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Audio: rbb24 Inforadio | 02.01.2024 | Lotar Lenz | Quelle: dpa/Niehoff

Kosten für Strom, Gas und Wärme

Worauf Sie nach dem Ende der Energiepreisbremsen achten sollten

Die Preise für Energie sind aktuell moderat, trotzdem wird es für einige Verbraucher teurer: Eine Reihe von Anpassungen bei Steuern, Abgaben und das Ende der Energiepreisbremsen schlagen gleichzeitig zu. Die Verbraucherzentrale gibt Tipps. Von Oliver Noffke

Im neuen Jahr müssen viele Haushalte und Unternehmen mit höheren Energiekosten rechnen. Gleich drei Faktoren werden voraussichtlich die Preise treiben: das Ende der Energiepreisbremsen, eine höhere Mehrwertsteuer auf Gas sowie ein steigender CO2-Preis und eine Anpassung der Netznutzungsentgelte. Bei letzterer fällt die Steigerung in Berlin allerdings deutlich geringer aus als in vielen anderen Bundesländern. In Brandenburg sinkt die Höhe dieser Abgabe sogar.

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Warum steigen aktuell die Energiekosten genau?

Mit den Energiepreisbremsen bei Strom, Wärme und Gas hatte die Bundesregierung auf die steil steigenden Preise infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine reagiert. Um den Verbrauchern eine relative Preisstabilität zu gewährleisten, konnten im vergangenen Jahr Entlastungshilfen beantragt werden. So wurde zum Beispiel der Strompreis auf 40 Cent pro Kilowattstunde begrenzt – die Deckelung galt für 80 Prozent des vom Netzbetreiber prognostizierten Stromverbrauchs.

Ursprünglich sollten die milliardenschweren staatlichen Hilfen am 31. März 2024 auslaufen. Nachdem das Bundesverfassungsgericht jedoch im November den Haushalt der Bundesregierung für nichtig erklärt hatte, verkündete Finanzminister Christian Lindner (FDP) das vorzeitige Ende [tagesschau.de]. Die Bundesregierung wollte die Energiepreisbremsen mit unverbrauchten Corona-Hilfen finanzieren. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion klagte dagegen mit Erfolg [mdr.de].

Seit dem 1. Januar müssen die Verbraucher deshalb wieder den vollen Preis auf Strom, Wärme und Gas bezahlen, so wie er in ihren Verträgen festgehalten ist.

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Was Verbraucher nach dem Ende der Energiepreisbremsen prüfen sollten

Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, um sich die Verträge mit den Energieunternehmen noch einmal genauer anzusehen, sagt Hasibe Dündar, Rechtsberaterin bei der Verbraucherzentrale Berlin. "Wir stellen fest, dass es tatsächlich noch Verträge gibt mit älteren Tarifen. Also beispielsweise ein Arbeitspreis für Strom von 80 Cent oder einem Euro." Bis Dezember war der Arbeitspreis durch die Strompreisbremse auf 40 Cent gedeckelt. Wer so einen Vertrag hat, muss seit 1. Januar also deutlich mehr bezahlen.

In solchen Fällen ist es wichtig zu wissen, wann der bestehende Vertrag ausläuft und bis wann gekündigt werden muss und seit wann der Vertrag besteht, sagt Dündar. "Wenn der Vertrag vor März 2022 abgeschlossen wurde, verlängert er sich immer noch um ein Jahr." Die Verbraucherschützerin spricht von "Altverträgen". Wer dann die Frist verpasse, müsse wieder ein Jahr warten. "Aber bei neuen Verträgen hat man eine einmonatige Kündigungsfrist."

Kein Grund, um Fristen außer Kraft zu setzen

Erhöhen – oder senken – die Energieversorger ihre Preise, haben Verbraucher normalerweise ein Recht auf außerordentliche Vertragskündigung. "Aber mit dem Wegfall der Energiepreisbremse gibt es kein Sonderkündigungsrecht", sagt Dündar. "Denn der Abschlag erhöht sich wieder, weil die staatliche Entlastung wegfällt und nicht weil der Versorger die Preise wegen gestiegener Beschaffungskosten erhöht", erklärt sie.

Mit den Marktpreisen für Energieträger hat all das nichts zu tun, damit fehlt den Versorgern eine Möglichkeit, Einfluss zu nehmen. Deswegen besteht auch kein Sonderkündigungsrecht, um einen Vertrag mit ihnen vorzeitig zu beenden.

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Vergleichsportale: guter Überblick, aber genau hinsehen

Um einen passenden Tarif zu finden, empfiehlt Dündar, auf Online-Vergleichsportalen zu recherchieren. "Wir haben über 1.000 Stromversorger und um die 900 Gasversorger", sagt sie, "Vergleichsportale bieten eine gute erste Orientierung im Angebotsdschungel." Allerdings sollte man ein paar Dinge beachten.

