, sich direkt beim Vorstand der Deutschen Bank zu beschweren." Und: die Bankenaufsicht BaFin in Kenntnis zu setzen. Durch die Beschwerden funktionieren allerdings die Bankkonten nicht sofort wieder. "Da hilft meistens nur der Weg über einen Anwalt und eine einstweilige Verfügung", so Jurist Schaarschmidt.
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen stellt eine ganz klare Forderung an die Postbank: "Wir erwarten von der Postbank, dass sie Schäden entsprechend ihren vertraglichen und gesetzlichen Pflichten ausgleicht. Dazu gehört unter anderem auch, dass sie sich daran beteiligt, den Irrtum auszuräumen, wenn Verbraucherinnen und Verbraucher aufgrund nicht funktionierender Konten nicht solvent waren und dies zu Zahlungsausfällen führte." Wichtig sei, dass die Postbank in solchen Fällen zügig handele. Betroffene bräuchten dann schnelle und unbürokratische Hilfe.
Die Bankenaufsicht BaFin ist offenbar über die Probleme informiert. Auf Nachfrage der "Tagesschau" [tagesschau.de] erklärte die Behörde, dass es zahlreiche Beschwerden von betroffenen Bankkunden gegeben habe und man dazu mit der Bank in engem Kontakt stehe.
Die Geschichte des Berliner Postbank-Kunden Michael Ames nahm schließlich doch noch ein glückliches Ende: Ein Mitarbeiter der Postbank-Filiale in den Spandau-Arkaden konnte dem Berliner helfen. Er fand heraus, dass Ames für seine Kreditkarte einen eigenen Online-Zugang brauchte. Bei der – irgendwann doch noch erreichten – Postbank-Hotline hatte ihm das niemand sagen können.
Sendung: rbb24 Abendschau, 08.08.2023, 19:30 Uhr
Beitrag von Kira Pieper
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