Zwei Standorte vor Aus
Zwei Berliner Karstadt-Filialen werde zu Ende Januar geschlossen. Viele Mitarbeitende haben bereits neue Jobs gefunden, allerdings nicht unbedingt in der Einzelhandelsbranche. Kein Wunder, sie sind heiß begehrt. Von Helena Daehler
"Alles muss raus" trifft nicht nur auf die reduzierte Ware zu, die derzeit in den Galeria-Karstadt-Kaufhof-Filialen angeboten wird. Auch die Mitarbeiter:innen müssen gehen. Sowohl in der Filiale am Leopoldplatz im Wedding als auch in der Wilmersdorfer Straße sind alle Mitarbeitenden von der Schließung Ende Januar betroffen. Auf der Verkaufsfläche und an den Kassen sind aber noch viele zu sehen, die den großen Ausverkauf abwickeln. Allerdings sind laut der Gewerkschaft Verdi größtenteils Aushilfskräfte. Wo sind dann aber die ehemaligen Karstadt-Mitarbeiter:innen?
Noch im Februar und im Mai streikten Galeria-Kaufhof-Beschäftigte dafür, dass ihre Arbeitsplätze erhalten bleiben. Der Bezirksbürgermeisterin von Charlottenburg-Wilmersdorf wurde im Mai eine Liste von 4.000 Unterschriften übergeben. Am Ende nütze das wenig – die Filiale müsse schließen, die Arbeitsplätze können nicht erhalten bleiben.
Der Handelsverband Berlin-Brandenburg hatte den betroffenen Karstadt Beschäftigten bereits vor mehreren Monaten Unterstützung angeboten. "Mit Aushängen in den Filialen wurde darauf hingewiesen, dass der Handelsverband bei der Vermittlung von neuen Jobs helfen kann", sagt Geschäftsführer Philipp Haverkamp. "Wir sind über unser Netzwerk bestens in der Lage, zu vermitteln und haben dieses Angebot gemacht."
Doch die Hilfsangebote des Handelsverbands sind nach Aussage von Philipp Haverkamp nicht in Anspruch genommen worden. "Weil der Arbeitsmarkt momentan viele Leute aufnehmen kann", sagt er. Es gebe viele offene Stellen in der Einzelhandels-Branche und die Mitarbeitenden von Karstadt seien in der Regel hochqualifiziert und hätten deswegen auch keine Mühe, einen neuen Job zu finden.
"Der Einzelhandel leckt sich geradezu die Finger danach, diese Menschen einstellen zu können", setzt Ralph Thomas von der Gewerkschaft Verdi noch einen drauf. Er sagt aber auch, dass sich viele Karstadt-Mitarbeitenden beruflich völlig neu orientieren. rbb-Recherchen bestätigten, dass längst nicht alle Karstadt-Mitarbeitenden dem Einzelhandel treu bleiben. "Die Stellen im Einzelhandel sind aus zwei Gründen nicht ganz so attraktiv. Zum einen gibt es oft nur befristete Verträge oder nur Teilzeitangebote, sodass die angebotene Arbeitszeit leider nicht zum Leben reicht. Der zweite Grund ist der, dass auch zum großen Teil nicht mehr nach Tarif bezahlt wird und dementsprechend die Gehälter nicht reichen, um zu leben", sagt Ralph Thomas.
Mitarbeiter:innen von Karstadt haben laut Thomas deswegen oft Jobs in einer anderen Branche gesucht und angenommen. Beispielsweise bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, der Polizei oder anderen Behörden. Laut Thomas seien pro Filiale lediglich 10 bis 15 Personen, die noch keinen Folge-Job haben. Die Gewerkschaft Verdi will sich dafür einsetzen, dass auch diese Mitarbeitenden nach den Filialschließungen nicht ohne Arbeit sind.
Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt auf rbb-Anfrage mit, dass es zwar keine Statistiken zu den früheren Arbeitgebern von neuen Mitarbeiter:innen bei der Rentenversicherung gibt, eine Sonderauswertung für den rbb zeigt aber: "[...], dass seit 2021 knapp 100 ehemalige Mitarbeitende von Karstadt einen Arbeitsvertrag mit der Deutschen Rentenversicherung Bund geschlossen haben, davon 35 im laufenden Jahr."
Über die genauen Job-Bezeichnungen und den Einsatzstandort konnten aus datenschutzrechtlichen Gründen keine weiteren Angaben gemacht werden. Die Mitarbeitenden hätten sich aber alle auf regulär ausgeschrieben Stellen beworben und die erforderlichen Bewerbungs- und Auswahlprozesse durchlaufe.
Der Galeria Konzern reagierte auf mehrere Anfragen des rbb nicht. In Berlin verbleiben nach der Schließung der zwei Karstadt-Warenhäuser in der Wilmersdorfer Straße und der Müllerstraße noch acht Filialen.
Sendung: rbb24 Abendschau, 27.12.2023, 19:30 Uhr
Beitrag von Helena Daehler
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