Etwa, ob ein Vertrag einen Bonus enthält, der ihn anfangs besonders günstig macht, aber im Kleingedruckten eine deutliche Preissteigerung für das zweite Jahr festgehalten ist. "Wir empfehlen, Bonuszahlungen bei den Voreinstellungen der Suchfunktion zu löschen."

Wichtig ist auch, ob eine Preisgarantie in dem Vertrag besteht und was sie beinhaltet. Bei "eingeschränkter Preisgarantie" dürfen die Versorger ihre Beschaffungs- oder Vertriebskosten nicht an die Kunden weitergeben - Erhöhungen bei Steuern, Abgaben oder Umlagen hingegen schon. Bei einer "vollständigen Preisgarantie" ist das nicht der Fall - mit wenigen Ausnahmen, etwa der Mehrwertsteuer.

Man sollte jedoch die angezeigten Angebote noch einmal direkt bei dem Anbieter nachprüfen. "Direkt beim Versorger gibt es vielleicht noch günstigere Angebote." Wer unsicher ist, ob das Angebot auf dem Portal am Ende wirklich so günstig zustande komme, könne sich beim Kauf mit Screenshots absichern. Dies sei auch eine gute Absicherung, wenn der Vertragswechsel durch das Vergleichsportal geregelt wird und dabei etwas schiefgeht. Wenn zum Beispiel eine Frist nicht eingehalten wurde.

Schließlich sollte man den Zählerstand im Blick behalten während eines Vertragswechsels, so Dündar, und dies auch mit Fotos dokumentieren.

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Wie entwickeln sich die Netzentgelte?

"Das Netzentgelt ist der Preis für die Nutzung, die jeder Netznutzer, der Strom durch das Versorgungsnetz leitet, an den Netzbetreiber zahlen muss", so die Bundesnetzagentur. Aufgrund der Monopolstellungen der Netzbetreiber bietet sich den Stromversorgern kein alternativer Anbieter. Deshalb geben sie Netzentgelte an die Endverbraucher weiter.

In vielen Bundesländern wird die Netznutzung 2024 deutlich teurer. Das Vergleichsportal Check24 erwartet in Bayern und Nordrhein-Westfalen Preissteigerungen von 17 Prozent und in Bremen von 16 Prozent. In Berlin ist demnach ein Plus von vier Prozent zu erwarten. In Brandenburg sinken die Netzentgelte um fünf Prozent [check24.de]. Allerdings ist die Netznutzung in Brandenburg vergleichsweise teuer.

Für einen Musterhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 5.000 Kilowattstunden Strom muss laut dem Vergleichsportal in Brandenburg mit einem Netznutzungsentgelt von 561 Euro gerechnet werden. Nur in Schleswig-Holstein wird es teurer (595 Euro). In Berlin werde die Netznutzung einen Musterhaushalt 434 Euro kosten. Nur in Bremen ist es günstiger (360 Euro). Für seine Berechnung bezieht sich das Portal auf die Angaben der Netzbetreiber.

Den Vertrag einfach auslaufen lassen, hat auch Vorteile

Wie all diese Fliehkräfte die Energieausgaben eines jeden Haushalts vergrößern werden, lässt sich anhand der individuellen Verträge und bisherigen Verbräuche relativ einfach ausrechnen. Unvorhersehbar bleibt hingegen, wie sich die Preise auf dem Energiemarkt entwickeln werden. Aktuell liegen zum Beispiel die Strompreise teils spürbar unter denen von vor einem oder anderthalb Jahren.

Wer auf weiter sinkende Preise im Frühjahr hofft, aber schon jetzt einen Vertrag verlängern oder neu abschließen muss, steckt nicht unbedingt in einer Zwickmühle, findet Hasibe Dündar. "Wenn man sich noch unsicher ist, kann man auch sagen: Okay, ich kündige und gehe in die Grundversorgung."

Denn in der Grundversorgung ist man nicht an langfristige Verträge gebunden. "Man kann zwei, drei Monate nach einem günstigen Tarif suchen und dann dem Grundversorger kündigen. Denn dort besteht immer eine Kündigungsfrist von zwei Wochen", sagt die Rechtsexpertin der Verbraucherzentrale Berlin. "Jeder Verbraucher wird vom Grundversorger aufgefangen." Das sei schließlich vom Gesetz garantiert, sagt Dündar. Es müsse als niemand fürchten, Strom oder Gas blieben aus, wenn man seinem Anbieter kündigt.

In einer früheren Version dieses Textes war fehlerhaft erklärt, was eine "eingeschränkte Preisgarantie" beinhaltet. Die entsprechende Stelle wurde korrigiert. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 02.01.2024, 15:23 Uhr

Beitrag von Oliver Noffke

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