Empfehlung der Verbraucherzentrale
Vielen Mietern flattern derzeit die Betriebskostenabrechnungen in den Briefkasten, für manche ein böses Erwachen - trotz der Energiepreisbremsen. Die Verbraucherzentrale sagt, ein Überprüfen der Abrechnung kann sich auszahlen. Von Jacqueline Piwon
Da haut was nicht hin, denkt das Ehepaar Meier* aus Liebenwalde (Oberhavel), als sie ihre Betriebskostenabrechnung für 2022 in den Händen halten. 280 Euro sollen sie nachzahlen und das obwohl im letzten Jahr ihr monatlicher Abschlag bereits um 80 Euro erhöht wurde.
"Ich hab damit gerechnet, dass wir was nachzahlen müssen, aber eigentlich nicht in dieser Höhe", sagt Bärbel Meier. Zusammen mit ihrem Mann sitzt sie im Beratungsraum der Verbraucherzentrale Brandenburg. Berater Jörg Spiel sitzt ihnen gegenüber. Er ist Rechtsanwalt und berät Menschen wie das Ehepaar Meier in Sachen Betriebskostenabrechnung. Eine halbe Stunde hat er Zeit, danach weiß das Ehepaar, ob die 280 Euro, die sie zahlen sollen, gerechtfertigt sind oder nicht.
Seit diesem Sommer bietet die Verbraucherzentrale Brandenburg diese spezielle Beratung an. Aufgrund der staatlichen Preisbremsen für Energie und der Dezemberhilfe im vergangenen Jahr habe man eine "sich ständig wechselnde Rechtslage", sagt Rico Dulinski, Leiter des Projekts.
Der Beratungsbedarf sei auf jeden Fall da. "Wir haben dieses Projekt gegründet, weil wir im letzten Jahr im Rahmen der Preiskrise auch die Befürchtung hatten, dass die hohen Preise sich auf die Verbraucher durchschlagen werden und sich auch in den Betriebskostenabrechnungen wieder finden werden."
Und die Befürchtung hat sich bestätigt. Im Moment kommen Klienten mitunter mit Nachzahlungen zwischen 600 und 1.000 Euro - und nicht immer seien sie gerechtfertigt.
Die Verbraucherzentralen raten dazu, die Betriebskostenabrechnung überprüfen zu lassen. Denn gerade in diesem Jahr gäbe es auch häufig Fehler. Er habe festgestellt, dass Hausverwaltungen und Abrechnungsfirmen mit den neuen Anforderungen des Gesetzgebers oft nicht klarkommen, sagt Berater Jörg Spiel. Denn Betriebskostenabrechnungen sind ohnehin komplexe Systeme, die neuen Rahmenbedingungen durch die Energiekrise verschärfen das Ganze zusätzlich.
Das zeigt sich auch bei der Abrechnung von Ehepaar Meier. Zum Ende des Termins steht fest: Die Abrechnung ist fehlerhaft. Laut Berater Jörg Spiel wurden neben formellen Fehlern, auch "falsche Berechnungen vorgenommen" und "ein falscher Umlageschlüssel verwendet". Für das Ehepaar Meier bedeutet das, dass sie voraussichtlich knapp 200 Euro gutgeschrieben bekommen, statt 280 Euro nachzuzahlen.
Doch so positiv geht die Beratung nicht immer aus, betont Jörg Spiel. Manche Kunden sitzen unter Tränen in seinem Beratungsraum, weil sie tatsächlich bis zu 1.000 Euro nachzahlen müssen. Auch in solchen Fällen versucht der Jurist eine Lösung zu finden, Ratenzahlung beispielsweise.
Tatsächlich sind die Betriebskosten 2022 je nach Wohnort, Energieanbieter und -träger auch unterschiedlich stark gestiegen. Für Gas und Holzpellets stiegen die Preise laut aktuellem Heizspiegel um rund 80 Prozent - eine Folge des Ukraine-Krieges - Fernwärme ist dagegen nur um fünf Prozent teurer geworden. Soforthilfen und Preisbremsen konnten den Kostenanstieg nur wenig abmildern, sagen Experten.
Die Zahlen des Heizspiegel bestätigen sich auch in der Arbeit der Verbraucherzentrale. Von jedem Kunden wird auch die Vorjahresabrechnung eingesehen. Berater Jörg Spiel stellt da eine klare Tendenz fest: "Wir müssen schon sagen, dass die Kosten wirklich sehr gestiegen sind."
Für die aktuelle Heizperiode hat die Bundesregierung derweil angekündigt, die Preisbremsen nochmal bis Ende März 2024 zu verlängern. Trotz aktuell sinkender Energiepreise und den nach wie vor wirksamen Preisbremsen liegen die Kosten für das laufende Jahr aber noch immer über dem Vorkrisen-Niveau.
* Name von der Redaktion geändert
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 17.10.2023, 19:30 Uhr
Beitrag von Jacqueline Piwon
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