Großveranstaltung der IT-Branche
Für die Messe Berlin und ihren neuen Chef ist es ein echter Coup: Ab 2025 kommt die Tech-Messe Gitex Global aus Dubai mit einem Ableger in die deutsche Hauptstadt. Wirtschaftssenatorin Giffey kann damit ein Wahlkampfversprechen einlösen. Von Sebastian Schöbel
Als CDU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag ankündigten, neue Leitveranstaltungen nach Berlin holen zu wollen, bezog sich das eigentlich vor allem auf die aufstrebende Games-Branche. Doch mit der Gitex Global hat die Messe Berlin nun eines der größten Events aus der traditionellen Tech-Industrie angelockt: Ab Mai 2025 findet mit der Gitex Europe ein Ableger der wichtigen Großveranstaltung der IT-Branche unter dem Berliner Funkturm statt. Der gemeinsame Vertrag über ein Joint Venture wurde am Rande der diesjährigen Gitex-Ausgabe in Dubai unterzeichnet.
"Wir sind sehr glücklich, über die letzten Monate gut verhandelt zu haben", sagte Messe-Geschäftsführer Mario Tobias dem rbb. Die Gitex Global sei ein "absolutes Dickschiff" mit rund 6.000 Ausstellern in diesem Jahr, so der neue Messe-Chef. Wie groß die europäische Ausgabe in zwei Jahren sein wird, wisse man zwar noch nicht. "Aber das ist schon eine Messe, bei der ein sehr großes Wachstumspotenzial dahinterliegt", so Tobias. "Jeder Euro, der in die Messe kommt, zahlt fünf- oder sechsfach in die Stadt ein."
Die Gitex gehört neben Großveranstaltungen wie der CES in Las Vegas, dem Mobile World Congress in Barcelona oder dem SXSW im texanischen Austin zu den wichtigsten Technologiemessen der Welt. Hier werden Entwicklungen und Neuheiten aus vielen Bereichen präsentiert, unter anderem Anwendungen für künstliche Intelligenz und Blockchain, sowie Technologien für vernetzte, klimaneutrale Städte. Zudem ist sie die größte Veranstaltung der Branche im arabischen Raum.
Die Messe Berlin und der Veranstalter KAOUN International gründen für den europäischen Ableger nun ein gemeinsames Unternehmen, an dem beide Seiten zu fünfzig Prozent beteiligt seien. Das sei vor allem eine Bestätigung für Berlin als Start-Up-Standort, sagte Berlins Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD). "Mit dem neuen GITEX Ankerevent können wir unsere Position weiter ausbauen und erhalten zusätzlichen Schub auf dem Weg zu Europas Innovationsstandort Nummer Eins." Der Startup-Verband jubelt auch schon. "Mit der Entscheidung wird nicht nur die Bedeutung des Berliner Startup-Standorts unterstrichen, sondern der gesamte Wirtschaftsstandort Berlin gestärkt", so Verbandschef Christoph Stresing. "Gerade in aktuell herausfordernden wirtschaftlichen Zeiten ist das ein wichtiges Signal."
2022 kamen insgesamt rund 170.000 Fachbesucher und zur damals 42. Ausgabe der Gitex in Dubai. Insgesamt wurden laut dem Veranstalter Verträge in einem Gesamtvolumen von über 660 Millionen Euro während des einwöchigen Events gemacht. Die Gitex Europe soll nun ebenfalls nur für Fachbesucher öffnen, anders als etwa die IFA.
"Berlin darf mit der Gitex aber nicht nur austauschbare Schaufensterdekoration für einen prominenten Messeableger sein", sagte Tuba Bozkurt, Sprecherin für Industrie und Digitalwirtschaft der Grünen. Der Senat müsse mehr tun, um Berliner IT-Entwicklungen und ideren Produktion in der Region zu verzahnen. AfD-Wirtschaftspolitiker Frank-Christian Hansel gab zu Bedenken, dass Berlin in Sachen Digitalisierung zuletzt an Boden verloren habe, was sich zum Beispiel im schlechten Abschneiden beim Digitalisierungsranking des Branchenverbandes Bitkom zeige. "Es steht zu hoffen, dass die Gitex 2025 nicht in einer Digitalisierungswüste stattfinden muss", so Hansel, "ansonsten wäre ihr Engagement in Berlin wohl nur von kurzer Dauer."
Messe-Chef Tobias hofft nach eigener Aussage zudem, dass der Deal Bewegung in die Gespräche zwischen dem Land Berlin und dem Bund über weitere internationale Flugverbindungen am Flughafen BER bringt. Die Anzahl der bisherigen Verbindungen entspreche nicht der wirtschaftlichen Bedeutung Berlins, so Tobias. "Das ist natürlich für uns ein ganz immenser Standortnachteil."
Der Senat hatte zuletzt Ende September den Bund aufgefordert, zusätzliche Lizenzen für internationale Direktverbindungen in die USA, nach Indien und Australien, sowie Asien und den Nahen Osten zu vergeben. Der Bund lehnt das bisher mit Verweis auf andere Flughäfen, die dann Verbindungen abgeben müssten, ab. Das Land Berlin führt derweil schon seit Jahren Gespräche mit Emirates, der staatlichen Fluggesellschaft in Dubai, um eine Ansiedlung am BER zu verwirklichen.
Sendung: rbb24 Inforadio, 18.10.2023, 10:19 Uhr
Beitrag von Sebastian Schöbel
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