Baustillstand in Berlin - Wie geht es weiter mit dem "Ku'Damm-Karree"?

Mo 04.09.23 | 18:48 Uhr | Von Uli Zelle, Efthymis Angeloudis
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Silhouette der Baustelle First mit dem entkernten Hochhaus auf dem Aareal des ehemaligen Kudamm-Karree am 09.05.2023. (Quelle: IMAGO/Frank Sorge)
Video: rbb24 Abendschau | 02.09.2023 | Uli Zelle | Bild: IMAGO/Frank Sorge

Seit fünf Jahren wird am 'Ku'damm Karree" gebaut. Zurzeit aber stehen die Kräne still, die Baustelle ist verwaist. Dabei sollte bereits im vergangenen Jahr die Premiere der Ku'damm Bühnen in einem neuen Theater stattfinden. Von U. Zelle und E. Angeloudis

Seit fünf Jahren wird da gebaut, wo einst Theater und Komödie am Kurfürstendamm standen: Das neue "Ku'damm-Karree" sollte schon längst fertig sein und 2023 wollten die Ku'damm-Bühnen einziehen. Doch nun hakt es bei der Finanzierung des gesamten Bauprojekts. Auf der Baustelle am Kurfürstendamm tut sich derzeit: nichts. Alle Kräne stehen still, keine Bauarbeiter. Die Baustelle wirkt verwaist - auch wenn von einem Baustopp noch niemand reden mag.

Damit ist das Karree allerdings nicht allein. Die Baubranche hat immer größere Sorgen, man leidet an gestiegenen Zinsen sowie an hohen Materialkosten. Baustopp am Steglitzer Kreisel, Baustopp auch am "Alexander Capital Tower".

Sieben Mal verkauft

Das "Ku’damm-Karree" aber ist ein besonderer Fall. Sieben Mal wurde das Projekt bereits verkauft. Zum letzten Mal vor zwei Jahren von der Firma Aggregate, die den Gebäude-Komplex in "Fürst" umbenannt hat - ein Mega-Deal für 1,02 Milliarden Euro. Immerhin geht es um ein 20.000-Quadratmeter-Grundstück mit einer 85 Meter langen Front an Berlins Pracht-Boulevard.

Auf der Webseite des Bauprojekts erfährt man, dass dort ein "innovativer Nutzungsmix mit u.a. 47.000 Quadratmeter Büroflächen und 12.000 Quadratmeter Einzelhandelsflächen" entstehen soll. Die Ku’damm-Bühnen sollen laut Plan dann im Kellergeschoss residieren.

Doch möglicherweise muss sich Intendant Martin Wölfer zunächst eine neue Spielstätte für seine Theater finden – mal wieder. Bereits zwei Mal sind die Bühnen umgezogen, seitdem die alten Ku’damm-Bühnen abgerissen wurden. In der aktuellen Spielstätte, dem Theater am Potsdamer Platz, kann Wölfer voraussichtlich nicht mehr allzu lange bleiben.

Investor weist Schuld von sich

Die erhofften Mieteinnahmen nach der Fertigstellung von Büros, 155-Zimmer-Hotel, Gastronomie, Geschäften werden mit 50 Millionen Euro pro Jahr beziffert. So eine Summe sollte eigentlich reichen, um den Bau voranzutreiben. Doch seit Monaten wird über mögliche finanzielle Schwierigkeiten des Ku’damm-Karree-Investors spekuliert. Von "Schwierigkeiten bei erforderlichen Nachfinanzierungen", "widersprüchlichen Interessen aller Investoren" und einer "Gemengelage" sprach die Senatsverwaltung in einer Antwort auf eine schriftliche Anfrage von Linken-Abgeordneten vom Juni.

Der Investor weist die Schuld von sich: "Es gibt gewisse Schwerkräfte im Markt, die können Sie nicht als Investor positiv beeinflussen", sagt Cevdet Caner. Er ist Geschäftsführer der Aggregate-Immobiliengesellschaft, die das "Fürst" betreut. "Also ich habe leider nicht die Kraft, die Zinsen- und die Inflationspolitik der Zentralbank zu bestimmen", sagt er.

Der Österreicher war mit Aggregate auch an der Adler-Gruppe beteiligt, die den Steglitzer Kreisel ausbauen will. Nun hält sie laut dem "Handelsblatt" [Bezahlinhalt] noch vier Prozent an der Adler-Group.

Das Karree ist nicht die einzige Baustelle des Großinvestors. Aggregate nennt das große Quartier in der Heidestraße in Moabit sein "Flaggschiff". Und Obwohl Aggregate 2022 fünf von sieben Segmenten des Quartiers nördlich des Berliner Hauptbahnhofs für 950 Millionen Euro verkaufen konnte, bleibt unter dem Strich ein Verlust von 2,8 Milliarden Euro.

Nachfinanzierung zweifelhaft

Beim "Fürst" machen nun steigende Baukosten und Zinsen eine Nachfinanzierung nötig. Caner hofft, dass es beim Bau "in wenigen Monaten beziehungsweise wenigen Wochen" wieder losgehen kann. "Wir werden auch das 'Fürst' durchziehen, fertigstellen, vermieten und das Theater wird dort einziehen. Vorausgesetzt, die Eigentümer-Gesellschaft beschließt eine Kapitalaufstockung", so Caner.

Eine Kapitalaufstockung, an die der Baustadtrat von Charlottenburg-Wilmersdorf nicht so richtig glaubt. Die Prozedur ist komplex, erklärt auch Christoph Brzezinski (CDU), Baustadtrat im Bezirk, gegenüber dem rbb: "Es ist offenbar so, dass bei größeren Nachfinanzierungen immer alle Gesellschafter zustimmen müssen. Und das ist aktuell offenbar nicht der Fall."

Ku'damm-Bühnen als Wandertheater

Auf der Webseite wirbt Aggregate damit, dass das "Fürst"-Projekt Ende 2024 fertiggestellt sein soll. Der Intendant der Ku’damm-Bühnen, Martin Wölfer, muss also noch länger warten. Bis Ende 2022 spielte seine Komödie im Schillertheater, hier residiert nun aber die Komische Oper. Wölfer zog daher an den Potsdamer Platz in den Berlinale Palast. Da kann aber auch nicht immer bleiben. Für die Ku'damm-Bühnen geht die Reise als Wandertheater weiter.

Sendung: rbb24 Abendschau, 03.09.2023, 19:30 Uhr

Beitrag von Uli Zelle, Efthymis Angeloudis

14 Kommentare

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  1. 13.

    Mein Dank gilt den Grünen….."
    Und ich danke meinem Papa, meiner Mama, meinem Opa, meinem Lehrer aus der 3, Klasse dem Herrn Schneider und ich grüße alle die ich kenne.

  2. 12.

    Was haben die Grünen damit zu tun? Bitte erklären Sie sich! Bitte mit Quellenangabe!

  3. 11.

    Sieben mal verkauft bedeutet, sechs mal haben sich Spekulanten die Taschen gefüllt.
    Und ja, das nennt man dann wohl 'Marktwirtschaft'.
    Wenn die Spekulanten es clever gemacht haben, hat auch keiner Grunderwerbsteuer gezahlt.
    Gewinne werden 'privatisiert', Verluste sollen 'verstaatlicht' werden.
    Mir erschließt sich nur nicht, was der Senat oder die Grünen damit zu tun haben, denn wir alle setzen doch alle 4Jahre unser Kreuz bei 'Marktwirtschaft'.
    Ansonsten hätte doch Die Linke mehr als 50%!

  4. 10.

    Tja, es gibt halt nen Unterschied zwischen dem (persönlichen) Reichtum der Baulöwen und Spekulanten und der Finanzierung der Objekte, aus denen das Geld in die Taschen der Vorgenannten fließt.
    Oder anders formuliert: Wenn ein Immobilienspekulant aus, sagen wir mal Österreich, mal eben eine Kaufhauskette Konkurs gehen läßt, bedeutet das nicht, das er dadurch um auch nur einen Euro ärmer werden muß.
    Oftmals ist das Gegenteil, dann allerdings in anderen Größenordnungen, der Fall.

  5. 9.

    Ich dachte immer alle Immobilieneigentümer sind reiche?

  6. 8.

    Na, Hauptsache, man hat die Theater plattgemacht! Und das nächste Großprojekt mit großflächigem Abriss steht schon vor der Tür: Weg mit Wertheim/Karstadt, noch ein Hochhaus, noch ein Shoppingparadies (pardon: innovativer Nutzungsmix) her! Wird den Ku'damm, auf dem sich fast nur noch Luxus- und Chichiläden aneinanderreihen, sicher ungeheuer beleben. Und zur Not springt eben die öffentliche Hand ein, damit die Bauruinen irgendwann doch mal fertig werden.

  7. 7.

    Vor allem geht es um die Vermeidung eines milliardenschweren Verlustes.

  8. 6.

    Da wundert einen eigentlich doch nichts mehr, was in Berlin immobilientechnisch alles möglich ist. Traurig!

  9. 4.

    .... hier geht es nur um Provit!
    Ob und wann da wieder Theater gespielt wird?
    Ungewiss.
    Hier muss der Senat bzw. Bausenatorin der Schirmherr sein und Ziele definieren.

    Ach ja, danke an Ulli Zerne.

  10. 3.

    "innovativer Nutzungsmix mit u.a. 47.000 Quadratmeter Büroflächen und 12.000 Quadratmeter Einzelhandelsflächen"
    Einzelhandel und vor allem endlich einmal Büros in Berlin!!!
    Das nenne ich innovativ...

  11. 2.

    Ein typisches Beispiel von Immobilienpoker, Steuerschlupflöchern, Bilanz-Hochbewertungen und dadurch mehr Kreditwürdigkeiten.. usw. Berlin ist ein Monopoly-Spiel! Da ist nichts mehr zu retten. Das Teil wird bis zur endgültigen gerichtlichen Klärung so stehen bleiben und dann... wahrscheinlich Abriss. Zumal diese Art von Gebäuden sowas von aus der Zeit gefallen sind.

  12. 1.

    Nach dem Steglitzer Kreisel, der nächste Geldsack wo sich alle Bedienen und der Senat schaut nur zu. Super was hier in Berlin in den letzten Jahrzehnte abläuft. Da kann man nur noch mit dem Kopf schütteln.

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